Arnsteiner Patres in Berlin-Charlottenburg
Eine „bunte“ Gemeinschaft für Berlin
Vier neue Priester leben seit August im Pfarrhaus der Herz-Jesu-Kirche in Berlin-Charlottenburg: Superior Pater Patrisius Breket, Pater Harald Adler, Pater Dionisius Karitas Ribu Watun und Pater Ludger Widmaier (von links). Foto: Oliver Gierens |
Noch ist in der Wohnung im gründerzeitlichen Pfarrhaus von Herz Jesu in Berlin-Charlottenburg alles etwas improvisiert. Manche Kartons sind nicht ausgepackt, Jalousien liegen auf dem Fußboden, müssen noch an den großen, alten Fenstern montiert werden. Erst Anfang August sind die vier Arnsteiner Patres, wie die Kongregation von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariens und der ewigen Anbetung des Allerheiligsten Altarsakramentes umgangssprachlich genannt wird, hier eingezogen. Jetzt haben sie ihre Arbeit im Pastoralen Raum Charlottenburg aufgenommen und kümmern sich um die Seelsorge. Die zwei deutschen und zwei indonesischen Priester haben ganz unterschiedliche Vorgeschichten, die sie auch in ihre Tätigkeiten einbringen.
Einer von ihnen, Pater Ludger Widmaier, betreut die französischsprachige Gemeinde. Das ist für ihn, bisher in der City-Seelsorge Koblenz aktiv, keine ganz leichte Angelegenheit. Zwei Jahre nach dem gewaltsamen Tod des dortigen Pfarrers Alain-Florent Gandoulou hat die frankophone Gemeinde schwierige Zeiten hinter sich. Doch Pater Ludger fühlt sich gut angenommen. „Die Leute sind sehr zugewandt“, erzählt er. „Das ist das erste Mal, dass die Menschen gesagt haben, wir freuen uns, dass du kommst.“
Dass die vier Patres in Charlottenburg gelandet sind, haben sie sich nicht ausgesucht. Sie haben ihre Dienste dem Erzbistum Berlin angeboten und sind dort auf offene Ohren gestoßen. „Das war schon ein besonderer Moment, dass unsere Ordensgemeinschaft was Neues gemacht hat“, erinnert sich Pater Ludger. „Auf unserem Provinzkapitel 2018 kam die Idee auf, nach Berlin zu gehen.“ Ein Grund: Der Orden ist international aufgestellt und Berlin ist für Mitbrüder – beispielsweise aus Indonesien – einfach attraktiver als manch deutsche Kleinstadt. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Patres ihr multikulturelles Profil in der Hauptstadt gut einbringen können. Hier leben viele Nationen zusammen, auch in der frankophonen Gemeinde sind neben Franzosen viele Gläubige aus Afrika versammelt.
Pater Dionisius, einer der beiden indonesischen Patres, arbeitet in der nicht minder „bunten“ englischsprachigen Gemeinde mit. Zwei weitere Priester aus dem Kongo sollen noch zu der kleinen Gemeinschaft hinzustoßen. Die Corona-Schutzmaßnahmen haben ihre Einreise allerdings verzögert. Superior der Berliner Kommunität ist einer der beiden Indonesier: Pater Patrisius Breket wurde von den Mitbrüdern in dieses Amt gewählt.
Auslandserfahrungen einbringen
Auch altersmäßig sind die Arnsteiner Patres in Berlin breit aufgestellt. Pater Harald Adler ist mit über 80 Jahren der älteste. Viele Jahre hat er das frühere Ordensgymnasium in Werne (Westfalen) geleitet, dann lebte er 16 Jahre lang auf den Philippinen, unter anderem in einer Pfarrei in einem Armenviertel. Letztes Jahr kehrte er nach Werne zurück, aber dort hielt es ihn nicht lange. „Mich hat einfach das Projekt bewegt, hierher zu kommen“, schildert er seine Beweggründe für den Wechsel nach Berlin. Seit 63 Jahren gehört er dem Orden an und will seine Auslandserfahrung in dem multikulturellen Umfeld einbringen.
Die Arnsteiner Patres können eine lange internationale Erfahrung vorweisen. Entstanden in der Weihnachtsnacht 1800, mitten in den Wirren der Französischen Revolution, zog ihr bis heute bekanntester Mitbruder Pater Damian de Veuster bereits im 19. Jahrhundert nach Hawaii, um sich den Leprakranken zu widmen. Dort steckte er sich mit der Krankheit an und starb 1889. Papst Benedikt XVI. sprach ihn 2009 heilig.
So gefährlich soll der Einsatz der Patres in Berlin freilich nicht werden. „Wir müssen immer schauen, was ist jetzt dran“, fasst Pater Ludger ihr Apostolat zusammen. Der Orden hat keine speziellen Aufgaben, sondern will nach eigenen Angaben die Liebe Gottes, die in Jesus Mensch geworden ist, betrachten, leben und den Menschen verkünden.
An ihrer neuen Wirkungsstätte in Charlottenburg präsentieren sich die vier Priester bewusst schlicht, tragen Jeans, Pullover und Hemden. Einen Priesterkragen sucht man hingegen vergeblich. „Ansonsten bietet man eine Angriffsfläche und das Gespräch geht gleich in eine bestimmte Richtung“, meint Pater Ludger. „Es ist uns wichtig, nicht gleich als erstes gewisse Urteile oder Vorurteile herauszufordern.“ Pater Dionisius habe schon einen Weg gefunden, wie er insbesondere bei älteren Damen auf Sympathie stößt. „Er grüßt sie jedesmal“, erzählt sein Mitbruder. So ist schon manches Gespräch entstanden.
Von Oliver Gierens