Religiöse Kinderwoche: pragmatische Lösungen in Corona-Zeiten
Heldensuche findet 2021 statt
Freizeitaktivitäten im Freien sind möglich. Gemeinden sind kreativ. Foto: kna |
Auf dem Bildschirm von Beate Münster sind in mehreren Reihen Gesichter zu sehen, sie selbst spricht in ein Mikrofon und blickt in die kleine Kamera über ihrem Monitor. Videokonferenzen sind in den letzten Monaten im Alltag vieler zu einem häufig benutzten Arbeitsmittel geworden, so auch für die Arbeitsgruppe zur Religiösen Kinderwoche (RKW), welche Beate Münster vom Jugendpastoralen Zentrum Berlin koordiniert. Das Gremium besteht aus den Kinder- und Jugendreferenten der östlichen Bistümer und zusammen beraten sie, wie die RKW in diesem außergewöhnlichen Jahr eine Entsprechung finden kann. Da sich die Diözesen über fünf Bundesländer, mit jeweils unterschiedlichen Regelungen erstrecken, gestalten sich die Planungen kompliziert.
Seit Beginn der Pandemie ist die Planungsgruppe in einem äußerst engen Austausch, um Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Beate Münster freut sich trotz der erschwerten Bedingungen über die verdichtete usammenarbeit in der Gruppe: „Wir sehen uns jetzt häufiger als vorher. Videokonferenzen machen den Austausch tatsächlich leichter und die Planung gewinnt dadurch sogar. Vorher haben wir uns nur ein oder zwei Mal im Jahr getroffen.“
Fahrt im Jahr des Jubiläums verschoben
In diesem Jahr hätte die RKW zum 60. Mal stattgefunden, doch ausgerechnet in ihrem Jubiläumsjahr können die Fahrten nicht wie geplant stattfinden, da ist sich die Arbeitsgruppe RKW einig. Zu sehr ginge der Geist der Ferienvergnügung mit besonderem Anspruch verloren, erklärt Beate Münster: Die RKW lebt vom gemeinsamen Spielen, vom zusammen herumtoben und auch von den Übernachtungen in der Gruppe. Wenn die Betreuer ständig auf den Abstand drängen müssen oder gar ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden muss, dann ist das keine fröhliche Veranstaltung mehr. Es wäre bloß ein ständiges Ermahnen und Kontrollieren der Kinder und Jugendlichen. Das können wir uns so nicht vorstellen.“
Der Titel für die diesjährige RKW stand schon längst fest: „Helden gesucht!“ Ausfallen soll die Religiöse Kinderwoche aber nicht, sie soll lediglich nicht in diesem Jahr stattfinden und so werden die Helden eben im kommenden Jahr gesucht, wie Matthias Slowik, zuständiger Referent im Bistum Magdeburg berichtet: „Das Thema in diesem Jahr ist eigentlich gut, und passt bestens in unsere Zeit hinein. Es wird viel von Alltagshelden gesprochen und die Kinder verbringen ja irgendwie auch gerade Heldentaten.“ Darum wird die Jubiläumsfahrt um ein Jahr verschoben. Die sechzigste Ausführung der Kinderfahrt wird also im einundsechzigsten Jahr nach ihrer ersten Ausführung gefeiert.
Individuelle Lösungen statt generellem Verbot
Vor allem die Kinder sind traurig. „Ich hatte mich schon sehr gefreut mit meinen Freunden ans Meer zu fahren.“, beklagt der zehnjährige Lars aus Berlin, als er an einem Sonntagmorgen mit seiner Mutter zur Kirche geht. Diese kindliche Enttäuschung hören auch die Mitglieder der Planungsgruppe, weshalb sich die Kinder- und Jugendreferenten der fünf betroffenen Bistümer Magdeburg und Erfurt im Besonderen um praktische Lösungen für diesen Sommer bemühen. In diesen Diözesen entschied man sich, die RKW in diesem Sommer nicht ausdrücklich zu untersagen, sondern Entscheidungsräume für die Gemeinden zu schaffen. Die Gemeinden sollen eigene Lösungen finden dürfen, wenn sie die nötigen Hygieneauflagen befolgen können – also Platz und Personal haben. Die Kommunen haben Auflagen und Konzepte für Horte entwickelt, an denen sich die Kirchengemeinden bei ihren Alternativveranstaltungen orientieren sollen.
