Darstellung des Herrn oder Mariä Lichtmess
Lichter in der Dunkelheit
Foto: Imago / AnastasiIa Smolienko
In der Kirche
Die Kerze erinnert an Jesus
Eigentlich heißt das Fest, das Katholikinnen und Katholiken am 2. Februar feiern, Darstellung des Herrn. Doch wirklich geläufig scheint dieser Name nicht zu sein. Fragt man die Gottesdienstbesucher, was da gefeiert wird, dann heißt es oft „Mariä Lichtmess“ oder „Lichtmess“.
Während der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil galt für viele kirchliche Feiertage: zurück zu den Ursprüngen! So wurde auch Mariä Lichtmess in seine ursprüngliche Bezeichnung Darstellung des Herrn umbenannt. Denn: Das Fest ist kein Marienfest, sondern ein Jesusfest. Und erst recht geht es nicht um die Reinigung Mariens. Diese biblische Episode, das jüdische Reinigungsopfer nach einer Geburt, hat mit christlicher Verkündigung wenig zu tun.
Obwohl Darstellung des Herrn ziemlich viel mit Weihnachten zu tun hat – es geht um den 40 Tage alten Säugling Jesus –, endet die Weihnachtszeit am Sonntag nach dem 6. Januar. Dann feiert die Kirche Taufe des Herrn, und Jesus empfing die Bußtaufe des Johannes bekanntlich als Erwachsener. In den folgenden Wochen werden in den Gottesdiensten entsprechend Evangelientexte von der Sammlung der Jünger, von Wundern und Heilungen vorgelesen. Zudem ist Darstellung des Herrn nicht das einzige weihnachtliche Fest außerhalb des Weihnachtsfestkreises. Auch an Verkündigung des Herrn am 25. März geht es um die Menschwerdung Gottes. Und dieses Fest liegt meist in der Fastenzeit.
Mit Licht, wie im alten Begriff Lichtmess enthalten, hat Darstellung des Herrn eine ganze Menge zu tun. Hier vermischen sich bäuerliche und kirchliche Traditionen und auch biblische Ereignisse kommen hinzu. Fester Bestandteil der kirchlichen Feier ist die Kerzenweihe. In manchen Gegenden bringen die Gläubigen ihren Kerzenvorrat für das ganze Jahr mit in die Kirche, um die Kerzen segnen zu lassen. Am Ende der Gottesdienste wird dazu noch der Blasiussegen gespendet. Der hat zwar mit Darstellung des Herrn nun gar nichts zu tun. Doch der Ritus mit den zwei überkreuzten brennenden Kerzen passt gut zum Lichterglanz dieses Tages. Außerdem liegt der Festtag des heiligen Blasius am 3. Februar, also in unmittelbarer Nähe.
Das Fest Darstellung des Herrn ist spätestens im 4. Jahrhundert in der Christenheit bekannt. Bereits seit dem 5. Jahrhundert soll das Fest mit Lichterprozessionen begangen worden sein. Die Legende erzählt, dass Mönche mit Kerzen von Betlehem nach Jerusalem gezogen sein sollen. Wo die Gläubigen heute noch mit brennenden Kerzen in ihr Gotteshaus einziehen, erinnern sie auch an Jesus, der von seinen Eltern Maria und Josef in den Tempel nach Jerusalem getragen worden ist. Dort erkennt der Greis Simeon in ihm den versprochenen Messias und lobt ihn als „Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel“.
Um Licht ging es aber auch immer schon im praktischen Sinn. Nach Weihnachten freuen sich die Menschen, dass es an Lichtmess schon eine Stunde mehr Tageslicht gibt, wie es eine Bauernregel sagt. Nach Lichtmess begann das Bauernjahr, je nach Witterung kann auf den Feldern oder in den Gärten schon etwas gearbeitet werden. An Lichtmess wird deshalb auch das Wetter beobachtet. Und Sonnenschein ist leider kein gutes Zeichen. „Wenn es aber stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit“, heißt eine Bauernregel. In Nordamerika wird am 2. Februar der Murmeltiertag wie ein Volksfest gefeiert. Murmeltiere werden aus ihrem Bau gelockt. Sieht man ihren Schatten? Scheint die Sonne? Dann kann es mit dem Winter noch ein paar Wochen dauern, sagt man. Am 2. Februar geht es also um beides – die Freude über mehr Tageslicht und wiedererwachendes Leben und über den neugeborenen Jesus, der verkündet, dass Gott an der Seite der Menschen steht.
Barbara Dreiling
Im Kloster
Die Kerze schenkt Hoffnung
Es ist noch dunkel, wenn sich die Ordensfrauen der Abtei Mariendonk am Niederrhein in der Früh zu der kleinen Lichterprozession sammeln. Mit Kerzen in den Händen ziehen sie durch den Kreuzgang in die Kirche hinein, um die heilige Messe zu feiern. Es ist der 2. Februar, das Fest Darstellung des Herrn. Schwester Felicitas genießt die besondere Atmosphäre an diesem Tag: die Kühle im Kreuzgang, den leisen Gesang der Psalmen, die Gesichter ihrer Mitschwestern, die nur von dem sanften Licht der Kerzen erhellt werden.
