Anstoß 12/22

Heimat

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Heimat – ein Begriff, der scheinbar wieder Konjunktur hat und nicht nur im konservativen Milieu. Aus meiner Kindheit kenne ich  den Begriff, der in vielfacher Form den Alltag prägte.


Wir hatten in der Schule Heimatkunde und es gab einen Heimatverein, es gab die Heimatsprache, wir kannten Heimatvertriebe, die bei uns im Dorf ein neues Zuhause fanden. Heimat, ein schillernder, vielfältiger Begriff.
Für manche ist „Heimat“ ein Kampfmittel um auszugrenzen, um Ängste zu schüren, für andere die Sehnsucht nach Beheimatung. Es ist auch ein Begriff, der Gefühle ausdrückt. In diesen Wochen fliehen Tausende aus der Ukraine, aus Angst vor den russischen Truppen, sie fliehen und suchen in anderen Ländern, auch hier bei uns, einen Ort, wo sie Aufnahme finden, wo sie nicht um ihr Leben fürchten müssen. Doch ganz egal wo sie ankommen, wo sie Aufnahme finden, wo sie willkommen sind, es ist nicht ihre Heimat, es ist nicht ihr Zuhause.
Und wenn ich auf Jesus schaue, kann ich sagen, zu ihm gehört eine gewisse Unbehaustheit, er ist eher ein heimatloser Aramäer. Wir hörten zu Weihnachten von Maria und Josef. Sie  finden keinen Platz in der Herberge, im armen Stall von Betlehem kommen sie unter, das ist nicht ihre Heimat. Kurz darauf sind sie auf der Flucht, müssen fliehen, weil Herodes die Kinder töten will. Auch als Erwachsener erlebt Jesus die Heimatlosigkeit und Unbehaustheit. Jetzt steht er dazu und sagt zu denen, die ihm nachfolgen: „Die Füchse haben ihre Höhlen, die Vögle ihre Nester, der Menschensohn aber hat keinen Ort, wohin er sein Haupt legen kann“ (Lk 9,58). Jesus ist als Wanderprediger ständig unterwegs, von Ort zu Ort, von Stadt zu Stadt. Er macht sich nirgendwo fest. Er macht deutlich, die eigentliche Beheimatung ist nicht die Erde, auch wenn sie noch so schön ist, die eigentliche Beheimatung ist der Himmel. Das klingt fromm und gut, relativiert auch unser Heimatgefühl. Trotzdem suchen wir  Menschen die Geborgenheit, Vertrautheit, Sicherheit, die Heimatluft. Auch die Sprache und die Kultur sind ein wichtiger Identifikator.

Wenn ich dann mal wieder von Leipzig zu meiner Mutter und Familie nach Norddeutschland, ins dörfliche Dinklage fahre, fühle ich mich Zuhause, auch wenn ich jetzt gerne in Leipzig lebe.
 
Pater Josef kleine Bornhorst, Dominkanerkloster Leipzig