Zufriedene Gäste beim Kieler Wohlfühlmorgen auf dem Wiese vor der Kieler Gelehrtenschule

„Eine sehr coole Idee“

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Der Kieler Wohlfühlmorgen fand wegen der Coronagefahren diesmal auf der Wiese vor der Kieler Gelehrtenschule statt. Doch bei tollem warmen Herbstwetter fühlten sich die Gäste und Ehrenamtlichen auch draußen wohl.

Die obdachlose Astrid genießt eine Suppe auf der Wiese vor der Kieler Gelehrtenschule
Astrid fühlte sich beim Wohlfühlmorgen akzeptiert, ohne Wenn und Aber. Foto: Marco Heinen

Bei bestem Wetter mit Sonnenschein und angenehmen Temperaturen hat am vergangenen Sonntagmorgen ein „Kieler Wohlfühlmorgen für Wohnungslose und Bedürftige“ auf der Wiese vor der Gelehrtenschule stattgefunden. Die Schüler hatten sich im vergangenen Jahr – bedingt durch die Coronapandemie – darauf beschränken müssen, ein paar nützliche Dinge in Beutel zu verpacken und über einige Einrichtungen an die Menschen abzugeben. Doch diesmal konnte wieder direkt vor Ort an der Schule ein recht breites Angebot gemacht werden: Kaffee, Kuchen und ein Chili con Carne waren ebenso begehrt wie warme Kleidung und andere Ausrüstungsgegenstände für kalte Tage. Auch eine kostenlose medizinische Untersuchung nahmen einige Gäste vor Ort in Anspruch. Außerdem gab es „Wohlfühlbeutel“, die randvoll mit Hygieneartikeln, Kaffee und anderen Dingen befüllt waren.

Auf die in früheren Jahren üblichen Angebote wie Haareschneiden oder Hand- und Fußmaniküre wurde jedoch noch verzichtet. Für alle Anwesenden galt die 3G-Regelung und wer wollte, konnte sich vor Ort nicht nur testen, sondern auch impfen lassen. Zehn Gäste nahmen das Angebot an.

Rund 40 Ehrenamtliche – darunter ein knappes Dutzend Malteser, 20 Schüler (überwiegend junge Frauen) sowie Vertreterinnen vom Sozialdienst katholischer Frauen, von der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) und aus der Pfarrei Franz von Assisi – waren gekommen, um sich beim Wohlfühlmorgen einzubringen. Bis gegen 13 Uhr waren in etwa gleichviele Bedürftige erschienen. 10 Schlafsäcke, sechs Rucksäcke und bis zu 30 Mützen hatten zu diesem Zeitpunkt einen neuen Besitzer gefunden.

Kiels Sozialdezernent Gerwin Stöcken (SPD) schaute gleich um elf Uhr kurz vorbei. Er sei überzeugt, dass das gemeinsame Tun der Schüler und anderer Freiwilliger diese zusammenschweiße und dazu beitrage, dass die von Armut Betroffenen „das notwendige Maß an Aufmerksamkeit bekommen“, so Stöcken. „Denn wir können Armut nur bekämpfen, wenn die Menschen in Armut auch eine Stimme haben, wahrgenommen und gesehen werden. Und das passt hier ganz gut zusammen“, sagte er.

Josefine Bollmann (15) und Elif Bal (16) hatten die Vergabe der Wohlfühlbeutel übernommen. Sie sehen den Wohlfühlmorgen schlicht als „eine sehr coole Idee“ – nicht nur, weil sie sich selbst einbringen können, sondern auch, weil sie mit Schulkameraden etwas gemeinsam machen und „weil man gemeinsam auch ein bisschen stärker ist“, wie es Elif Bal ausdrückte.

Schülersprecherin Greta Balo (18), die zum Team am Stand mit den Kleiderspenden gehörte, meinte, durch den Wohlfühlmorgen könne man sehen, wie gut es einem selbst gehe. Sie wolle ein bisschen davon zurückgeben. „Es ist so eine schöne, erfüllende Aufgabe“, so Balo. „Am schönsten ist wirklich, diese Freude zu sehen, diese Dankbarkeit in den Augen der Menschen, wenn man ihnen so alltägliche Sachen wie einen Schal oder eine Mütze gibt. Und deswegen ist es auch für uns so selbstverständlich, dass wir da mitmachen“, sagte sie.

Auch viele der Gäste waren ganz angetan vom Engagement und der Wertschätzung, die ihnen entgegengebracht wurde. Gerade Wertschätzung ist ja nicht unbedingt das, was Arme in unserer Gesellschaft jeden Tag erleben. 

Astrid (61) etwa fühlte sich in dieser Hinsicht voll und ganz akzeptiert. „Ich werde hier so genommen, wie ich bin, mit meinen Stärken und mit meinen Schwächen.“ Ähnlich äußerte sich Milena (56): „Es ist etwas ganz Besonderes. Es wird an uns gedacht. Das, was einem fehlt, das kann man hier finden. Und auch die Freundlichkeit und die Beköstigung, das finde ich total toll“, sagte sie. Der wortkarge Bert (58) hatte auf Anhieb nur ein Wort übrig: „Großartig!“ 

Schulleiterin Sinje Wischtukat sagte, die Coronazeit habe auch bei den Schülern zu einer Art „Verinselung“ geführt und deswegen sei es positiv, dass sie jetzt wieder mit anderen in Kontakt kämen, gerade auch mit Menschen, denen es nicht so gut gehe. Das alles sei ein großes Erlebnis für die Schüler. Zudem lobte die Schulleiterin die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure: „Es ist einfach eine tolle Kooperation mit den ganzen Ins­titutionen, die sich hier engagieren und mitmachen.“

Propst Thomas Benner, der sich ebenfalls einen Eindruck verschaffen wollte, hielt fest: „Jesus hat uns gelehrt, auf den anderen zu schauen und ihn nicht wahrzunehmen als einen Fremden, sondern als einen Nächsten. Und unter den Nächsten gibt es viele, denen es gut geht, aber es gibt auch ganz viele, denen es nicht so gut geht. Wir wollen die alle im Blick behalten und wir wollen uns bei bestimmten Gelegenheiten ganz besonders auch um die kümmern, denen es nicht so gut geht. Deswegen bin ich froh, dass es diesen Kieler Wohlfühlmorgen gibt.“ Das Engagement der Schüler finde er „einfach toll“. Ihr Dienst am Nächsten sei Ausdruck eines gelebten Evangeliums.

Text u. Foto: Marco Heinen