Im Karmel Weimar soll neue christliche Gemeinschaft entstehen

Ins Umfeld ausstrahlen

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Eine neue christliche Gemeinschaft soll ab Herbst im ehemaligen Karmel in Weimar-Schöndorf entstehen. Unter anderem sollen Gebetszeiten am Morgen und am Abend das Leben prägen.

Der ehemalige Karmel in Weimar. Die Pfarrei wird auch künftig hier Räume nutzen können.    Foto: Holger Jakobi

 

„Meine Frau und ich haben schon lange den Wunsch, mit anderen Christen in einer geistlichen Gemeinschaft zu leben“, berichtet Nikolaus Huhn, der in Schlöben bei Jena lebt. Doch die Kinder waren nicht so begeistert von dieser Idee. Jetzt gehen diese ihre eigenen Wege und der Wunsch nimmt konkrete Gestalt an. Nikolaus Huhn hatte beim Seelsorgeamt in Erfurt nachgefragt, ob die neue Gemeinschaft nicht den ehemaligen Karmel in Weimar-Schöndorf nutzen könnte, den er von einem Meditationswochenende her kannte. „Zuvor gab es allerdings ein großes Hindernis: Meiner Frau gefiel dieser Ort gar nicht. Die Enge der Zimmer, der Sichtbeton im neuen Anbau, die Nähe zum ehemaligen KZ Buchenwald … .“ Inzwischen hat sie sich jedoch mit dem Vorhaben angefreundet. Das ehemalige Kloster – in dem die Schwestern Hildegard und Edith noch bis August leben – wird angemietet. Im Spätherbst soll dann das neue Projekt starten. Ein passender Name für die Gemeinschaft wird noch gesucht.
So sind die Eheleute Huhn derzeit auf der Suche nach Menschen, die sich auf dieses Abenteuer einlassen wollen. Vorbild dafür ist unter anderem die Franziskusgemeinschaft in Pinkafeld bei Wien. „Wir waren dort und uns beiden hat das Zusammenleben dieser Gemeinschaft gefallen. Die Einfachheit, das Leben, die gemeinsamen Gebetszeiten. Eine Landwirtschaft wie sie in Pinkafeld betrieben wird, haben wir in Weimar jedoch nicht vor. Persönlich werde ich in meinem Beruf als Energieberater weiter tätig sein. Das geht von zu Hause aus und so kann ich mir gut vorstellen eine Art Herbergsvater unseres gemeinsamen Projektes zu sein.“ Herbergsvater das heißt zuerst Ansprechpartner zu sein, für Menschen die zum Beten und Meditieren in die kleine Kapelle kommen können, oder eine Tasse Kaffee und ein offenes Ohr suchen.
Nikolaus Huhn weiß, dass sich vieles in der Gemeinschaft einspielen muss. Diese Freiheit sei wichtig, um zueinander zu finden. Er sagt: „Niemand soll ausgeschlossen bleiben. Vieles ist aus meiner Sicht verhandelbar, nur eines nicht, die Ausrichtung auf Christus.“ Zumindest gilt das für die Kerngemeinschaft  von fünf bis acht Personen. In der neuen Gemeinschaft sieht Huhn zudem eine Möglichkeit, als Christen für die Menschen in dem eher weltlichen Umfeld offen zu sein. Das Zusammenleben sei nicht Selbstzweck, sondern eine Einladung, die Schönheit des Evangeliums erfahrbar werden zu lassen, hofft er.

Nikolaus Huhn    Foto: Privat

Eine Orientierung für das Projekt fand Nikolaus Huhn übrigens in der Enzyklika "Evangelii Gaudium" von Papst Franziskus. Darin steht: „Aus diesem Grund wünsche ich mir eine arme Kirche für die Armen. Sie haben uns vieles zu lehren. Sie haben nicht nur Teil am sensus fidei (am Sinn für den Glauben), sondern kennen außerdem dank ihrer eigenen Leiden den leidenden Christus. Es ist nötig, dass wir alle uns von ihnen evangelisieren lassen. Die neue Evangelisierung ist eine Einladung, die heilbringende Kraft ihrer Leben zu erkennen und sie in den Mittelpunkt des Weges der Kirche zu stellen. Wir sind aufgerufen, Christus in ihnen zu entdecken, uns zu Wortführern ihrer Interessen zu machen, aber auch ihre Freunde zu sein, sie anzuhören, sie zu verstehen und die geheimnisvolle Weisheit anzunehmen, die Gott uns durch sie mitteilen will.“
25 Jahre hatten Karmelitinnen das Kloster bewohnt. Es gibt 16 feine, aber kleine Zellen, dazu drei Gemeinschaftsräume. Sicher muss manches baulich etwas angepasst werden. Insgesamt könnten bis zu acht Personen im Haus leben. Möglich ist aber auch, dass sich Frauen und Männer anschließen, die ihren Wohnsitz in das nähere Umfeld des ehemaligen Klosters verlegen. Sie nehmen je nach ihren Möglichkeiten am Leben der Gemeinschaft teil. Das werden die gemeinsamen Mahlzeiten und voraussichtlich täglich zwei Gebets- und Meditationszeiten sein, Feste, Bibel-teilen, Gesprächsabende und anderes.
Nikolaus Huhn, seine Frau und bisher eine dritte Interessentin sind sich der Risiken bewusst, die mit dem Neustart verbunden sind. „Es wird ein neuer Lebensabschnitt für jeden, der sich auf dieses Abenteuer einlässt.“ „Wir wollen mit der Kontemplation und Meditation eine reiche Tradition der Kirche wieder entdecken und zugänglich machen. Gerade auch für kirchenferne Gottsucher.“

Familie Huhn, Dorfstraße 18, 07646 Schlöben;
n.huhn@energie-gewinnt.de oder 03 64 28 / 54 28 88

Hintergrund: Franziskusgemeinschaft
Gerufen durch die Botschaft Jesu zu einem einfachen Leben für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, gründeten 1981 Frauen und Männer die Franziskusgemeinschaft beim Kalvarienberg in der Nähe der Stadt Pinkafeld im Burgenland, um den Traum vom gemeinschaftlichen Leben, Arbeiten und Beten zu verwirklichen. Es gibt Wohnräumen für Familien und Einzelne, Gemeinschafts - und Gästezimmer, Werkstätten und eine Kapelle. Heute leben hier durchschnittlich zirka 20 Menschen in größtmöglicher Selbstversorgung.
 
Von Holger Jakobi