Brotmanufaktur in Hildesheim heißt „Herr von Myra“
Im Zeichen des heiligen Nikolaus
Simon Hoberg ist 39 Jahre alt und hat seinen Traum verwirklicht. Der Bäckermeister und studierte Wirtschaftsmathematiker, hat nach Soest nun auch eine Brotmanufaktur am Hildesheimer Markplatz aufgebaut und sie „Herr von Myra“ genannt.
Wer kennt es nicht, das Kornwunder vom heiligen Nikolaus (Gedenktag ist der 6. Dezember), dem Bischof von Myra, dem heutigen Demre in der Türkei. Die Geschichte ist schnell erzählt: In Myra herrscht eine große Hungersnot, als Schiffe mit Korn für den römischen Kaiser einlaufen. Nikolaus verspricht den Schiffern, dass ihr Korn nicht weniger wird, wenn sie ein wenig für die Menschen in Myra entladen würden. Genauso ist es. Der entladene Kornvorrat reicht zwei Jahre und sogar noch für die nächste Aussaat.
Diese Legende war ausschlaggebend dafür, das Nikolaus auch der Schutzpatron der Bäcker wurde – und sie hat Simon Hoberg fasziniert. Nach seiner Gesellenprüfung hat der Bäcker Wirtschaftsmathematik studiert und dabei einen Traum mit sich herumgetragen. „Ich stamme aus einer alten Bäckerfamilie und irgendwie war es mir immer klar, dass ich auch was mit Bäckerei machen wollte. Aber ich wollte zurück, zum richtigen Handwerk, ehrliche Handarbeit, ohne Konservierungsstoffe, nur mit hochwertigen Zutaten“, erzählt er.
Noch während des Studiums begann er 2010 mit der Planung seiner Brotmanufaktur. „Da haben wir auch nach einem Namen gesucht. ‚Brot und Kruste‘ war mir zu abgedroschen. Aber inspiriert durch die Kornlegende kamen wir auf ‚Herr von Myra‘ und damit haben wir auch 2012 die erste Brotmanufaktur in Soest in Westfalen eröffnet.“
Für Simon Hoberg ist der Name kein Werbegag, da steckt mehr dahinter.„Glaube und Kirche sind für mich wichtig, sie haben eine große Bedeutung in meinem Leben. Für mich ist die Kirche ein guter Ort, um einmal zu bedenken, wie und wo ich gerade auf dem Weg bin. Es würde um einiges besser auf dieser Welt sein, wenn jeder einmal innehalten und mit sich ins Reine kommen würde“, sagt er. Nur durch seine Verbindung zum Glauben funktioniert die Idee „Herr von Myra“. „Wenn ich keine innere Beziehung dazu hätte, wäre es nicht stimmig, sondern würde aufgesetzt wirken“, betont der Bäcker.
Im vergangenen Jahr hat Simon Hoberg seine Meisterprüfung abgelegt und war bereit, sein Geschäft zu vergrößern. Die Wahl fiel auf Hildesheim. „Wo würde meine Idee einer Kulturbäckerei besser hinpassen als in eine alte Bischofsstadt.“ Direkt am Marktplatz hat er eine geeignete Immobilie gefunden und nach seinen Vorstellungen so umgebaut, dass sich die Brotmanufaktur in das bestehende Fachwerkensemble einpasst. Aber auch im Innern ist alles stimmig: Lehmputz, das Interieur aus altem Holz, eine offene, hygienische und transparente Herstellung von Backwaren. Wer hier herkommt, einen Kaffee oder Capuccino trinkt und dazu ein Stück Streuselkuchen isst, hat das Gefühl, er sitzt bei Oma in der heimeligen Wohnküche. Und überall prangt das Logo „Herr von Myra“ wie auch schon vorher in Soest – entwickelt und angelehnt an eine klassische Ikone des heiligen Bischofs.
Immer wieder fragen Kunden nach der Bedeutung des Namens. „Außer Insidern weiß kaum einer, dass es um den Nikolaus geht“, schmunzelt Hoberg. Und das soll auch so sein. Der Name will zum Nachdenken anregen. Und was verbindet ihn selbst mit dem Heiligen? „Er war ein demütiger Mann. Da ist er mir ein großes Vorbild. Es mag altertümlich klingen, aber ich versuche demütig zu sein, auch im Umgang mit meinem Personal. Führen ja, aber mit viel Freiraum, denn da entwickeln sich oft gute Ideen“, weiß Hoberg aus Erfahrung.
Edmund Deppe