Pfarrkirche in Hoyerswerda wird umgestaltet
Hortkind gestaltet Kirche mit
Pfarrer Peter Paul Gregor vor der Apsis der Pfarrkirche in Hoyerswerda. Fotos: Raphael Schmidt |
Als die Kreuzwegstationen in der Pfarrkirche in Hoyerswerda abgenommen wurden, war dem letzten Sanierungs-Zweifler klar: Die Kirche muss renoviert werden – die Abdrücke der Bildertafeln zeichneten sich in dunklem Grau auf den Wänden ab. Die letzte Renovierung liegt knapp 25 Jahre zurück und war die dritte seit der Fertigstellung dieses Gotteshauses im Jahr 1914. Zur Innensanierung in Corona-Zeiten sagt Pfarrer Peter Paul Gregor: „Das heillose Durcheinander momentan und unsere Renovation, das passt irgendwie alles zusammen.“
Die Gottesdienste finden während der Sanierungszeit im Zelt statt. „So werden wir die 1,50 Meter Mindestabstand durch das Öffnen des Zeltes gerade jetzt einhalten. Nach dem Erntedankfest weichen wir ohnehin nach St. Thomas Morus aus“, sagt Pfarrer Gregor – und zum Termin der Fertigstellung: „Ich möchte nicht, dass der Herr Jesu zu Weihnachten die Krippe sucht.“
Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat waren in alle Überlegungen einbezogen, „denn es ist ihre Kirche. Als Pfarrer verschwindet man nach einigen Jahren. Von unseren Handwerksmeistern und Handwerkern sind die allermeisten katholisch. Sie kennen ihre Kirche und wissen deshalb, an welchem Ort sie sich befinden“, sagt der Pfarrer. Er ist froh, „dass wir sagen können: Wir haben gemeinsam beraten und entschieden und die durchführenden Handwerker können anschließend feststellen: Wir haben es mit Gottes Hilfe umsetzen dürfen.“
Vertrauen in die Fachleute hat Pfarrer Gregor: „Die Zusammenarbeit zwischen dem Architekten, dem Vertreter des Bischöflichen Ordinariates, dem Landesamt für Denkmalschutz, dem Kirchenvorstand und dem Pfarrgemeinderat ist sehr gut. Die Gespräche verlaufen immer sehr konstruktiv“, sagt er. Eine Einschränkung gibt es: „Mir war klar, wenn ich jemals eine Kirche renovieren sollte, passiert es mir nicht, dass ich dem, der das gestaltet, der das ausführt, einfach freie Hand lasse. Das, was gestaltet, was umgebaut wird, muss theologisch begründbar sein.“ Diese Kirche ist neugotisch „und Gotik heißt immer, ich werde emporgehoben. Ich bin als Mensch mitbeteiligt am Schöpfungsakt Gottes. Das heißt: es darf nichts in die Kirche rein, was mich erdrückt. Das fängt bei der Beleuchtung an“, sagt der Pfarrer. Wichtig ist ihm auch, dass deutlich wird: „Die Botschaft Jesu geht von vorne aus. Und so darf sich farblich gesehen die Gemeinde nicht abgehängt fühlen gegenüber der Apsis. Ich sag‘s mal plakativ: Die Gemeinde bekommt die billigeren Farben, das Einfache und da vorn ist das Großartige. Das darf nicht sein.“ Beim Altar soll „der Tisch-Charakter, die Tisch-Gemeinschaft zum Ausdruck kommen“.
