Teil 6 unserer Credo-Serie

Jesus Christus lebt!

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Unsere Serie zum Apostolischen Glaubensbekenntnis beschäftigt sich mit den Grundpfeilern des christlichen Glaubens. Und der tragendste dieser Grundpfeiler ist der Glaube, dass Jesus auferstanden ist.

Ein Bild zeigt den auferstandenen Jesus
Grundpfeiler des christlichen Glaubens: die Auferstehung Jesu Christi 

Von Susanne Haverkamp

An die Auferstehung zu glauben, war nie einfach, auch nicht bei den ersten Christen. Im gesamten 15. Kapitel des ersten Korintherbriefs beschwört Paulus die Gemeinde immer wieder: „Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos.“ (1 Kor 15,17) Offenbar gab es eine Menge Christen, die an Jesus glaubten, aber nicht an seine Auferstehung. Dabei ist das doch, sagt Paulus, „der Grund, auf dem ihr steht“. (1 Kor 15,1) Vergleichbar sagt der Dogmatiker Theodor Schneider: „Der Auferstehungsglaube ist der Nagel, an dem alle anderen Sätze des Credo hängen.“

Am dritten Tage auferstanden von den Toten

Auferstanden, so heißt es im Credo. Auferweckt, heißt es oft im Neuen Testament. Tatsächlich ist das eine andere Nuance. Auferwecken ist passiv – Gott handelt an Jesus. Auferstehen ist aktiv – Jesus handelt selbst.

Das Wort auferwecken stammt aus den ältesten Schichten des Neuen Testaments. „Diesen Jesus hat Gott auferweckt“, predigt Petrus am Pfingsttag (Apostelgeschichte 2,32). Und auch in dem wohl ältesten Bekenntnis, das schon Paulus wörtlich übernommen hat, heißt es: „Er ist am dritten Tage auferweckt worden gemäß den Schriften.“ (1 Korinther 15,4)

Auferstehen ist dagegen schon eine christologische Aussage. Der Bibelexperte Thomas Söding sagt: „Jesus ist nicht nur in seinem Leben und Sterben, sondern auch in der Auferweckung so eng mit Gott verbunden, dass er selbst auch derjenige ist, der den Tod überwindet.“ Für Söding sind auferwecken und auferstehen deshalb „zwei Seiten einer Medaille“, aber doch mit verschiedenen Akzenten.

Schaut man in den biblischen Urtext, stellt man erstaunt fest: Was wir mit auferwecken übersetzen, heißt schlicht aufwecken. Das, was Gott mit Jesus gemacht hat, ist vom griechischen Wort her identisch mit dem, was wir morgens mit unseren Kindern machen. „Egeiresthai“ ist ein Alltagswort.

Der Dogmatiker Theodor Schneider erkennt darin eine typische Metapher: ein Wort aus der Umgangssprache wird auf einen Vorgang übertragen, für den ein angemessener Ausdruck nicht zur Verfügung steht. Denn natürlich war den Jüngern klar: Jesus schlief nicht nur, er war tot. Deshalb kann aufwecken nur ein Bildwort sein für etwas, das wir nicht verstehen können. Unsere deutsche Übersetzung auferwecken, ist deshalb gar nicht schlecht, um das Besondere dieses Weckens zu verdeutlichen.

Ein Bildwort ist auferwecken/auferstehen auch deshalb, weil unsere Kinder nach dem Wecken dieselben sind wie am Abend zuvor. Jesus aber war nicht derselbe. Nirgends in den Evangelien ist die Rede davon, dass Jesus einfach in sein altes raumzeitliches Leben zurückgekehrt ist. Statt dessen geht er durch verschlossene Türen, wird von seinen besten Freunden nicht erkannt oder verschwindet urplötzlich. Jesus lebt, aber in einer anderen, neuartigen Daseinsweise jenseits unserer irdischen Wirklichkeit.

Ist also die ganze Auferstehung Jesu nur ein Bild? Ist sie historisch gar nicht wahr? Nein, so kann man das nicht sagen. Denn zwei Dinge sind historisch belegt: Erstens: Jesus ist gestorben und wurde begraben. Und zweitens: Seine Jüngerinnen und Jünger haben ihn als lebendig erlebt, er ist ihnen erschienen, so deutlich und so oft, dass es keine Einbildung und kein Wunschtraum war. Was zwischen diesen beiden Fakten geschehen ist, entzieht sich der historischen Nachprüfbarkeit. Das Wirken Gottes ist Glaube.

Aber warum „am dritten Tage“? Der verstorbene Bischof und Dogmatiker Karl Lehmann hat darüber 1967 seine theologische Doktorarbeit geschrieben.Drei Tage, sagt er, versteht der fromme Israelit als Ausdruck der Spannung zwischen Leiderfahrung und Heilshoffnung. Drei Tage bleibt Jona im Bauch des Wals, drei Tage bleibt Jesus im Grab: Länger lässt Gott seinen Gerechten nicht in der Not, das Ewige bricht in das Zeitliche ein.

Aufgefahren in den Himmel

Durch seine Auferweckung ist Jesus Christus den irdischen Lebensbedingungen entrückt und in den Lebensraum Gottes aufgenommen. Das besagt unser Bekenntnis zur Himmelfahrt. 

Allerdings ist unser Bild davon durch den Evangelisten Lukas geprägt, der die Abschiedsszene zu Beginn der Apostelgeschichte anschaulich erzählt. Dahinter steht das antike Weltbild von den drei übereinanderliegenden Sphären Himmel, Erde und Unterwelt, das es natürlich erscheinen lässt, Jesu Leben in der Sphäre Gottes als Emporheben in die Wolken zu beschreiben. Markus hingegen schreibt ohne jede szenische Ausschmückung, dass Jesus, nachdem er den Taufbefehl erteilt hat, in den Himmel aufgenommen wurde (Mk 16,19). Das Matthäusevangelium endet mit dem Taufbefehl und dem Versprechen „Siehe ich bin bei euch alle Tage“ (Matthäus 28,20); bei Johannes ist von einer Himmelfahrt ebenfalls keine Rede. 

Auch den Zeitansatz 40 Tage nach Ostern kennt nur Lukas. Exegeten sagen, Lukas möchte dadurch erzählerisch die Zeit Jesu und die Zeit der Kirche überlappen lassen; die Erfahrbarkeit des Auferstandenen über einen gewissen Zeitraum hinweg ist Grundlage für die Verkündigung der Kirche. 

Doch noch einmal: Das heißt nicht, dass Jesus in der Zwischenzeit als Gespenst durch die Welt waberte. Schon mit seiner Auferstehung war er der Andere, der Erhöhte, der uns aus der Sphäre Gottes nahe ist. Und der uns verspricht: Ich bin trotzdem immer bei euch. 

Dass wir Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten mit zeitlichem Abstand als drei Feste feiern, hat sich im Laufe der Tradition so entwickelt. Für Markus fällt Ostern und Himmelfahrt (Mk 16,9–19) für Johannes Ostern und Pfingsten (Johannes 20,26) in eins. Auch deshalb gehören „am dritten Tage auferstanden“ und „aufgefahren in den Himmel“ aufs Engste zusammen.