Geschichten aus der Bahnofsmission

Ein „normaler“ Nachtdienst

Adelheid Bornholdt hat von 1991 bis 2015 die Ökumenische Bahnhofsmission Magdeburg geleitet. Hier erzählt sie von ihren Erfahrungen:


Ein Samstagabend im Frühsommer. Der obligatorische Nachtdienst in der Bahnhofsmission hat begonnen und die Diensthabenden betreuen noch einige Besucher. Plötzlich klingelt das Telefon und der Bahnservice bittet, ein Mädchen vom Zug abzuholen und ihr beim Umsteigen zu helfen. Sie hatte sich einen Bänderriss zugezogen und musste ihren Ferienaufenthalt abbrechen.
Der Zug hatte einige Zeit Verspätung – vielleicht weil so viele „Love-Parade-Pendler“ unterwegs waren? Dem Hilfe suchenden Mädchen konnte dann aber doch durch den medizinischen Dienst rasch geholfen werden.
Kurze Zeit später standen zehn tanzende Männer vor der verschlossenen Tür der Bahnhofsmission und wollten hereingelassen werden, ebenso noch ein Familienvater, der eine Übernachtung für seine Familie (Frau und drei Kinder) und sich suchte. Es war schon sehr spät, die Kinder waren ungeduldig, erschöpft und hungrig. Der Familie konnte mit einer Übernachtung in Betten und auf Campingliegen geholfen werden.
Auf den Bahnsteigen herrschte immer noch turbulentes Treiben der zahlreichen „Love-Parade-Pendler“. In diesem Gedränge entdeckte ein Mitarbeiter, der auf den Bahnsteigen unterwegs war, ein hilfloses älteres Ehepaar, das nicht konkret sagen konnte, wie der Zielort ihrer Reise, an dem sie ihre Verwandten besuchen wollten, hieß. In der Bahnhofsmission wurden zu dieser später Stunde alle möglichen Unterlagen zu Hilfe genommen, um den gesuchten Ort ausfindig zu machen. Doch es fuhr nun kein Zug mehr und so wurden zwei weitere Übernachtungsgäste beherbergt. Kurze Zeit später klingelte es erneut: Eine Aussiedlerfamilie konnte am späten Abend nicht mehr weiterreisen und wusste nicht, wo sie mit ihrem Baby und einem Kleinkind übernachten sollten. Doch auch jetzt wussten die Mitarbeiter Rat. Einzelne Matrazen wurden zu Liegeplätzen umfunktioniert, so manchem Gast konnte auf diese Weise eine geschützte Übernachtungsmöglichkeit bereitgestellt werden, notfalls auch mit zusammengestellten Stühlen.
Am nächsten Morgen konnten alle Gäste erholt ihre Reise fortsetzen, im Gästebuch bedankten sie sich für die Gastfreundschaft und wünschten allen Mitarbeitern eine weitere segensreiche Arbeit.