Neue Äbtissin des Klosters St. Marienstern

Große Gottsucher-Gemeinschaft

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Gabriela Hesse ist am 10. August als 44. Äbtissin des Klosters St. Marienstern gesegnet worden. In ihren Dankesworten sprach die neue Äbtissin sehr persönlich über ihren Glaubensweg.

Während der Allerheiligenlitanei liegt Äbtissin Maria Gabriela ausgestreckt auf dem Boden der Klosterkirche. | Fotos: Rafael Ledschbor, Dorothee Wanzek
 
Unter großer Anteilnahme des Zisterzienserordens und der Lausitzer Katholiken hat die Abtei St. Marienstern die Äbtissinnenweihe von Gabriela Hesse gefeiert. Der überraschende Amtsverzicht und Klosteraustritt der vorherigen Äbtissin Philippa Kraft im vergangenen Jahr wurde während des festlichen Gottesdienstes – ebenso wie die damit verbundene Krise des Konvents – mit keinem Wort erwähnt, waren aber dennoch prägend für die Feier.
In der Predigt des Zisterzienser-Generalabts Mauro-Giuseppe Lepori, in Fürbitten und anderen  Gebetstexten ging es immer wieder um die Frage, was ein gelingendes Miteinander im Kloster ausmacht und wie die Äbtissin dazu beitragen kann. Die Autorität, die sie ausübt, müsse eine Autorität der Liebe sein, machte der Generalabt deutlich. Ihre erste Pflicht sei nicht die Sorge für das Funktionieren der Abläufe und die Verwaltung der Güter, sondern für das Heil der Schwestern, dafür, dass sie wachsen in der Fülle des Leben und zugleich in der Hingabe ihres Lebens. Anstatt darüber zu jammern, was ihrer Äbtissin, dem Orden oder dem Generalabt fehle, sollten die Ordensschwestern Gott bitten, dass er das Fehlende schenke. „Gib ihr ein wachsames Herz, dass sie sich darum bemühe, keine von denen zu verlieren, die du ihr anvertraust“, formulierte er in seinem Segensgebet.
In ihren Dankesworten am Ende der Feier ließ Gabriela Hesse erkennen, dass sie sich als Suchende sieht, nicht nur in ihrer neuen Leitungsaufgabe, sondern auf ihrem Glaubensweg. „Auf der Gottsuche müssen wir alle ein Leben lang bleiben“, sagte sie der Festgemeinschaft, „wir im Kloster und Sie an dem Ort, wo Gott Sie hingestellt hat.“
 
Äbtissin Gabriela mit Mauro-Giuseppe Lepori, dem Generalabt des Zisterzienserordens, beim Auszug aus der Kirche.
Inspiriert durch den Dänen Niels Stensen
Für ihren eigenen Glauben habe ihr ein Gedanke des heiligen Niels Stensen oft geholfen, bekannte sie. Bei einer Fronleichnamsprozession in Livorno hatte der dänische Arzt und Forscher eine Erkenntnis, die zur Grundlage zu seiner späteren Konversion zum katholischen Glauben wurde: „Entweder ist das nur ein Stück Brot und diese Menschen sind alle Toren. Oder es ist wirklich der Leib Christi. Warum ehre ich ihn dann nicht?“
Auch sie fühle sich gestärkt durch das Bewusstsein, in die Jahrhunderte übergreifende Gemeinschaft der Glaubenden hineingestellt zu sein, bekannte Schwester Gabriela. „Das können doch nicht alles Toren gewesen sein!“
In ihrem Wahlspruch „Jesus, sei mir Jesus – sei mir Retter und Erlöser“ bringe sie ihren Wunsch  zum Ausdruck, Jesus immer mehr zu lieben, ihn besser kennenzulernen, ihm nachzueifern und ähnlich zu werden. Der Wahlspruch entstammt einem Gebet des heiligen Philipp Neri, ist aber auch als letztes Wort Niels Stensens überliefert.
Mit der Entgegennahme der Ordensregel, des Rings und des Äbtissinnenstabs nahm Gabriela Hesse deutlich sichtbar ihren Platz in der 770-jährigen Geschichte der Abtei St. Marienstern ein. Jede einzelne Schwester, besonders aber die Äbtissinnen hätten das Kloster mit ihren Gaben und Fähigkeiten geprägt, rief die 57-Jährige in Erinnerung. Ausdrücklich dankte sie dabei ihren Eltern, die das Geschehen aus der ersten Bankreihe mitverfolgten. Mit ihrer „gelebten Glaubenstreue“ und ihrer Erziehung hätten sie wichtige Grundlagen für den Glaubens- und Lebensweg ihrer Tochter gelegt.
 
