„Alte Görlitzer Synagoge“ hat neue Fassaden-Inschrift
Gott hat ein Haus in dieser Stadt
Das biblische inspirierte Zitat „Baut mir ein Haus und ich werde darin wohnen“ aus dem zweiten Buch Samuels ziert nun wieder die „Alte Synagoge“ in Görlitz. Fotos: Joachim Rudolph |
Das neueste Kapitel in der Geschichte der „Alten Synagoge“ begann mit ein paar Bohrlöchern. Sie führten die neuen Besitzer auf die Spur einer früheren Fassadeninschrift. Mit vielfältiger Hilfe konnte diese nun erneuert werden. Aber der Reihe nach:
Jüdisches Leben in Görlitz neu aufgeblüht
Obwohl der Schwarze Tod Mitte des 14. Jahrhunderts große Teile des heutigen Ostdeutschlands und Polens verschont hatte, bedurfte es auch in Görlitz eines Sündenbocks für das erlittene Leid. So wurden die Juden aus der Stadt vertrieben. Ziemlich genau 500 Jahre lang gab es keine israelitische Gemeinde mehr, Juden unterlagen europaweit rechtlicher Diskriminierung.
Erst nachdem die preußische Gesetzgebung den Juden Religionsfreiheit und weitgehend gleiche Bürgerrechte einräumte, konnte 1847 in Görlitz mit dem Bau eines jüdischen Gottes- hauses begonnen werden. Nach Fertigstellung sechs Jahre später wuchs die Gemeinde rasant. Innerhalb von nur 30 Jahren vervierfachte sich die Zahl der in Görlitz lebenden Juden auf 640, eine neue geistige Behausung musste her. So entstand von 1909 bis 1911 die neue, größere Synagoge in der Otto-Müller-Straße, die „Neue Synagoge“. Die bisherige Heimat in der Langenstraße hieß fortan „Alte Synagoge“.
Zuletzt stand das Gebäude leer und verfiel. Erst das Ehepaar Michel begann nach dem Erwerb mit der Sanierung, schuf im früheren Versammlungsraum ein Literaturhaus sowie eine Bühne für kleine Konzerte und Theateraufführungen und zog schließlich selbst ins Obergeschoss ein.
Der Hausherr entdeckte bei der Sanierung der Fassade Bohrlöcher über dem geschwungenen Hauptfenster und ahnte: Hier musst es eine Inschrift gegeben haben. Im Görlitzer Stadtarchiv wurde Rainer Michel fündig. Der Inhalt der hebräischen Fassaden-Lettern lautete nach einem biblischen Zitat aus dem zweiten Buch Samuel: „Baut mir ein Haus und ich werde darin wohnen“.
Die Enthüllung der Inschrift stieß auf breites Interesse. |
Spenden und Eigenmittel für Wiederherstellung
Nun war der Ehrgeiz der Michels geweckt – die Inschrift sollte wieder die Fassade schmücken und an die einstige Geschichte erinnern. Mit Hilfe von zahlreichen Spenden und Eigenmitteln sowie der Kunstfertigkeit einer Ostritzer Firma, die sich auf Bauhistorische Schriften spezialisiert hat, gelang die Wiederherstellung.
Am 9. März feierten Görlitzer und Menschen von außerhalb, Juden wie Nicht-Juden, die Enthüllung der hebräischen Inschrift in Anwesenheit des polnischen Konsuls und beider Oberbürgermeister der Europastadt Görlitz-Zgorzelec.
Ein weiteres Juwel für die Stadt ist entstanden und zugleich ist ein Bekenntnis sichtbar ausgesprochen: Gott hat hier in diesem Haus und in dieser Stadt und in den Herzen der Menschen ein Zuhause.
(jr)