Ausstellung zum ersten Patronatsfest in Leipzig
Künstlerinnen heben Schätze
Angelika Pohler mit ihrer Lichtskulptur und einem Labyrinth-Gemälde in der Leipziger Maria-Magdalena-Ausstellung. Foto: Dorothee Wanzek |
Heilige und Sünderin, Apostelin, Prostituierte, Frau in Gold und reichen Gewändern, erste Zeugin der Auferstehung, Frau unter dem Kreuz, Geliebte Jesu: die Reihe der Titel, die Maria Magdalena im Laufe der Jahrhunderte – zu recht oder zu unrecht – verliehen wurden, ist noch viel länger.
Die Leipziger Grafikerin Angelika Pohler hat in einer Ausstellung, die während der Sommerferien in der Leipziger St.-Laurentius-Kirche zu sehen ist, entlang der Seitenwände Drucke von Kunstwerken aufgereiht, die sich der bedeutenden Frau aus unterschiedlichen Blickrichtungen widmen. Werke bekannter Maler wie Fra Angelico, Matthi- as Grünewald, Cranach, Giotto oder Rembrandt sind darunter, aber auch Bilder weniger namhafter Künstler. Sie bilden, durchbrochen von Textimpulsen über Maria Magdalena, den Rahmen für die moderne Auseinandersetzung dreier Leipziger Künstlerinnen mit der Heiligen. Neben Angelika Pohler selbst haben Anna-Maria Kursawe und Kata Adamek eigene Magdalena-Bilder beigesteuert.
Eine vielschichtige Frau unserer Zeit
Die aus Polen stammende Kata Adamek hat ihre Magdalena-Darstellung unter das Bild eines thronenden Christus gestellt, beide Gemälde fallen durch eine reduzierte Bildsprache auf; das untere zeigt ein Frauengesicht, das sehr sparsam aus der Dunkelheit bricht. Anna-Maria Kursawe hingegen hat ein Porträt einer Frau unserer Zeit gemalt. Frisur und Kleidung unterstreichen, dass sie heutigen Zeitgenossen noch etwas zu sagen hat. Sie wollte Maria Magdalena vor allem als Hörende darstellen, erläuterte die Künstlerin bei der Ausstellungseröffnung am 22. Juli, dem Gedenktag der Heiligen. Angelika Pohler hat gleich zwei Werke beigesteuert. Ein Porträt verdeutlicht durch das Zusammenspiel verschiedender Farbschichten die Vielschichtigkeit dieser biblischen Figur – der spiegelnde Glasrahmen fügte durch Reflektionen der farbigen Glasfenster und der jeweiligen Betrachter noch weitere Schichten hinzu.
„Labyrinth der Jahrhunderte“ lautet der Titel eines Gemäldes, das die Grafikerin mit einer Magdalenen-Skulptur in Beziehung setzt. Mit dieser Skulptur bringt sie zum Ausdruck, was sie an Maria Magdalena gerade am meisten fasziniert: „Für mich steht diese Frau für die Kraft des Geistes.“ Eine schwere Marmorbüste hätte sie da für unpassend gehalten. Ihre Figur ist leicht, wehend und strahlt von innen heraus. Einige der Magdalena-Darstellungen hatte Angelika Pohler bereits zur Pfarreigründung im Dezember gezeigt. Sie gehört selbst nicht zur Pfarrei Maria Magdalena, ist aber als Gruppen-Sprecherin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) mit den Christinnen der gesamten Stadt verbunden. Die kfd ist Mitveranstalterin der Ausstellung, die im Anschluss an den Pfarreigottesdienst zum Patronatsfest eröffnet wurde.
Mutig für die erkannte Wahrheit einstehen
Pfarrer Michael Teubner zeigte sich dankbar für die Inspiration, sich weiterhin mit der neuen Pfarrpatronin auseinanderzu- setzen. „Wir haben noch vieles zu betrachten und viele Schätze zu heben“, kündigte er an. Er freue sich darüber, dass der Anstoß zur Wahl dieses Patroziniums nicht von Theologen, sondern mit breiter Unterstützung aus der Mitte der Gemeinden kam. „Was wissen wir – abseits aller Spekulationen – überhaupt sicher über Maria Magdalena?“, fragte er in seiner Predigt zum Patronatsfest. Auch wenn sie in der Bibel so häufig Erwähnung finde wie kaum eine andere Frau, seien die überlieferten Details doch eher dünn. Den Evangelien sei zu entnehmen, dass sie mit Jesus umherzog. Sie sei von „sieben Dämonen“ befreit worden, gehörte zu einer Gruppe von Frauen, die Jesus mit ihrem Vermögen unterstützte, war beim Einzug Jesu nach Jerusalem, bei seinem Kreuzweg und bei seinem Sterben anwesend. Als erste Zeugin der Auferstehung erhielt sie von Jesus den Auftrag, davon Zeugnis abzulegen.
Ob mit den vielfältig interpretierten „sieben Dämonen“ psychische Probleme, falsche Abhängigkeiten oder andere Erfahrungen von Leid und Einschränkungen gemeint seien, bleibe offen. Erkennbar sei, dass Maria Magdalena die Begegnung mit Jesus als befreiend erlebt hat und dass sie ihm, obwohl sie sich dadurch selbst in Gefahr brachte, bis zum bitteren Ende Liebe und Treue zeigte. Sie stand gegen alle Widerstände für das ein, was sie als wahr erkannt hatte. In ihrem mutigen Zeugnis für den Glauben und für die Liebe, die über den Tod siegt, könnte sie auch heute Vorbild und Kraftquelle sein, ganz besonders für Frauen, machte Michael Teubner deutlich. Jesus habe sehr wohl gewusst, dass damalige Frauen kein Recht hatten, Zeugnis abzulegen. Trotzdem habe er Magdalena beauftragt, gerade dies zu tun. Sie habe mit den Aposteln um das rechte Zeugnis des Evangeliums und um geschwisterliche Gemeinschaft in der entstehenden Kirche ringen müssen. Die Leipziger Pfarrei Maria Magdalena habe mit der Namenswahl nicht zuletzt zum Ausdruck gebracht, dass sie dazu beitragen will, dass Frauen heute in der Kirche einen angemessenen Platz bekommen.
Von Dorothee Wanzek