An diesem Morgen halten die Ordensfrauen dünne Kerzen in ihren Händen. Ihr Licht erinnert an Christus, der neues Licht in die Welt gebracht hat. Diese Kerzen haben die Schwestern für die Liturgie gekauft, andere stellen sie selbst in der klostereigenen Kerzengießerei her. Dass in Mariendonk die Ordensfrauen überhaupt noch selbst Kerzen produzieren, ist eine Besonderheit. Die meisten Klöster in Deutschland haben sich auf das Gestalten von gekauften Rohlingen spezialisiert. Denn viele Klöster in Deutschland müssten schauen, „welche Arbeitsbereiche sich noch rentieren und personell und finanziell zu schaffen sind“, sagt Schwester Felicitas. „Das Kerzengießen ist eine aufwendige Arbeit.“ Die Ordensfrauen von Mariendonk nehmen sich dafür aber gerne die Zeit.
Erst 2019 haben sie die Kerzengießerei für sich entdeckt. Damals übernahmen sie Material und Geräte von den Benediktinerinnen des Klosters Steinfeld, die diese Arbeit aufgegeben hatten, als sie nach Bonn zogen. „Schwester Anna und ich haben gerne zugesagt, die Werkstatt zu übernehmen. Ich finde, das Kerzengießen ist eine sehr schöne Arbeit, die gut zu einem Kloster passt“, sagt Schwester Felicitas. Es braucht dafür Kreativität, Zeit und eine ruhige Hand. „Unser Leben ist von Gebet und Arbeit geprägt. Da kommt manchmal das Handwerkliche, das Kreative, wo wir etwas schaffen können, zu kurz“, sagt sie. In Stille zu arbeiten, sei ein schöner Ausgleich zur Pflegearbeit für sie.
Schwester Anna, die hauptsächlich für die Kerzengießerei verantwortlich ist, entwickelt immer neue Möglichkeiten, dekorative Kerzen passend zur liturgischen Zeit herzustellen. Hauptsächlich nutzt sie dafür Wachsreste. Sie reinigt alte Kerzen und schneidet Rußpartikel und Farbreste heraus, die sonst auch in der neuen Kerze sichtbar wären. Dann erhitzt sie das Wachs und gießt es flüssig in Silikonformen, in denen bereits ein Docht hängt. „So können wir aus Kerzenresten etwas Neues schaffen“, sagt Schwester Felicitas.
Außerdem fertigen die Schwestern Kerzen aus Bienenwachs, das sie zukaufen. „Die sind natürlich noch hochwertiger“, sagt Schwester Felicitas. Der Kreativität sind beim Gießen keine Grenzen gesetzt: Neben Stumpenkerzen in unterschiedlichen Formen und Farben stellen die Schwestern zum Beispiel auch verschiedene Engelfiguren aus Wachs her. Zur Weihnachtszeit gibt es Kerzen mit der Krippenszene oder Sternen und auch Weihnachtsbaumanhänger aus Bienenwachs. „Das ganze Jahr über sind unsere Kerzen in Rosenform sehr beliebt“, sagt Schwester Felicitas. Die Kerzen werden im Klosterladen und über den Onlineshop verkauft.
Beim Anblick der Kerzen für den 2. Februar denkt Schwester Felicitas auch an Simeon, den Greis, der Maria, Josef und Jesus im Tempel trifft. „Simeon sagt: Nun lässt du deinen Knecht in Frieden scheiden. Meine Augen haben das Heil gesehen. Das ist auch ein Ausblick für uns: Auch wir dürfen ein Stück weit das Heil erfahren. Wir wissen: Christus ist da“, sagt Schwester Felicitas. Und sie denkt an Hanna: „Sie diente Gott im Tempel Tag und Nacht mit Beten und Fasten. Was heißt das für uns? Wir als Ordensfrauen, aber auch jeder Christ sollte sich fragen: Wie kann ich in meinem Leben Gott dienen? Wo kann ich ihm begegnen?“
Und noch eines wird Schwester Felicitas dort bewusst: die Dunkelheit. „Nicht nur die Dunkelheit an einem Wintermorgen, auch die Dunkelheit, die uns in unserem Leben umgibt“, sagt sie. Dann schaut sie auf das Licht in ihren Händen: „Da ist diese kleine Flamme. Auch wenn sie flackert, wenn sie droht zu erlöschen, schenkt sie Hoffnung. Sie ist etwas Lebendiges und erhellt die Dunkelheit.“ Das bezieht sie auch auf ihren Glauben: „Das Licht einer Kerze hat etwas Geheimnisvolles. Es zeigt uns, dass etwas da ist, was wir noch nicht kennen, aber auf das wir in unserem Glauben fest vertrauen dürfen.“
Kerstin Ostendorf
In der Manufaktur
Die Kerze hilft bei Wut und Trauer
Die Wochen bis Ostern gehören für Johannes Becker-Flügel zu den stressigsten Zeiten des Jahres: Über 3500 Osterkerzen stellen die 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kerzenmanufaktur Flügel in Montabaur dann her. „Die Zeit vor Ostern ist die größte Herausforderung für einen Hersteller von Kirchenkerzen“, sagt Becker-Flügel. Alle Kerzen sind handverziert, alle Wachsauflagen, jeder Goldstreifen zur Zierde wird einzeln geschnitten und auf den Osterkerzen angebracht. Elemente wie die Symbole für Alpha und Omega werden von Hand in Formen gegossen.
