Deutschkurse für Flüchtlinge
Helfen, die Alltagssprache zu sprechen
Zweimal in der Woche telefoniert Helmi Martini-Homus mit dem Iraner Adel. Inzwischen haben sie sich auch persönlich kennengelernt. Foto: Steffi Möhle |
Helmi Martini-Honus ist „gestrandete Germanistin“, wie sie sich selbst nennt. Das Unterrichten vor einer Gruppe war nie ihre Leidenschaft. Sie war viele Jahre als Übersetzerin tätig und arbeitete mit Senioren. „Ich bin jetzt 70 Jahre alt und möchte mich noch sozial einsetzen“, sagt Helmi Martini-Honus.
Zwei Mal in der Woche eine Stunde telefonieren
Auf das Angebot Sprach-Tandem wird sie im April durch einen Aufruf der Malteser aufmerksam. Gesucht werden Menschen, die aufgrund der nicht stattfindenden Sprachkurse via Telefon oder Chat mit geflüchteten und zugewanderten Menschen Deutsch üben und sprechen wollen. „Der Bereich der Integrationsarbeit ist völlig neu für mich. Aber schon seit den ersten Fluchtbewegungen 2015 nach Europa und Deutschland empfand ich es wichtig mit anzupacken und hätte auch damals schon gerne einen Beitrag geleistet. Helfende Hände waren und sind hier sehr notwendig“, findet Helmi Martini-Honus. Als sie von dem Sprach-Tandem liest, fasst die 70-Jährige sich ein Herz und meldet sich bei der Ehrenamtskoordinatorin Julia Thier, die viele ihrer Bedenken in einem ersten Telefonat ausräumen kann. „So ein Ehrenamt ist natürlich auch mit Verpflichtungen verbunden, die ich mir zutrauen muss. Schließlich habe ich es mit Menschen zu tun, die ein schweres Schicksal erlebt haben“, räumt Helmi Martini-Honus ein. Doch sie bereut es nicht, den Mut gefasst zu haben.
Seit Mai begleitet sie den Iraner Adel, der seit einem halben Jahr mit seiner schwangeren Frau und einer Tochter in einer Flüchtlingsunterkunft in Magdeburg lebt. Die beiden telefonieren meist zweimal in der Woche für eine knappe Stunde. Außerdem schreiben sie sich E-Mails über die Gesprächsinhalte, um nicht nur die Aussprache, sondern auch die Grammatik zu üben. Die Inhalte sind eine Mischung aus Alltagsgesprächen und Grundlagen der deutschen Sprache. „Anfangs war es natürlich etwas komisch, aber auch spannend mit jemanden zu sprechen, den ich noch nie gesehen habe“, erklärt Helmi Martini-Honus. Doch die Gespräche entwickeln sich von Anfang an positiv. Was auf Deutsch noch nicht gut klappt, wird auf Englisch besprochen. „Adel ist sehr wissbegierig und lernwillig. Wir erzählen uns voneinander, und ich lerne soviel von ihm über seine Heimat und Dinge, über die ich bislang nichts wusste. Es ist schön, dass ich bei diesem Sprach-Tandem nicht nur etwas gebe, sondern so viel zurückbekomme“, so empfindet es die 70-Jährige. „Und ganz nebenbei frische ich auch noch mein Englisch wieder auf.“
Mittlerweile haben die beiden sich auch schon einmal getroffen. „Ich hatte bei Freunden reichlich Kirschen ernten dürfen und kam auf den Gedanken, dass ich Adel und seiner Familie damit vielleicht eine Freude machen könnte. Sie freuten sich darüber, und so brachte ich ihnen mein Eimerchen mit Kirschen hin, und wir hatten endlich ein Gesicht zum Gespräch. Es war schön, ihn und seine Familie kennenzulernen“, sagt Helmi Martini-Honus. Die beiden wollen auch nach der Corona-Pandemie und über die Telefonate hinaus in Kontakt bleiben.
Weiterhin Freiwillige für Sprach-Tandems gesucht
Die Malteser konnten noch zehn weitere Sprach-Tandems nach dem ersten Aufruf vermitteln. Bedarf besteht jedoch immer noch in Magdeburg und Oschersleben. Deswegen sucht das Integrationslotsenprojekt weiterhin Freiwillige, die sich gerne virtuell oder telefonisch als sogenanntes „Sprach-Tandem“ mit einem Geflüchteten zusammentun. Interessierte Freiwillige werden mit einem Geflüchteten vernetzt und helfen so bei der Verbesserung der Deutschkenntnisse. „Das können ganz alltägliche Gespräche sein. Es geht einfach darum, die Alltagssprache anzuwenden“, weiß Julia Thier von den Maltesern. Der Zeitumfang beträgt circa ein bis zwei Stunden pro Woche und kann flexibel und individuell mit dem Tandem-Partner abgestimmt werden.
Wer Interesse hat, ein solches Sprach-Tandem zu bilden, melde sich bitte unter Julia.Thier@malteser.org oder 01 71 / 8 69 25 44.
Von Steffi Möhle