Taufbrunnen
Ermutigung für alle Getauften
Mit einem im Bistum einzigartigen Brunnen möchte die Gemeinde St. Petrus in Wolfenbüttel die Bedeutung des Taufsakramentes hervorheben. Nachgefragt bei der Leitung der Gemeinde Christiane Kreiß und Pfarrer Matthias Eggers.
Bei einem feierlichen Abendgebet unter ökumenischer Beteiligung hat Bischof Heiner Wilmer das erste Ganzkörper-Taufbecken im Bistum geweiht (sh. Bischof steigt ins Wasser). Ganz wichtig ist der Gemeinde, dass das Wasser in dem beheizbaren achteckigen und mehr als 1.000 Liter fassenden Becken überfließt und dass neben dem Eintauchen die herkömmliche Taufe weiterhin möglich ist.
Wie wird dieser Taufbrunnen geweiht?
Eggers: Normalerweise wird ein Taufstein oder Taufbrunnen im Rahmen eines Kirchweihfestes gesegnet. Unsere Kirche ist aber schon geweiht. Es ist vorgesehen, dass der Bischof den Brunnen mit Weihrauch umschreiten und ein Weihegebet sprechen wird. Wir werden das Taufwasser weihen wie in der Osternacht, indem der Zelebrant mit der Osterkerze ins Wasser geht. Bei dieser Wasserweihe wird der Brunnen auch gesegnet. Besonders freut mich auch die ökumenische Beteiligung an diesem Ritus.
Wie kamen Sie auf die Idee mit dem Taufbrunnen?
Eggers: Konkret ist die Idee auf zwei Gleisen entstanden. Zum einen ist unsere Gemeindereferentin Dietlinde Schulze nach Höntrop zu einem der ersten begehbaren Taufbrunnen gereist. Zur selben Zeit habe ich mit Christian Henneke, Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bistum, zum Thema Lokale Kirchenentwicklung eine Exposure-Reise nach Südafrika unternommen. Hier habe ich erfahren, dass weltweit dort, wo Gemeinde oder Kirche wächst, den Menschen bewusst ist, was es heißt, getauft zu sein. In Südafrika habe ich das erste Mal in einer katholischen Kirche einen begehbaren Taufbrunnen gesehen. Als in St. Petrus die Renovierung anstand, war es Dietlinde Schulze, die den Taufbrunnen in Höntrop ins Gespräch brachte. Diese Idee haben Dietlinde Schulze und ich gemeinsam dem Kirchortsrat St. Petrus vorgestellt.
Wie lange hat es von der Idee zur Umsetzung gedauert?
Kreiß: Die ersten Überlegungen waren etwa 2012 und diese Idee mit einem begehbaren Taufbrunnen wurde den Gremien vorgestellt. Es hat viele Jahre gedauert, bis ein Entschluss gefallen ist. Anfangs gab es viel hin und her, zahlreiche Vorbehalte und natürlich auch die Frage nach den Kosten. Je länger sich die Gemeinde damit beschäftigt hat, desto mehr Menschen konnten der Idee etwas abgewinnen. Vor Corona 2019 sahen unsere Planungen noch anders aus, 2020 wuchs die Bereitschaft das Projekt der Kirchensanierung zu verschlanken. Gleichzeitig gab es auch einen Neustart mit den Architekten und mit Sabine Klages von der Bistumsseite aus. Mit dieser neuen Energie, ging es mit dem Projekt auf einmal schnell. Insgesamt war es ein sehr langer Weg.
Taufbrunnen kennt man ja vor allem aus baptistischen Gemeinden. Wo gibt es hierzulande vergleichbare Brunnen in katholischen Kirchen?
Kreiß: Auf katholischer Seite ist unser begehbare Brunnen in Deutschland einer der wenigen seiner Art, die anderen stehen in Kirchen auf Sylt und in Höntrop, außerdem in St. Anna in Hamm. Ansonsten will ich nicht ausschließen, dass es irgendwo noch einen begehbaren Taufbrunnen gibt. Evangelischerseits gibt es beispielweise in Eisleben in der Taufkirche von Martin Luther einen Taufbrunnen. Das ist übrigens der einzige Referenzbrunnen, der ständig mit Wasser befüllt ist. Wasser muss natürlich aufbereitet werden, wenn es immer da ist.
Warum haben Sie einen Brunnen in Form eines Achteckes bauen lassen und warum ist das Wasser dort ständig in Bewegung?
Kreiß: Es gibt verschiedene Deutungen für das Achteck und so kommt die Form auch in zahlreichen Gotteshäusern vor, etwa im Felsendom in Jerusalem oder unserer Kanzel. Was ich eine schöne Deutung finde ist, dass das Achteck im Grunde die Verbindung von Quadrat und Kreis darstellt. Der Kreis der für das Himmlische steht, das Vollkommene und das Quadrat für das Irdische. Im Achteck kommen sich beide Formen nahe. Dass sich dort Himmel und Erde berührt finde ich auch einen schönen Gedanken.