„Es ist nicht so, dass es eine Maschine gibt, aus der hinten die fertige Osterkerze herauskommt“, sagt Becker-Flügel. Vielmehr stellt das Unternehmen alle Einzelteile selbst her. „Dann braucht es ein gutes Auge und künstlerisches Geschick, um die Motive immer gleich auf der Kerze anzubringen“, sagt er. „Das Schwierige ist, die Motive gerade auf die runde Kerze zu setzen, so dass immer die Flucht passt.“
Becker-Flügel weiß, wovon er spricht. Aufgewachsen ist er zwischen den Wachsbottichen der Firma. Schon als Kind half er dort mit und lernte von Grund auf, wie eine Kerze entsteht. Heute leitet er die Kerzenmanufaktur, die bereits seit 1792 auch für kirchliche Kunden produziert. „Ein Familienunternehmen in siebter Generation zu führen – das ist eine hohe Verantwortung. Gegenüber der Familie und gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denen ich einen sicheren Arbeitsplatz gewährleisten will“, sagt Becker-Flügel. Pro Jahr stellt die Manufaktur allein 500 000 bis 600 000 Kerzen für Pfarrgemeinden, Bistümer und Orden her.
In der Manufaktur entsteht die Kerze im Zugverfahren: Ein Docht wird durch eine Wanne mit flüssigem Wachs gezogen, erkaltet kurz, wird erneut eingetaucht. Bei jedem Durchgang wächst die Kerze so um einen Millimeter. Wichtig ist die Zusammensetzung der Produkte, denn das Zweite Vatikanische Konzil hat festgelegt, dass Altarkerzen zu mindestens zehn Prozent aus Bienenwachs bestehen sollen. Neben Altarkerzen produziert das Unternehmen Opferlichter sowie Kerzen zur Taufe, Erstkommunion, Hochzeit oder für Trauerfeiern.
„Die Kerze hat in dieser schnelllebigen und krisengeschüttelten Zeit nicht an Symbolkraft verloren. Sie ist den Leuten wichtiger denn je“, sagt Becker-Flügel. Das zeigen die vielen Opferlichter, die in Kirchen entzündet werden. Und das spürte der Unternehmer, als vor fast zwei Jahren Russland die Ukraine angriff. Viele Gemeinden wünschten sich damals besonders gestaltete Kerzen für Friedensgebete. „Wir konnten das mit unserer Grafik im Haus schnell umsetzen und so vielen Menschen helfen, ihre Trauer, ihre Wut und ihre Hoffnung mit dem Licht auszudrücken“, sagt Becker-Flügel.
In den Gesprächen mit Kunden merkt er, dass es für die Menschen wichtiger wird, individuelle Kerzen zu kaufen. Zum Beispiel wünschten sich Kirchengemeinden, die zusammengelegt worden sind, Kerzen mit dem Logo der neu gegründeten Pfarrei. „Das symbolisiert den Zusammenhalt der Kirchengemeinden untereinander“, sagt Becker-Flügel. Oft gehe es nicht mehr darum, nur eine Kerze zum Verbrennen zu kaufen: „Die Botschaft darauf ist wichtig.“ Zu Weihnachten etwa hat sein Unternehmen eine Serie mit den Worten „Hoffnung, Liebe, Freude, Weihnacht“ herausgebracht. Solche Worte oder kurze Sätze könnten „dem Käufer selbst oder dem Beschenkten Hoffnung geben“, sagt Becker-Flügel.
Er selbst ist oft ganz ergriffen, wenn er in eine Kirche geht, die nur von Kerzenlicht erleuchtet wird. „Das ist für mich ein besonderes Highlight“, sagt er. Besonders zu Ostern, wenn in das dunkle Gotteshaus das Licht der Osterkerze getragen werde. Oder auch zu Mariä Lichtmess. „Wenn die Kerzen gesegnet werden und die Gläubigen auch persönliche Kerzen segnen lassen – das sind besondere Momente für mich“, sagt Becker-Flügel. „Da hat das Licht einen besonderen Wert.“
Kerstin Ostendorf