Besuch der Baustelle Sankt Hedwigs-Kathedrale
Hedwig, bist du es?
Allen Teilnehmern der Baustellenführung fiel sofort auf: die Bodenöffnung ist verschwunden. Foto: Magdalena Thiele |
Fast zwei Jahre lang liegt sie jetzt schon im Dornröschenschlaf. Bis der Prinz kommt und sie wachküsst, werden mindestens noch drei weitere Jahre vergehen – und sie wird danach nicht mehr dieselbe sein.
Die Sankt Hedwigs-Kathedrale im Herzen Berlins bekommt ein kostspieliges Facelifting – alles neu, einmal komplett. Kollateralschäden nicht mit einberechnet wird die Behandlung 60 Millionen Euro kosten. „Eventuell kommen da noch Entschädigungszahlungen an die Künstler dazu“, das könne man natürlich nicht ausschließen, solange das Gerichtsverfahren noch läuft, sagt Dompropst Tobias Przytarski.
Künstler, beziehungsweise deren Rechtsnachfolger, die um 1960 das Gotteshaus nach Plänen des Architekten Hans Schwippert wieder aufgebaut hatten, waren gegen die Umgestaltung des Kircheninnenraums vor Gericht gezogen. Erst im Juli hatte das Landgericht Berlin ihre Klage zurückgewiesen.
Eine Renovierung des Sakralbaus hätte rund 18 Millionen gekostet. Nach langer Überlegung und unzähligen Debatten hatte sich Berlins Erzbischof Koch aber – ganz im Sinne seines Vorgängers und Initiators des Projekts und der Voten verschiedenster Bistumsgremien – für den mehr als dreifach so teuren Umbau Berlins ältester katholischer Kirche entschieden.
Geschichte außen, Fortschritt innen
Am 14. August wurde die Dauerbaustelle das erste Mal für Laien geöffnet. „Die Veranstaltung war schnell ausgebucht, das Interesse war enorm“, erinnert sich Przytarski. 25 Personen durften einen Blick hinter die großen Bauzäune werfen, auf denen plakativ die Geschichte des Berliner Kathedralbaus nacherzählt wird. Von der Erbauung 1747 bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und zum Wiederaufbau im besetzten Berlin.
Im Innenraum wurden bereits bauliche Fakten geschaffen. Das berühmte „Loch“, also die Frei- treppe als Verbindung zwischen Ober- und Unterkirche, die jahrzehntelang den Charakter der Kathedrale prägte, ist nicht mehr da – sie wurde zugemauert. Dafür steht jetzt in der Mitte des Kirchenraums ein hölzernes provisorisches Altarmodell auf einem kreisrunden Plateau.
Um den Einbau dieser Stufe haben die Entscheider lange gerungen, erzählt Dompropst Przytarski. Der Bischof habe sich aber letztlich dafür entschieden, aus Gründen der Sichtbarkeit und der Funktionalität. Eigentlich war der Plan, dass der Altar auf gleicher Höhe mit den Kirchenbesuchern in den Bänken stehen sollte. Aber man könne nun mal nicht alles haben.
Für den Ambo müsse man sich dann noch eine Lösung einfallen lasse, denn dieser dürfe wiederum nicht niedriger stehen als der Altar.
Die imposante Unterkirche der Kathedrale wird fortan über eine Treppe im Foyer erreichbar sein. Dafür gibt es erstmalig auch eine Fahrstuhl-Alternative zum unteren Geschoss. Das sei besonders schön, sagt der Geistliche, da es bisher insbesondere für Rollstuhlfahrer mit großem Aufwand verbunden war, in die Unterkirche zu gelangen.
Orgel wartet im Exil auf Rückkehr
In die Kuppel wird eine Zwischenkuppel eingebaut – quasi ein doppelter Boden. Der dort entstehende Raum brächte entscheidende Vorteile für Beleuchtung, Technik und Lüftung. Die Orgel wurde zwar komplett abgebaut, wartet aber im Exil darauf, wieder an Ort und Stelle erklingen zu dürfen. Nicht an ihren angestammten Platz zurückkehren werden die alten, mit den Jahren blind gewordenen Fenster – sie werden ausgetauscht. Wie die neuen aussehen werden, steht noch nicht fest. Hier sei noch keine Lösung gefunden, die Denkmalschutz, Raumkonzept und Ästhetik genüge.
Ebenso offen ist noch die Frage der Konzelebration. Eigentlich soll vermieden werden, dass einer der Priester bei der Feier der Eucharistie vorkonziliarisch mit dem Rücken zum Volk stehe. Wie das mit dem Rundaltar in der Kirchenmitte funktionieren soll, wird sich vielleicht 2023 zeigen, wenn der Altar feierlich eingeweiht wird.
Von Magdalena Thiele