Alternativen können Tagesangebote oder mehrtägige Fahrten sein, aber ausdrücklich bleiben Veranstaltungen mit Übernachtungen in Räumen untersagt, wie Julian Hanstein, Jugendreferent im Bistum Erfurt, mitteilt. Im Bistum Magdeburg wurde hierzu ein Fragenraster entwickelt, mit dessen Hilfe sich veranstaltungswillige Gemeinden einem Selbsttest unterziehen können, ob sie die Auflagen grundsätzlich erfüllen.
So können beispielsweise Kinder aus der Gemeinde in Roßlau an der Elbe eine RKW erleben. Sie zelten auf der idyllisch gelegenen Huysburg im Harz. Inmitten des waldigen Gebirges tront das Benediktinerkloster auf einem Bergrücken und bietet ideale Möglichkeiten zum gemeinsamen Spielen und zur Katechese im Freien. Da die Übernachtungen und sämtliche weiteren Aktivitäten draußen stattfinden, hatte die genehmigende Behörde keine Einwände.
„Ferien ohne Koffer“ nennt das Dekanat Plauen ein ähnliches Konzept. In fünf Veranstaltungen mit je vier Tagen in den Sommerferien, stellen die zugehörigen Gemeinden Tagesveranstaltungen mit kompetenter Betreuung und vielen Spielen im Freien auf die Beine. So sollen die Kinder zumindest eine Woche lang Abwechslung bekommen. Da Kinder ab 13 Jahren stärker auf Hygieneregeln achten können, sind sogar Übernachtungen mit ausreichend Abstand möglich. In einer Kirche, die dann zum Nachtlager wird, schlagen die Kinder ihre Zelte vier Tage lang zum Schlafen auf.
Eltern müssen ebenfalls bedacht werden
Auch die Eltern sollen in den Überlegungen nicht zu kurz kommen. In diesem Jahr unterliegen sie einer hohen Belastung. Seit Monaten müssen viele im heimischen Arbeitszimmer produktiv sein und nebenbei die Kinder unterrichten. Ausgerechnet die häufig übliche Hilfe durch die Großeltern ist zurzeit nicht möglich. „Eigentlich ist die RKW immer eine Woche in den Ferien, in der sich die Mütter und Väter sicher sein können, dass die Kinder gut betreut sind und viel Spaß haben. Diese Entlastung können wir in diesem Jahr nicht geben, obwohl es gerade jetzt über die Maßen hilfreich wäre. Es ist wichtig, Alternativen zu finden“, wie Beate Münster erklärt.
Videokonferenzen intensivieren zwar die Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe RKW, aber Kinder, die durch eine Webcam auf einen Computer blicken und nach Helden suchen, das wird es nicht geben. „RKW bedeutet Begegnung und das Thema ‚Helden gesucht‘ verliert nicht an Wert, wenn wir es erst ein Jahr später umsetzen.“, meint Julian Hanstein.
Das Bildungs- und Erinnerungsmaterial ist bereits hergestellt und zum Teil ausgeliefert. Auch das Bonifatiuswerk möchte verlässlich bleiben. Es übernimmt Kosten und hilft auf individuellen Antrag hin bei der Finanzierung von alternativen Angeboten.
Gemeinden, denen bereits Kosten für die RKW-Durchführung entstanden sind, hilft das Bonifatiuswerk mit finanziellen Mitteln. Sind etwa Stornierungskosten in Unterkünften oder Mietkosten für einen Bus angefallen, können finanzielle Hilfen bei dem Spendenhilfswerk beantragt werden. Das gilt auch für bereits gekauftes Bildungs- und Erinnerungsmaterial. Man wolle ein verlässlicher Partner bleiben und zur Planungssicherheit in den Gemeinden beitragen, erklärt der Leiter der Diaspora-Kinder- und Jugendhilfe, Simon Rüffin.
Für Alternativangebote empfiehlt der Verband eine direkte Antragstellung und verweist auf seine Website.
www.bonifatiuswerk.de