Eggers: Die Form des Brunnens ist aus vielen Diskussionen entstanden. Nach unserer Entscheidung ist mir aufgefallen, dass es in Nordamerika tatsächlich solche Taufbrunnen in Achteckform in katholischen Kirchen gibt. Allerdings fließen diese Brunnen nicht über. Das Überfließen ist für uns so wesentlich, weil wir vom Taufbrunnen im Hildesheimer Dom inspiriert sind. Dort sind ja die vier Paradiesflüsse dargestellt, das ist das alte biblische Bild `Das Wasser muss in die Welt fließen`. Es bedeutet für mich, dass Kirche sich öffnen muss. Außerdem ist die acht eine ganz alte jüdische Zahl, so sind auf der Arche Noa acht Menschen vor der Sintflut gerettet worden. Es ist die Zahl der Rettung und des Neuanfangs. Das gilt auch im Christentum. Die Woche hat sieben Tage, der achte Tag ist das Symbol für das ewige Leben, also das neue Leben in Jesus Christus. Es soll erfahrbar sein, dass ich in eine neue Wirklichkeit eintauche mit der Taufe.
Aber mal ganz praktisch: Steht der Täufling dann pudelnass in der Kirche?
Kreiß: Komplett mit normaler Kleidung – jedoch ohne Schuhe – taucht der Täufling in das Becken. Beim Aussteigen wird er mit einem großen weißen Handtuch empfangen und bekommt sein Taufgewand. Es wird ein bisschen sein wie bei einer Taufe im Jordan. In der Kirche ist ein kleiner Umkleideraum geschaffen worden, an den sich eine Toilette anschließt. Sollte es mehrere Täuflinge geben, die sich umziehen müssten, könnten sie die Sakristei oder den Raum der Stille nutzen. Mit der alten Kleidung legt er symbolisch sein altes Leben ab und zieht ein weißes Gewand an.
Welchen theologischen Hintergrund hat der Taufbrunnen?
Eggers: Es war immer der Gedanke da, die Taufwürde hervorzuheben. Deshalb steht unser Taubrunnen in der Mitte der Kirche, er ist die `lebendige Quelle`. Als ich als junger Mensch Jesus ganz nachfolgen wollte, dachte ich, dann muss ich Priester werden. Das ist eine wunderbare Form, seinen Glauben zum Ausdruck zu bringen. Diese Hingabe an Gott ist nicht nur an die Priesterweihe gekoppelt, sondern gilt für alle Getauften. Das Amt des Priesters darf nicht überhöht werden, sonst droht Machtmissbrauch. Diese Fragen sind gerade beim Synodalen Weg hochaktuell. Hier geht es unter anderem darum, dass alle Getauften berufen sind, am Sendungsauftrag der Kirche mitzuwirken und der Forderung, Weiheämter für Frauen zu öffnen. Die Antwort steht für mich schon im Galaterbrief: `Egal ob Freie oder Sklave, egal ob Grieche, oder Heide, egal ob Mann oder Frau – wir sind eins in Christus`. Demnach sind theologische Argumente, die Frauen von Ämtern ausschließen, nicht tragfähig wie ich finde. Durch die Taufe haben wir Anteil an Jesu Königsherrschaft, an Jesu Priesteramt und an Jesu Prophetenamt. Und zwar jeder: Mann und Frau. Das Schöne ist, dass im altertümlichen Ritus das Wissen vorhanden ist und Männer und Frauen gesalbt werden.
Frau Kreiß, hätten Sie Ihre Kinder im Taufbrunnen taufen lassen, wenn es ihn damals schon gegeben hätte?
Kreiß: Ja, auf jeden Fall. Ich finde den Gedanken wirklich schön, dass die Kinder ganz umfangen werden vom Wasser. Vielleicht wäre mein Mann eingestiegen mit dem Säugling. Wir stellen uns nämlich vor, dass ein Elternteil mit ins Wasser geht und das Kind bei der Taufe hält. Aber ich würde niemanden überreden, bei der Taufe ganz einzutauchen. Man muss es wollen und eine traditionelle Taufe ist weiterhin möglich. Es ist uns auch ein Anliegen, den Taufbrunnen zur Gestaltung der Liturgie mit einzubeziehen. Jeder ist eingeladen im Brunnen auch zu schöpfen.
Wie sieht es mit Erwachsenentaufen aus, haben Sie bereits Anmeldungen?
Eggers: Wir rechnen im Moment nicht mit einer Fülle von Erwachsenentaufen, wir Getauften wollen uns selbst vergewissern, dass die Taufe ein großes Geschenk ist und sich Laien vor den Amtsträgern nicht verstecken müssen. Unser Taufbrunnen ist eine Ermutigung für jeden, der getauft ist.
Fragen: Sabine Moser