„Grundsicherung erhöhen“

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Altersarmut ist ein zunehmendes Problem in Deutschland und besonders in Hamburg. Michael Edele, Leiter der Caritas in der Elbmetropole, fordert daher die Stadt auf, den Regelsatz zu erhöhen, um die Folgen zu mildern.

Menschen gemeinsam am Rollator
Altersarmut ist häufig auch nicht sofort sichtbar. Stolz und Schamhalten viele Menschen davon ab, über ihre Finanzprobleme zu reden, vielmehr helfen sie sich lieber mit zusätzlichen Jobs aus. Foto: Marco Heinen

Michael Edele, Leiter der Caritas Hamburg, hat die Stadt aufgefordert, „ernsthaft zu erwägen, eine höhere Grundsicherung zu zahlen als sie laut Regelsatz vorgeschrieben ist.“ Das Sozialgesetzbuch XII erlaube dies Bundesländern und Kommunen, um die Folgen von Altersarmut wie mangelnde Teilhabe und Vereinsamung zu vermeiden oder zumindest zu lindern, sagte Edele der Neuen KirchenZeitung weiter. Die Sozialbehörde hat dazu bis Redaktionsschluss am Dienstagabend keine Stellungnahme abgegegeben.

Edele reagierte damit auf die jüngste Erhebung des Statistischen Bundesamtes zur Altersarmut. Demnach verzeichnet die Elbmetropole bundesweit mit 8,5 Prozent den höchsten Anteil von Menschen im Alter von mehr als 64 Jahren, die auf Grundsicherung angewiesen sind. „Besonders sichtbar ist die Zunahme von Senioren bei den zweimal im Jahr stattfindenden Wohlfühlmorgen für arme Menschen, bei denen Malteser, Caritas und andere zusammengefasst Hilfeangebote vorhalten“, sagte Edele weiter.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind in ganz Deutschland zunehmend Menschen von Altersarmut bedroht. Der Anteil der über 64-Jährigen, die gemessen am mittleren Einkommen bundesweit armutsgefährdet sind, stieg demnach in den vergangenen 15 Jahren um 4,7 Prozentpunkte auf 15,7 Prozent im Jahr 2019. In keiner anderen Altersgruppe sei der Anstieg seit 2005 so groß gewesen. Eine Person gilt als armutsgefährdet, wenn ihr Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60 Prozent des bundesweiten durchschnittlichen Einkommens beträgt.

Als einen Grund für die Altersarmut nannte Edele, dass „die Rente nicht ausreicht, weil viele Erwerbstätige in Phasen der Arbeitslosigkeit oder durch das insbesondere seit der Einführung von Hartz IV zunehmende Rutschen in prekäre, schlecht bezahlte Arbeitsverhältnisse zu geringe Rentenansprüche erworben haben, um keine Grundsicherung zu beziehen oder nicht unter die Armutsgrenze zu fallen“. Auch sei der aktuelle Mindestlohn zu gering, um den Bezug von Grundsicherung zu vermeiden. 

Hinzu kämen gerade bei Frauen Kindererziehungszeiten und die Pflege von Angehörigen, die die Berufstätigkeit unterbrochen hätten und ebenfalls die Ansprüche reduzierten, so Edele weiter. 

Diakon Jörg Kleinewiese vom Caritasverband für das Erzbistum ergänzt: „Altersarmut wird meist nicht auf den ersten Blick sichtbar. Die Menschen leiden in der Regel im Stillen und reden nicht über ihre Finanzprobleme aus Stolz und Scham.“ Oft hülfen sie sich mit Zweit- und Drittjobs aus. Er verweist dabei auf die Schuldnerberatung der Caritas, die Betroffenen zur Seite stehe, meint aber gleichwohl: „Die Kirche ist bei diesem Thema noch zu zurückhaltend. Das Erzbistum könnte offener mit dem Problem umgehen und informieren, welche Hilfsangebote es gibt.“

Text: Matthias Schatz