Alfons Maria Wachsmann

Görlitzer Kaplan neuer Seliger?

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Vor 100 Jahren trat Alfons Maria Wachsmann nach der Priesterweihe seine erste Kaplanstelle in Görlitz an. Als Pfarrer von Greifswald wurde er von den Nazis ermordet. Nun soll er selig gesprochen werden.

An der Mauer der Pfarrkirche Heilig Kreuz in Görlitz, die zur Synagoge zeigt, wird der verstorbenen Priester gedacht, die in dieser Pfarrei Christus und den Menschen gedient haben.    Foto: Raphael Schmidt

 

„Opfer ungerechter Gewalt“ steht auf der Gedenkplatte für Alfons Maria Wachsmann an der Pfarrkirche Heilig Kreuz in Görlitz. Vor 100 Jahren begann er in dieser Pfarrei seinen Dienst als Kaplan. Seiner christlichen Überzeugung wegen wurde er inhaftiert und von den Nationalsozialisten ermordet. Gedenkplatten und Kreuze an und vor der Kirchenmauer dieser Pfarrkirche erinnern seit Jahren an ehemalige und verstorbene Priester dieser Gemeinde. Die Monumente zeigen in Richtung der Synagoge. Beide Grundstücke grenzen aneinander. Im August 2017 ist ein  weiterer Stein hinzugekommen:
 
Weg der Verfolgung, der Qualen und des Todes
Der Künstler Günter Demnig hat vor dem Eingangstor der Pfarrkirche einen Stolperstein für Alfons Maria Wachsmann in den Gehweg gesetzt. Stolpersteine erinnern an Menschen, die von 1933 bis 1945 unschuldige Opfer des totalitären, menschenvernichtenden Nazi-Regimes wurden. Von einem „Stein des Anstoßes“ sprach Pfarrer Norbert Joklitschke, weil Wachsmann  zu den Menschen gehörte, „die das geschehene Unrecht gesehen und sich darüber empört haben“. Darum musste er den „Weg der Verfolgung, der Qualen und des Todes gehen“.
 
Pfarrer Dr. Alfons Maria Wachsmann    Foto: Pfarrei Greifswald

 

Alfons Maria Wachsmann wurde am 25. Januar 1896 in Berlin geboren und wuchs nach dem Tod seines Vaters in Schlesien auf. Die leidvollen Erfahrungen als Kriegsfreiwilliger im Ersten Weltkrieg führten ihn zu einer pazifistischen Einstellung. Nach Beendigung des Theologiestudiums wurde er im Juni 1921 in Breslau von Kardinal Bertram zum Priester geweiht. Seine erste Kaplanstelle trat er am 15. August 1921 in Görlitz Heilig Kreuz an. Nach zweieinhalb Jahren wurde er im Januar 1924 als Kaplan an die Herz-Jesu-Kirche in Berlin Prenzlauer Berg versetzt. Berlin gehörte damals noch zum Erzbistum Breslau. Am 8. Januar 1929 ernannte ihn Kardinal Bertram zum Pfarrer der Pfarrei St. Josef in Greifswald. Als solcher bezog Wachsmann früh Stellung gegen den Nationalsozialismus, in dem er ein Folterwerkzeug der Unfreiheit sah. In dem Maße, wie dieser die Unterdrückung der menschlichen Freiheit und die Missachtung der Menschenwürde ausweitete, wuchs seine Empörung. Besonders zu schaffen machte ihm die leichte Beeinflussbarkeit der Menschen und ihre schnelle Bereitschaft, sich dem Regime zu fügen. Sein Widerstand bestand vor allem in seinem unermüdlichen Bemühen, den Menschen seiner Pfarrei und besonders den Studenten christliche Überzeugungen entgegen der Nazi-Ideologie zu vermitteln und sie zu bestärken, standhaft zu bleiben. Pfarrer Wachsmann scheute sich nicht, in Gesprächen Kritik am Regime zu üben, Maßnahmen der Nazis anzuprangern und seine Ablehnung gegenüber dem Nationalsozialismus durch Verweigerung des Hitler-Grußes und Verweigerung von Gaben bei NS-Sammlungen deutlich zu machen. Dadurch wurde er zum Staatsfeind erklärt. Seit 1934 überwachte der damalige Staat das Telefon und seinen Schriftverkehr. Im Rahmen der Stettiner Gestapo-Aktion gegen katholische Geistliche wurde Wachsmann am 23. Juni 1943 verhaftet. Der sogenannte Volksgerichtshof, unter Leitung des berüchtigten Richters Roland Freisler, erhob Anklage gegen Wachsmann. Am 3. Dezember 1943 wurde Pfarrer Wachsmann zum Tode verurteilt und am 21. Februar 1944 im Zuchthaus Brandenburg–Görden durch das Fallbeil hingerichtet.
MEINUNG
Zur Freiheit befreit
Meinungsfreiheit, Redefreiheit, Religionsfreiheit, das Recht, selbstbestimmt Rundfunksender zu wählen und zu hören, das und mehr ist nicht selbstverständlich. Diese Rechte wahrzunehmen, bedeutete das Todesurteil für Pfarrer Wachsmann.
Raphael Schmidt

Freiheiten und Demokratie sind nicht selbstverständlich und mehr denn je – auch hier wieder – in Gefahr. Autokraten, die meinen, Gott zu sein und über „ihre“ Völker bestimmen, schießen offenbar wie Pilze aus dem Boden. Neue Unrechtsstaaten entstehen. Demokratie, mit den Freiheiten, die sie bietet, ist vergleichbar mit zarten Pflanzen. Sie vor Stiefeltritten von Despoten zu schützen, ist unsere tägliche Aufgabe. „Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht daher fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen“, steht im Galaterbrief (5,1).

An der Stelle seiner Hinrichtung hat Prälat Peter C. Birkner einige Jahre später gebetet. Als Generalvikar besuchte er zu DDR-Zeiten Gefangene in diesem Gefängnis und erhielt auf seinen Wunsch hin die Sondergenehmigung, den Ort der Hinrichtung zu besuchen. Er schildert diesen Moment als „sehr eindrucksvoll“ und hat sich daraufhin darum bemüht, dass Alfons Maria Wachsmann auch in Görlitz bekannter wird. Beim Rat der Stadt argumentierte er: „Wenn die aufrichtigen Leute aus dem Bereich des Sozialismus verehrt werden, dann müssen wir auch die öffentlich nennen dürfen, die von der anderen, der christlichen Seite her ihrem Gewissen gefolgt sind.“ Die Wohnsiedlung am Sankt-Carolus-Krankenhaus trägt seit dieser Zeit, seit 1983, offiziell den Namen „Dr. Alfons-Maria-Wachsmann-Siedlung“. Auch das Verlegen des Stolpersteines für Wachsmann hat Prälat Birkner begrüßt. Er sagt: „Einstellung, Haltung, und Taten eines Menschen sind maßgeblich. Darüber soll man ruhig ,stolpern‘. Es braucht Menschen, die der Wahrheit dienen und nicht dem Wahnsinn“, sagt Prälat Birkner.
Dr. Alfons Maria Wachsmann und seine Wahrheitsliebe bis in den Tod ist Vorbild für Viele. Das soll weithin verbreitet werden. Greifswalder Katholiken bemühen sich um die Seligsprechung von Pfarrer Wachsmann, der die Pfarrei in Greifswald von 1929 bis 1943 geleitet hat.

 
Von Raphael Schmidt