Stabübernahme aus dem Kloster Himmerod
Auch den sorbischen Katholiken schenkte sie in bisher ungekanntem Maße Aufmerksamkeit. Auf Sorbisch dankte sie ihnen, weil sie sich bei ihnen „beheimatet, geborgen und angenommen“ fühle. Sie habe die sorbischen Gläubigen im Laufe von 36 Jahren im Kloster immer besser verstanden.
Ihren Krummstab sieht sie nicht zuletzt als Ausdruck der  Verbundenheit mit dem kürzlich aufgelösten Zisterzienserkloster Himmerod. Johannes Müller, der letzte Abt des vor fast 900 Jahren gegründeten Klosters in der Eifel, lebt seit Jahresbeginn als Pfarrer von Kamenz in der Nähe von St. Marienstern und hat der neuen Äbtissin seinen Stab geschenkt. „Ich darf hier wohl ein Stück Himmerod verkörpern“, kommentierte sie.
 
Grafik: Stefan Hanusch, Berlin

Wappen: Enten, Morgenstern und Sonnenblume
Auch wenn die Schwestern von Marienstern eine humorbegabte Frau zur Äbtissin gewählt haben: um Pinguine handelt es sich nicht im vorderen Feld ihres Äbtissinnenwappens: Es sind Enten, die dem Wappen ihrer brandenburgischen Heimatstadt Premnitz entnommen sind. Gabriela Hesse bringt damit die Dankbarkeit für ihre Herkunft zum Ausdruck, durch die sie geprägt wurde und die in ihrer Amtsführung spürbar sein wird. Mit der Sonnenblume möchte sie sagen, dass sich das Leben eines Christen immer Christus, der Sonne, zuwenden soll. Zur Äbtissinnenweihe war das Festgelände denn auch mit vielen Sonnenblumen geschmückt.
Der silberne (weiße) Stern im unteren Feld erinnert an die Gründungslegende des Klos-ters: In größter Todesnot hatte der Stifter eine Marienerscheinung und erfuhr Rettung. Maria erschien ihm als Morgenstern, der als Sinnbild für Jesus Chris-tus gilt. Durch den Glanz Chris-ti erscheint Maria. Der blaue Hintergrund symbolisiert den Schutzmantel Marias, der AbteiPatronin. Im Zentrum des Wappens befindet sich ein Herz, aus dem das Kreuz herauswächst, das Bischofswappen von Niels Stensen, dessen Glaubenszeugnis für Schwester Gabriela eine besondere Bedeutung hat. Das IHS in der Mitte des Herzens heißt in der von ihr favorisierten Deutung: Jesum habemus socium – Wir haben Jesus zum Gefährten. Unter dem Wappen erscheint das Banner mit ihrem Wahlspruch auf Latein „Iesus sis mihi Iesus“ (Jesus, sei mir Jesus). An den Rändern des Banners erscheinen die Initialen AM für die Abtei Marienstern, und GH  für die Äbtissin Gabriela Hesse. Der hinter dem Wappenschild stehende Äbtissinnenstab mit offener Krümme weist darauf hin, dass die Abtei seit 1264 „exemt“ und damit kirchenrechtlich nicht dem Bischof unterstellt ist.

Von Dorothee Wanzek