Bernd Philippskötter, Krippen und Heavy Metal

 Krippen-Narr „mit Knall“

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Krippen haben es ihm angetan, und das seit frühester Jugend. Jedes Jahr öffnet Bernd Philippskötter seine Pappschachteln und baut mit Hunderten von Figuren ganze Landschaften auf – auch in Corona-Zeiten. Dann wird sein Haus zum Museum.


Tagsüber baut Bernd Philippskötter Särge, abends werkelt
er an seinen Krippen. Zu Weihnachten verwandelt sich
sein Haus in ein Museum.

Auf einer Anrichte im Flur liegt ein Jesuskind, aus Gips gegossen. Hausherr Bernd Philippskötter nimmt die 20 Zentimeter große Figur kurz in die Hand und bettet sie dann sanft in ihr dunkelrotes Samttuch zurück. „Der liegt das ganze Jahr hier“, sagt der rundliche 46-Jährige, den alle nur „Krippen-Bernd“ nennen. Ein gerahmtes Foto einer Weihnachtskrippe dominiert eine Wand im Wohnzimmer – auch dieses hängt ganzjährig über der rustikalen Sofa-Garnitur. In der Zeit vor Weihnachten jedoch verwandelt Philippskötter Jahr für Jahr das gesamte Innere seines Hauses mitten in Glandorf südlich von Osnabrück mehr und mehr in ein Krippenmuseum.

Alles selbst gebaut und modelliert

Aus Kartons holt der gelernte Tischler, der in einer Sargtischlerei arbeitet, dann Hunderte von Gipsfiguren heraus, die er über Jahrzehnte gesammelt hat. Manche messen nur zehn Zentimeter, andere sind bis zu einem Meter groß. Dutzende Marias, Josefs, Christkinder, Esel, Ochsen, Engel, Hirten und Könige sortiert er auf Tischen, Regalen und Fenstersimsen zu Weihnachtskrippen. Als Herbergen und Krippenlandschaften dienen Felsenhöhlen, moosbedeckte Innenhöfe, steinerne Häuser und Holzhütten – alles selbst gebaut und modelliert.

Über ein zwei Meter breites Side­board zieht sich eine Krippenlandschaft entlang eines alten Gemäuers mit Rundbögen und Felsvorsprüngen. Das Jesuskind liegt im Stroh, Maria kniet an seinem Kopfende, Josef stehend mit ernstem Gesicht, neugierig beäugt von Hirten, Ochs und Esel.

Zehn Krippen sind es dieses Jahr geworden – nur zehn, sagt er, wegen Corona: „Da kommt ja niemand, um sie sich anzusehen.“ 2019 hatte der Krippenfreund 16 aufgestellt und fast 300 Besucher durch seine Privaträume geführt.

Philippskötter besitzt aber noch mehr: Etwa 22 Krippen seien es derzeit, erzählt der Katholik. Einige werden in Kirchen oder Geschäften der Umgebung ausgestellt. Sein erstes Taschengeld gab er für eine Krippe aus: „Mein Vadder hatte auch schon so einen Knall“, sagt er mit leicht plattdeutschem Einschlag, rückt die Träger seiner Arbeitshose zurecht und zuckt grinsend mit den Achseln.
 


Aus einem Lindenstamm schnitzt „Krippen-Bernd“
einen Engel. Derweil dröhnt aus der Musikanlage Heavy Metal …

Der Höhepunkt seiner Ausstellung ist eine Krippenlandschaft, für die der Junggeselle mit Freunden aus dem Dorf die gute Stube komplett ausräumt. Auf rund 16 Quadratmetern gestaltet er sie jedes Jahr neu, mit immer wieder anderen Figuren. „Das ganze wird von 20 Bierkisten, 6 Holzbohlen und einem Wohnzimmertisch getragen“, erklärt „Krippen-Bernd“ und tätschelt einem Dromedar den Kopf.

Moos, Steine, Erde und verwitterte Äste

Die Rollläden sind heruntergelassen, vor dem Fenster und an den Wänden ranken sich Zypressenzweige bis unter die Zimmerdecke. Moos, Steine, verwitterte Äste und Erde bilden eine Lichtung. Im Hintergrund beherrscht eine Herberge aus ineinander verschlungenen Wurzeln die Szenerie. „Die haben wir aus mehreren Exemplaren zusammengeschraubt“, sagt der  Krippenbauer. Darunter, im Licht eines Scheinwerfers, blicken Maria und Josef ehrfürchtig auf ihr heiliges Kind, links und rechts hocken Engel im Moos. An den Seiten stehen Hirten und Könige.

Philippskötter liebt diese Gipsfiguren, die nach Holzmodellen teilweise berühmter Bildhauer gegossen sind. Er hält auf Ausstellungen und im Internet immer Ausschau nach seltenen, wertvollen Stücken. Für Kirchengemeinden und Privatpersonen schnitzt er auch selbst Figuren, am liebsten Engel, Jesuskinder und aus Baumstämmen sogenannte Krippenstelen nur mit Heiliger Familie und Engeln.

Eine solche Stele hat er auch jetzt wieder in Arbeit. Das Schnitzen wie auch den Krippenbau hat der Holzexperte sich selbst beigebracht. „Als Achtjähriger bekam ich das erste Werkzeug geschenkt. Damals wollte ich eigentlich Bildhauer werden.“ Mit ernstem Blick setzt „Krippen-Bernd“ das Eisen an den Lindenstamm und schlägt mit dem Klüpfel zu. Späne fliegen umher. Bald lässt sich ein Flügel erahnen. Als Untermalung hört er dabei Musik: Heavy Metal von AC/DC. Nicht gerade weihnachtlich …

Martina Schwager