Die Öle müssen dorthin, wo sie hingehören
Einige kleinere Veränderungen sind vorgesehen: So wird der Tabernakel nach links verrückt, die Osterkerze, beziehungsweise der Weihnachtsbaum werden rechts stehen „damit wir ein Gleichgewicht hinkriegen“, sagt Pfarrer Gregor. Beim Tabernakel „sind wir einem Wunsch nachgegangen. Ich erlebe immer wieder in katholischen Kirchen, dass die Öle irgendwo in der Sakristei rumliegen. Das sind sakramentale Gegenstände, das heißt: die müssen dorthin, wo sie hingehören, und nichts ist besser, als wenn ich sie im Bereich des Tabernakels unterbringe. Das wird in Zukunft so sein. Denn wir salben ja nicht nur Täuflinge, sondern auch Kranke, die uns an den Tisch des Herrn erinnern, daran, dass sie dazu gehören.“
Das dreiteilige Altarbild unter den Glas-Fensterbildern von Sieger Köder wurde demontiert. |
Anfreunden damit, dass blaue Streifen im Altarraum Himmel darstellen sollten, konnte und wollte Pfarrer Gregor sich – als Theologe – nicht. Er fragt: „Welchen Himmelbegriff meinen wir? Matthäus sagt: Nicht im Himmel sondern in den Himmeln. Das ist etwas ganz anderes. Die Westeuropäer denken römisch-griechisch. Das ist nicht der Himmel des Alten und Neuen Testamentes. Semitisches Denken bedeutet: Ich habe den Himmel in mir. Das andere ist griechisch-römisches Denken. Deswegen gab es unter anderem den Kirchenstreit 1054 mit Trennung zwischen Ost- und Westkirche. Da habe ich gesagt: Hier kommt mir kein griechisch-römischer Himmel rein. Der Mensch soll erhöht werden – es soll nach oben gehen – also nichts, was mich erdrückt. Wir machen keinen künstlichen Himmel, sondern der Mensch soll im Neugotischen dem Schöpfer näher gebracht werden. Das heißt: Die Botschaft geht von hier aus ins Kirchenschiff“, sagt der Pfarrer und verweist auf eine andere Botschaft. Die bekam er von einem ungetauften Hortkind, das sich mit seinen Schulkameraden die Kirche anschaute. Die Kreuzwegstationen waren so aufgebaut, dass hinten rechts das Bild hing, wo Jesus sich umdreht und mit den Frauen von Jerusalem spricht und sagt: „Wenn das schon dem grünen Holz passiert...“ „Bei diesem Bild, sagte ein Junge zu mir: ,Der Mann (Jesus) sagt zu den Müttern: Passt auf, dass den Kindern nicht dasselbe passiert, was mir passiert‘. Das war bombig! Und jetzt kommt der Knaller von dem Jungen: Nur schade, dass das Bild da hinten hängt. Es müsste weiter vorn hängen“, sagte er. Wir haben den Kreuzweg an den Wänden neu geordnet. Ein ungetauftes Kind hat diese Veränderung bewirkt, indem es fragte: Warum hängt ein so schönes Bild da hinten? Etwas Schöneres kann einem nicht passieren“, sagt Pfarrer Gregor.
Zur Sache: Auszug aus der Pfarrei-Chronik
25.05.1914: Feierliche Weihe der Pfarrkirche „Heilige Familie“ durch Weihbischof Augustin, Erzbistum Breslau
1916: Stiftung der Ölberg- und Lourdes-Grotte und des Kreuzweges
1935: Erster Einbau einer Heizungsanlage
1939: Erste Renovation anlässlich des 25-jährigen Kirchbaujubiläums
1966-67: Zweite Renovation nach den Plänen des Architekten Körner aus Dresden
25.11.1967: Altarweihe durch Bischof Schaffran
1967: weitere Ausgestaltung der Pfarrkirche: „Himmlisches Jerusalem“ als Kreuz, „Heilige Familie“ und „Pieta“ als Holzstatuen von Ella-Viola Namacher
1988-89: Dritte Renovation der Pfarrkirche
1989: Einbau der Bleiglasfenster (1909) aus der evangelischen Kirche Großräschen auf der Südseite (Tagebau Meuro)
1996: Restaurierung der Kreuzwegstationen und Einbau der fünf Altarfenster, gestaltet vom Künstlerpfarrer Sieger Köder aus Ellwangen - Kunstglasarbeiten: Hubert Deininger (Ulm)
1997: Einbau des Flügelaltars, gestaltet vom Künstlerpfarrer Sieger Köder aus Ellwangen
Von Raphael Schmidt