Sexueller Missbrauch

Helfer für die Betroffenen

Image
Drei junge Frauen befragen einen Mann und haben Hörfunkmikrofone in der Hand
Nachweis

Foto: Matthias Petersen

Caption

Simon Kampe, neuer Ombudsmann des Bistums Osnabrück, stellt sich den Fragen von Journalistinnen. Foto: Matthias Petersen

Der neue Mitarbeiter steht zwar auf der Gehaltsliste des Bistums Osnabrück, darf aber komplett selbstständig arbeiten. Denn als Ombudsmann hat Simon Kampe ausschließlich das Wohl der von sexuellem Missbrauch Betroffenen im Blick.

Domkapitular Ulrich Beckwermert hat einen klaren Trennstrich gezogen: Obwohl Simon Kampe sein Gehalt vom Bistum Osnabrück bezieht, obwohl Beckwermert im Range eines Generalvikars faktisch Dienstvorgesetzter ist, will er höchstens Kampes Urlaubszettel abzeichnen. Soll heißen: Kampe, neuer Ombudsmann im Bistum, ist allein den Anliegen jener verpflichtet, für die er eingestellt wurde. Und das sind von sexueller Gewalt in der Kirche betroffene Menschen. 

Simon Kampe
Simon Kampe stammt zwar aus Osnabrück, hat aber fast 20 Jahre lang in Münster gelebt.

Einen Ombudsmann gibt es in vielen Bereichen, zum Beispiel bei Versicherungen und Banken. Kommt ein Verbraucher mit seinen Forderungen an die Geschäftsleitung nicht weiter, kann er sich an eine unabhängige Schiedsperson wenden. Simon Kampe übernimmt diese Aufgabe jetzt für die Betroffenen, die sich im Bistum Osnabrück melden, weil sie sexuelle Gewalt zum Beispiel durch einen Kleriker erfahren haben. 

Besondere Fürsorge für die Betroffenen

Das Bistum kommt mit der Schaffung einer Ombudsstelle Forderungen nach, die sich aus dem im September 2022 vorgelegten Zwischenbericht der Universität Osnabrück zur Studie über sexuelle Gewalt ergeben. Vieles werde bereits von unterschiedlichen Ansprechpartnern wahrgenommen, heißt es aus Sicht des Bistums. Die besondere Fürsorge für die Betroffenen solle aber weiter verstärkt werden. Dafür steht auch Geld bereit. Ein Budget von 50 000 Euro steht dem Ombudsmann für 2024 zur Verfügung, das Geld kann er für akute Hilfe einsetzen – etwa für Reisekosten, die anfallen, wenn ein Betroffener zum Gespräch zu ihm kommt. Kampe soll vermitteln, wenn es um den unbürokratischen Kontakt zur Bistumsleitung geht oder aufzeigen, welche finanziellen Hilfen zur Verfügung stehen. Er werde stets im Sinne der Betroffenen handeln, sagte er, als er sich jetzt der Öffentlichkeit präsentierte. Das heißt, er werde zum Beispiel Hinweise auf finanzielle Hilfen von sich aus geben, und nicht erst, wenn sie vom Betroffenen angesprochen würden.

"So bin ich wirklich unabhängig“

Der 38-Jährige ist zwar in Osnabrück aufgewachsen und zur Schule gegangen, hat seine Heimat aber in den vergangenen 20 Jahren völlig aus dem Blick verloren, wie er erzählt. Er studierte in Münster Germanistik, Geschichte und katholische Theologie und arbeitete danach im Bildungsbereich des Bistums Münster. „Es ist gut, dass ich in Osnabrück eigentlich niemanden mehr kenne, so bin ich wirklich unabhängig“, sagt er. „Ich kenne niemanden und schulde keinem einen Gefallen“, fügt er schmunzelnd hinzu. 

Was passiert bei einem neuen Bischof?

Dass Simon Kampe nicht im luftleeren Raum agiert, sondern eingebunden wird ins bereits bestehende Netzwerk von Ansprechpersonen, machte Heinz-Wilhelm Brockmann deutlich. Er ist Sprecher der Monitoringgruppe, die seit mehreren Jahren den Schutzprozess des Bistums koordiniert und Entscheidungen trifft. Zum besagten Netzwerk gehören drei Ansprechpartner, an die sich Betroffene auch anonym wenden können, außerdem ist die Stelle einer Unabhängigen Beauftragten im Schutzprozess eingebunden. Diese Stelle ist derzeit vakant, soll aber im Februar 2024 neu besetzt werden. Die Besetzung der Stelle des Ombudsmannes sei außerdem mit dem Betroffenenrat Nord abgesprochen, der die Aufklärungsarbeit der drei norddeutschen Bistümer begleitet.

Die Monitoringgruppe ist seit 2021 über eine Ordnung abgesichert, die der damalige Bischof Franz-Josef Bode in Kraft gesetzt hat. Was mit dem Konstrukt der Ansprechpersonen, der Schutzbeauftragten und des Ombudsmannes passiere, wenn ein neuer Bischof damit nicht einverstanden sei – auf diese Frage des Kirchenboten gab Heinz-Wilhelm Brockmann eine selbstbewusste Antwort: „Das ist etabliert“, sagte er kurz. Um hinzuzufügen: „Es wäre sicherlich gefährlich für ein neues Episkopat, wenn ein neuer Bischof den gesamten Schutzprozess verändern würde.“

Telefonnummern und E-Mail-Adressen der Ansprechpersonen finden Sie hier.

Zahlen

50 000 Euro für Akuthilfe

Um seiner Beratungs- und Hilfestellungsaufgabe gerecht zu werden, erhält der Ombudsmann einen finanziellen Fonds mit dem Titel „Unterstützung und Hilfestellung für Betroffene sexualisierter Gewalt und geistlichem Missbrauch zur Wahrnehmung ihrer Rechte und ersten Hilfe bei allen in diesem Zusammenhang entstandenen Problemen“.
Der Fonds wird vom Bistum für das Jahr 2024 mit 50 000 Euro ausgestattet. Zuwendungen aus dem Fonds sind unabhängig von bereits gezahlten oder beantragten Mitteln aus dem Bereich „Anerkennung des Leids“. (kb)

Matthias Petersen