25 Jahre Förderverein Wiperti-Kirche in Quedlinburg
Einsatz für ein altes Gotteshaus
Rolf Langhammer, Vorsitzender des Fördervereins Wiperti-Kirche Quedlinburg, begrüßt vor dem Portal der Kirche zwei junge Besucher aus Fulda. Foto: Eckhard Pohl |
Die ersten Besucher stehen bereits zur Öffnung um 10 Uhr vor der Tür: Zwei junge Männer aus Fulda wollen sich die St.-Wiperti-Kirche anschauen. Kurz darauf kommen zwei Österreicher mittleren Alters aus Dornbirn am Bodensee hinzu, die sich ebenfalls für das in seinen Ursprüngen aus ottonischer Zeit stammende Gotteshaus in Quedlinburg interessieren. „Eine Führung machen wir wegen Corona dezeit nicht“, erklärt Rolf Langhammer (70) vom Förderverein St. Wiperti-Kirche den Gästen, nachdem er sie freundlich begrüßt hat. Er könne ihnen aber Informationstafeln geben, anhand derer sie sich die Kirche anschauen können, und bitte sie, dabei die derzeitigen Hygieneregeln einzuhalten.
„Jährlich kommen zwischen 8000 und 10 000 Besucher nach Wiperti“, sagt Langhammer später. Derzeit seien es mehr als sonst. „Wir merken, dass doch mehr Menschen im Urlaub in Deutschland geblieben sind.“ Der Förderverein, dessen Vorsitzender Langhammer seit 2014 ist, hält mit Hilfe seiner Mitglieder im Sommerhalbjahr täglich zwei Mal am Tag für zwei Stunden die zum Weltkulturerbe gehörende Kirche offen, sonntags nur nachmittags. „Alle Zeiten abzudecken ist manchmal gar nicht so einfach, Samstag nachmittag ist es am schwierigsten. Aber bisher haben wir es immer hinbekommen“, sagt Langhammer, der Stadtbaurat in Quedlinburg war und seit 2012 dem Förderverein angehört.
17 der 60 Mitglieder seien ehrenamtliche Kirchenführer. „25 aktive Vereinsmitglieder aus Quedlinburg und Umgebung übernehmen ehrenamtlich den Dienst für die Besucher, aber auch kleinere Repaturen und die Pflege des zur Kirche gehörenden Geländes.“ Unter den Mitgliedern seien neben vor allem katholischen und evangelischen Christen auch engagierte konfessionslose Mitbürger. Und immer wieder rückten neue Ehrenamtliche nach.
Förderverein kümmerte sich um Geldgeber
Der Förderverein konnte dieser Tage sein 25-jähriges Bestehen feiern. „Nach der Wiedervereinigung überlegten die Verantwortlichen in der katholischen Pfarrei St. Mathilde, wie man die Wiperti-Kirche am besten erhalten und auch für Interessierte offenhalten könnte, sagt Langhammer. Die durch Flüchtlinge angewachsene Gemeinde hatte die Kirche 1954 auf der Suche nach einem großen Gottesdienstraum von der Stadt in Nutzung übernommen. Sie befindet sich gut 500 Meter westlich des Quedlinburger Schlossberges auf dem Wiperti-Friedhof. Das Gotteshaus mit seiner 1000 Jahre alten Krypta diente damals als Scheune. Es wurde ein Vertrag geschlossen, wonach die Pfarrei die Kirche für 99 Jahre als Filiale kostenfrei pachten konnte, sich aber ohne Hilfe durch die Stadt um das Gebäude kümmern musste. „So war die Pfarrei zu DDR-Zeiten mit dem Erhalt der mittelalterlichen Kirche befasst und dabei auf Unterstützung zum Beispiel durch das Erzbistum Paderborn angewiesen. Auch die evangelische Gemeinde half, in dem sie Schieferplatten für den Fußboden zur Verfügung stellte, wie Langhammer, selbst evangelischer Christ, sagt. Dennoch sei Wiperti 1989/90 „abgewirtschaftet“ gewesen. „Vor allem die Nordwand war stark von Wasser geschädigt. Zudem war das Dachgebälk im Westteil ziemlich marode.“
Um die Aufgaben unter den Bedingungen der Bundesrepublik anzugehen, gründete die Pfarrei 1995 den Förderverein St. Wiperti Quedlinburg, sagt Langhammer. Erster Vorsitzender war Ulrich von Damaros, ihm folgte für16 Jahre Martin Reis. 1997 wurde die dringendste Aufgabe angegangen, die Sicherung der Kirchennordwand gegen Nässe. „Die Wand wurde freigelegt, eine Sperre gegen die Freuchtigkeit und eine Rinne angebracht.“ Als Nächstes musste Schritt für Schritt das Dach erneuert werden.“ Finanziert wurde all dies aus Spenden, die der Förderverein sammeln konnte, aber vor allem auch aus Mitteln der Stiftung Denkmalschutz, anderer Stiftungen, Lotto-Toto oder wie beim Tympanon über dem Eingangsportal aus Kulturfördermitteln des Landes Sachsen-Anhalt. „Bis 2015 haben wir zwischen 950 000 und einer Million Euro verbaut“, so Langhammer.
Dann kam als großes weiteres Projekt die Westfassade in den Blick, die abzubrechen drohte. „Wir bekamen damals bei unseren Versuchen, Bundes- und Landesmittel für die Sanierung zu bekommen, viel Unterstützung vom Landesamt für Denkmalpflege und vom Quedlinburger Oberbürgermeister“, erinnert sich Langhammer. „Denn es war klar: Das kann der Verein nicht bewältigen.“ Im Februar 2016 habe dann in Quedlinburg eine Konferenz stattgefunden. „Dabei erklärte sich das Bau- und Liegenschaftsamt Sachsen-Anhalt bereit, uns von der weiteren Bauherrenlast für die Wiperti-Kirche zu entlasten.“ Basis, so habe es damals geheißen, sei ein Vertrag Sachsen-Anhalts mit dem Heiligen Stuhl mit entsprechenden Vereinbarungen. So begannen 2016 umfassende Untersuchungen am Gebäude, denen sich die Sanierung aller Außenwände der Kirche, die Aufbringung eines Opferputzes im Inneren und weitere Maßnahmen anschlossen. Derzeit laufen Arbeiten am benachbarten Klostergebäude, in dem sich einst Schlaf- und Speisesaal der Mönche befanden und zu dem ein großer Gewölbekeller gehört.
Ausstellungen und musikalische Angebote
Im Sommerhalbjahr findet die Sonntagsmesse in St. Wiperti statt. Der Förderverein sorgt für musikalische Angebote und Ausstellungen. So wird ab 30. August in den Seitenschiffen zeitgenössische Malerei von Anke Dilé Wissing zu sehen sein. Am selben Tag, 17 Uhr, findet ein Konzert mit dem Gitarristen Falk Zenker aus Weimar statt. (Wegen Corona Anmeldung erforderlich.) Im nächsten Jahr soll anlässlich des 900 -jährigen Bestehens des Prämonstratenser-Ordens in Wiperti eine Korrespondenzaustellung zur im Kulturhistorischen Museum in Magdeburg geplanten Schau „Mit Bibel und Spaten“ stattfinden. Die Prämonstratenser waren von 1146/48 bis 1548 in Quedlinburg und prägten das Wiperti-Kloster wesentlich.
Mehr Infos: www.wiperti.de
Von Eckhard Pohl