Christians for Future

Kirchen könnten mehr für das Klima tun

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Ökumenischer Gottesdienst am Gletscher der Zugspitze
Nachweis

Foto: epd-bild / A. Warmuth

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Starkes Zeichen: Menschen feiern einen ökumenischen Gottesdienst am schmelzenden Gletscher der Zugspitze.

Im September 2021 hat Georg Sauerwein mit den Christians for Future der katholischen und evangelischen Kirche Forderungen zum Klimaschutz übergeben. Im Interview berichtet er, was sich seitdem getan hat.

Welche Verbesserungen haben die Forderungen der Christians for Future erreicht?

Die Evangelische Kirche Deutschlands hat ein neues, höheres Klimaziel beschlossen. Es wurde im Beschlussprozess zwar abgeschwächt, aber es existiert. Bis 2035 sollen die Treibhausgasemissionen in allen Landeskirchen auf zehn Prozent im Vergleich zu 2023 reduziert werden. Die Katholiken tun sich schwer.

Warum?

Auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) gibt es kein gemeinsames Klimaziel, nicht einmal eine Diskussion darüber. Ein paar Verbesserungen gibt es in einigen Bistümern. Das Bistum Eichstätt will bis 2030 die CO2-Emissionen um 50 Prozent im Vergleich zu 2010 senken, das Bistum Hildesheim will bis 2035 treibhausgasneutral sein. Andere überlegen, was sie tun. Es gibt Verbesserungen, aber man braucht auch Personal. 

Sie meinen Klimaschutzmanager?

Wir fordern eine Stelle im Umweltbereich pro 100 000 Kirchenmitglieder. Da geht es um Begleitung und Motivation von Gemeinden, um Beratung und Unterstützung, wenn man zum Beispiel mehrere hundert Heizungen austauschen muss. 

Wer soll das finanzieren?

Natürlich ist das bei manchen Bistümern nicht einfach. Gleichzeitig staune ich, wie viele Stellen manche in anderen Bereichen haben. 

Oft gibt es schon Beauftragte für Umwelt- oder Klimaschutz.

Wir haben motivierte Hauptamtliche in den Diözesen. Aber die sind manchmal in einer Position, in der sie sich nicht durchsetzen können. Deshalb sind verbindliche Ziele in einem Klimaschutzgesetz wichtig. Sie geben den Leuten, die sie umsetzen sollen, die Möglichkeit, sich gegen andere Abteilungen, die Finanzabteilung, die Bauabteilung oder wen auch immer, durchzusetzen. Solche internen Prozesse werden einfacher, wenn man klare Regelungen hat. 

Eine der Forderungen ist Klimaneutralität der Bistümer und Landeskirchen bis 2030. Wie kann man das schaffen? 

Die Klimaschutzkonzepte sind ja oft so: Wir tun das und das. Was könnten wir noch tun? Es funktioniert aber genau andersherum: Das Erzbistum Freiburg hat eine Studie gemacht, in der es um die Frage ging, was getan werden muss, um das gesteckte Klimaziel zu erreichen. Das Ergebnis war, dass sie noch einiges an Personal brauchen und sogar ein bisschen mehr als das, was wir fordern. 

Georg Sauerwein
Georg Sauerwein. Foto: privat

Gibt es Leuchtturmprojekte beim Klimaschutz, bei denen sich Bistümer etwas abschauen können? 

Die Leuchtturmprojekte sind immer noch die Erzbistümer Köln und Freiburg. Sie wollen bis 2030 klimaneutral werden und haben auch noch einiges zu tun, um das zu erreichen. Köln hat mehrere Hauptamtliche, die daran arbeiten. Das ist eine ganz andere Personalausstattung. 

Sie fordern auch politisches Engagement. Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen scheinen eher selten öffentlich für Klimaschutz einzutreten. 

Wir hatten schon einige Bischöfe, die bei Klimademos waren. Aber es ist schwierig. Es gibt die üblichen Akteure – Misereor, die Jugendverbände, Diözesanräte – die sehr, sehr gute, hörbare Arbeit machen. Jetzt haben Diözesanbischöfe den „Wir sind bereit“-Appell an die Politik unterschrieben, was sehr positiv ist. Das zeigt, wie es funktioniert: dass Bischöfe Appelle unterstützen, die Graswurzelgruppen oder auch Misereor formulieren und ihnen damit mehr Aufmerksamkeit geben. Ich glaube, das ist der Weg, der am besten funktioniert. Nur zu sagen: „Geht mal zur Demo!“ – das funktioniert eher nicht.

 

 

Wie schaffen Sie es, da nicht zu resignieren?

Es gibt natürlich immer wieder richtig coole Dinge, die zeigen, was man vor Ort erreichen kann. Es gab letztens dieses Zugspitzen-Requiem, einen ökumenischen Gottesdienst am schmelzenden Gletscher auf der Zugspitze. Das war spirituell sehr wichtig, weil eine solche Aktion ausdrückt: Wir haben diese großen Veränderungsprozesse, die lösen Sinnfragen aus. Darauf muss man als Kirche auch spirituelle Antworten finden.

Die Aktion wirkte auch verstörend.

Die Situation ist ja auch verstörend. Aber gerade dafür ist es ja wichtig, Formen zu finden. Verstörende Dinge nur zu vermeiden, können wir uns nicht leisten. Deshalb brauchen wir Formen, um damit umzugehen und handeln zu können. 

Was gibt es in Gemeinden noch?

Es gibt viele Initiativen: Zum Beispiel das Klimakanzelprojekt, bei dem man versucht, das Klimathema in den Gottesdienst einzubeziehen. In vielen Gemeinden ist die Klimakrise beispielsweise an Erntedank ein Thema. 

Was könnte auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz geschehen?

Es ist ein strukturelles Problem: Es fehlen starke bundesweite Stellen. Wir fordern schon lange eine Kompetenzstelle für Umwelt und Klima auf der Ebene der DBK. Die würde vor allem strukturschwachen Bistümern etwas bringen, weil man dann Dinge gemeinsam machen könnte und die kleineren Bistümer weniger eigenes Personal brauchen. 

Geht es beim Klimaschutz also eher auf Gemeindeebene voran?

Auch auf Diözesanebene. Es gibt einige, die wirklich viel tun oder mehr als noch vor ein paar Jahren. Aber viel langsamer, als es nötig wäre im Angesicht der Probleme. Es ist auch traurig, gerade weil aus dem Vatikan die Vorgaben sehr klar sind und das Klimathema nichts ist, wo es inhaltlich ein Problem gäbe. 

Sie meinen die Umweltenzyklika Laudato si’?

Ja, Laudato si’ und alle möglichen anderen Initiativen. Das ist ein Thema, das Konservative und Progressive in der Kirche gemeinsam mittragen können. Wir haben da einen Auftrag, wir haben auch eine Tradition, aus der wir auch schöpfen können.