Kolping-Leisten im Fagus-Werk etnhüllt
„Hervorragende Arbeit!“
„Schuster bleib bei deinem Leisten“ heißt ein Sprichwort. Der Selige Adolph Kolping ist diesem Sprichwort nicht gefolgt, sondern seiner Berufung zum Priester. Doch einen Schuhleisten des ehemaligen Schustergesellen gibt es noch. Sein Duplikat steht jetzt im Bistum Hildesheim im UNESCO-Weltkultuerbe Fagus-Werk in Alfeld.
Angefangen hat alles mit einem Ausflug der Kolpingsfamilie Burgdorf nach Alfeld zum Weltkulturerbe Fagus-Werk. In diesem von Walter Gropius entworfenen Fabrikbau werden noch heute Schuhleisten und Duplikate hergestellt. In der fabrikeigenen Ausstellung im ehemaligen Holzlager kam zwischen all den verschiedenen dort ausgestellten Leisten dem Kolpingbruder Wolfgang Buckmann der Gedanke: „Hier fehlt doch noch der Leisten von Adolph Kolping!“ Zu sehen ist der als Original im Kolpingmuseum in Kerpen, im Geburtshaus des Gesellenvaters.
Diese Idee setzte sich fest und Buckmann trug sie weiter. Er schrieb an den Kolpinggeneralsekretär Markus Demele. Der setzte sich mit Firmenchef Ernst Greten, dem Urenkel des Firmengründers Carl Benscheidt in Verbindung.
Greten war von der Idee begeistert, bei Fagus-Grecon, so der heutige Name der Firma, ein Duplikat des von Kolping in Handarbeit angefertigten Leisten herzustellen. „Zumal wir im Gespräch festgestellt haben, dass beide Männer, meinGroßvater und Adolph Kolping sozial sehr engagiert waren“, sagt Ernst Greten.
In der Arbeitswelt sozial engagiert
Während sich Kolping um die Handwerksburschen kümmerte und sich für bessere soziale Strukturen stark machte, war es für Carl Benscheidt klar, dass Menschen einen Anspruch auf ein würdiges Zuhause haben. So setzte er sich früh für den Bau von Arbeiterwohnungen ein. Und er versuchte durch die Architektur der Arbeitsstätten deutlich zu machen, dass auch im Wirtschaftsleben der Mensch respektiert werden muss und seine Arbeit nicht in tristen und nur funktionalen Lagerhallen erbracht werden soll“, ergänzt Demele.
„Der gehört hier einfach her!“
Er selbst reiste eines schönen Tages mit der Bahn von Köln nach Alfeld – im Gepäck den sorgfältig verpackten Schuhleisten Kolpings. Im Fagus-Werk wurde ein Duplikat erstellt, das nun in einer Feierstunde enthüllt wurde. Natürlich durfte der Ideenlieferer Wolfgang Buckmann dabei Hand anlegen. „Ich freue mich, dass der Kolpingleisten nun auch hier in der Ausstellung zu sehen ist. Der gehört hier einfach her“, lautet sein Kommentar.
Überraschend für alle Anwesenden – viele Kolpingsmitglieder waren extra angereist – war das Qualitätsurteil, das Greten zum Leisten Kolpings abgab. „Dieser Leisten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist für die damalige Zeit ungewöhnlich sorgfältig gestaltet. Die asymetrische Form des Leistens lässt darauf schließen, dass es für den rechten und linken Schuh je einen gab“, erklärte Greten. Es dürfte sich um einen Damenschuh handeln, Größe 41/42, mit einer modischen Längenzugabe – komplett handgefertigt, noch vor der industriellen Zeit.
Wie der Fachmann erläutert, sei es zur Zeit Kolpings eher üblich gewesen, nur einen Leisten für rechte und linke Schuhe herzustellen. Kolping sei da sehr fortschrittlich gewesen. „Von der Qualität her, kann der Leisten auch mit heutigen Standards mithalten“, lobt Greten.
Der Kolping-Leisten kann ab sofort in der Fagusausstellung betrachtet werden. Das Fagus-Werk ist für Besucher täglich geöffnet – von April bis Oktober: 10 bis 17 Uhr, von November bis März: 10 bis 16 Uhr. Die Ausstellung ist geschlossen am 1. Januar, 24., 25. und 31. Dezember. Öffentliche Führungen werden samstags und sonntags um 13 Uhr angeboten (von April bis Oktober zusätzlich auch um 11 Uhr). Nach Absprache sind auch extra Gruppenführungen möglich. Kontakt: info@fagus-werk.com
Edmund Deppe