Gemälde und Zeichnungen von Gert Weber in Gotha zu sehen

Gefühlslagen des Alltags

Image
Über 60 Gemälde und Zeichnungen von Gert Weber werden bis 12. Juli im Kunstforum Gotha gezeigt. Der Thüringer Maler richtet seine ganze Aufmerksamkeit auf den Menschen.

Gert Weber vor seinem Christus. Das Gemälde ist der Mittelteil des Bildes Trinität. Der Thüringer widmet sich immer wieder Themen des Glaubens. Er gestaltete Glockenzier für Georgenthal, Arnstadt und Gotha. Für die St. Nikolauskirche in Hochheim schuf er ein Meister-Eckhart-Fenster. Für die evangelische Kirche im hessischen Reichensachsen schuf er die Deckenmalerei. Und im Thüringer Landtag gestaltete er den Raum der Stille.    Fotos: Holger Jakobi

 

„Malen gegen die Ohnmacht“ ist für Gert Weber zur künstlerischen Überlebensform geworden. So in DDR-Zeiten, so auch heute. Corona ging auch an ihm nicht vorbei. Es war eine erneute Ohnmachtserfahrung. „Man hört so viel, weiß nicht, was richtig ist.“ Über das Osterfest hat er sich dann in sein Ohrdrufer Atelier zurückgezogen. „Beim Malen bin ich immer allein, da war es auszuhalten“, sagt er rückblickend. Corona verhinderte zudem die Eröffnung der Ausstellung im Kunstforum Gotha. „Alles war fertig, die Bilder hingen, Einladungen, der Katalog und Flyer waren gedruckt. Doch dann verfiel alles in Stillstand.“ Inzwischen kann die Ausstellung, die ebenfalls unter dem Motto „Malen gegen die Ohnmacht“ steht, besichtigt werden.

David besänftigt Goliath. Pinsel/ Tusche auf Karton, 2000.

„In ihren falschen Posen entlarvt“
Gert Webers Arbeiten stellen sich den großen Themen des Menschseins, des Glaubens. Wobei er bis an die Grenzen geht. Im Bild Tango tanzt eine wild gewordene Gesellschaft. Masken zeigen das Versteckspiel und die Heuchelei. Narren kommen immer wieder vor. Gefangene ziehen vorüber. Eine Kopfstudie zeigt die Verzweiflung des Menschen in der Psychiatrie. Zentrale Arbeiten der Ausstellung ist  sein Christus und das Bild „Alte Männer“ von 1989, welches die damals Herrschenden der DDR zeigt. WDR-Redakteur Theo Schneider sagte 1991 in einer Sendung: „Sie sind alle verschieden und doch alle gleich. Sieben Prototypen der Gattung abgehalfterte Machthaber. Da stehen sie, verkrümmt und verbittert. Schneider sieht sie „wenigsten in der Kunst in ihren falschen Posen entlarvt“. Doch bezieht sich das Bild nur auf die alten Männer der DDR? Gert Weber verneint. Diese Machthaber habe es immer gegeben und es gibt sie auch heute.

Alltägliche Provokation des Lebens
Winfried Wiegand, Direktor der Meininger Museen, fasst das Schaffen Gert Webers im Katalog so zusammen: „Von Anfang an, ob er malt oder zeichnet, gilt Webers uneingeschränkte Aufmerksamkeit dem Menschenbild. Dabei meidet er jegliche Seichtheit und Schönung, bannt Gestalten auf Leinwand oder Papier, die in ihrer eigenwilligen Wehmütigkeit bis hin zu purer Hässlichkeit von besonders nachhaltiger Wirkung sind. Wiegand benennt die Arbeiten als einen „Katalog menschlicher Gefühlslagen, wie sie das Leben im Großen und im Kleinen alltäglich provoziert“.
Für Gert Weber ist der Zusammenhang und das Verhältnis von Kunst und Religion wichtig. Kunst bilde gewissermaßen ein Medium, einen Mittler, zwischen Religion und den Menschen. Bei einem Pastoraltag des Bistums Erfurt sagt er: „Sie macht Inhalte erlebbar, fassbar, lässt gleichzeitig Raum und spendet Hoffnung, wirkt aber andererseits ebenfalls auf die Religion zurück, indem sie die Lebens- und Wesenswelt der Menschen widerspiegelt. Es sind die uralten Fragen, die, für die man nach Antworten sucht, in jeder Generation auf immer gleiche Weise: Mensch, woher kommst du, Mensch wer bist du, Mensch wohin gehst du?“

 

Die alten Männer


Kunstforum Gotha, Querstraße 13-15; Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr

Von Holger Jakobi