Maria zieht auch mit um
Die Katholiken von Heikendorf können nach der Schließung von Stella Maris in der evangelisch-lutherischen Kirche ihre Gottesdienste feiern.
Wenn nach 56 Jahren am Aschermittwoch (20. Februar) um 17 Uhr der letzte Gottesdienst in der katholischen Kirche Stella Maris in Heikendorf gefeiert wird, ist das für viele Gemeindemitglieder ein bitterer Moment. Doch es gibt eine Perspektive für die Gemeinde, denn sie kann ihre Gottesdienste künftig in der Kirche der örtlichen evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde feiern – etwa 500 Meter entfernt von Stella Maris. Hausherr Pastor Joachim Thieme-Hachmann sowie Propst Dr. Thomas Benner von der katholischen Pfarrei Franz von Assisi und Pröpstin Almut Witt vom Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Altholstein stellten die Pläne jetzt der Öffentlichkeit vor.
Propst Benner erläuterte die Gründe, die zur Schließung der Kirche führten: Die Kieler Pfarrei habe zu wenig Geld, die Zahl der Gläubigen gehe zurück und es fehle an Geistlichen für zehn Kirchstandorte. „Das sind die Gründe, warum wir uns von fünf Standorten trennen müssen“, sagte Benner.
Das Erzbistum Hamburg hatte zum Jahresanfang eine Immobilienreform auf den Weg gebracht. Doch die Gremien der Pfarrei Franz von Assisi hatten sich bereits vor Jahren Gedanken gemacht und sich auf einen Fahrplan verständigt. Als er vor zwei Jahren nach Kiel gekommen sei, habe er einen entsprechenden Beschluss des Kirchenvorstands vorgefunden, so Benner.
„Die Kieler Pfarrei ist schon frühzeitig in den Prozess einer Immobilienreform eingestiegen, den die meisten Pfarreien jetzt erst beginnen. Die Anfang des Jahres durch Erzbischof Heße gesetzlich festgelegte Vermögens- und Immobilienreform gilt selbstverständlich auch für die Pfarrei Franz von Assisi. Sie wird jetzt zügig ihr gesamtes pfarreiliches Immobilienkonzept mit einer pastoralen Perspektive erarbeiten und dem Erzbischof vorlegen. Als Generalvikariat stehen wir in enger Verbindung mit den Verantwortlichen in der Pfarrei für die weitere Umsetzung“, teilte Generalvikar Ansgar Thim dazu mit.
„Ich bin dankbar dafür, dass wir hier vor Ort bleiben dürfen“, sagte Propst Benner. Und: „Für mich ist es ein Umzug. Die Alternative wäre ein Wegzug gewesen.“ Dies soll auch formal am Aschermittwoch zum Ausdruck kommen: Der Gottesdienst beginnt in Stella Maris im Beisein der evangelischen Gemeinde und wird nach einer Prozession durch den Ort in deren Kirche fortgesetzt.
Pastor Thieme-Hachmann sagte, er erinnere sich noch gut an das erste Gespräch mit dem Propst. „Ich habe damals spontan Ja gesagt“, wobei es natürlich Sache des Kirchengemeinderats gewesen sei, die Entscheidung zu treffen. Doch auch der habe „schnell und grundsätzlich zugestimmt“. Zwar habe man sich über mögliche Reibungsmomente Gedanken gemacht, „aber wir haben gesagt, es gibt gar keine Alternative dazu, weil wir diese gute Vorgeschichte haben“, so der Pastor. Nach dem Krieg mussten beide Gemeinden ihre Gottesdienste noch in einer Schule feiern, bis 1955 die evangelische Kirche gebaut wurde, die dann durch die katholische Gemeinde mitgenutzt wurde, bis schließlich 1964 mit Stella Maris ein eigenes Gotteshaus zur Verfügung stand. Übrigens darf die katholische Gemeinde ihre Marienstatue mitbringen, die ihren Platz dort bekommen soll, wo Kerzen angezündet werden.
Pröpstin Almut Witt sieht die Kooperation ebenfalls positiv. Es gehe darum, „aus der Not eine Tugend zu machen“, sagte sie. „Was beide Seiten mitbringen, ist der gemeinsame Grund. Darauf können wir gut aufbauen. Und an den Unterschieden wachsen und lernen wir voneinander.“
Formal gibt es einen Kooperationsvertrag, der ein Nutzungsrecht der Katholiken für die Kirche am Samstagabend vorsieht, was der bisherigen Vorabendmesse um 18 Uhr entspricht. Weitere Nutzungen sollen nach Absprache möglich sein, wobei ein Kooperationsausschuss beider Gemeinden Terminfragen und gemeinsame Veranstaltungen besprechen wird. Auch zahlt die katholische Pfarrei ein Nutzungsentgelt für Heizkosten etc.
„Ich kann unsere Leute hier verstehen“
Für die Katholikin Regina Lux (86), die schon seit Jahren im Chor der evangelischen Gemeinde mitsingt, ist der Umzug „irgendwie bitter“, doch sie sieht die Notwendigkeit. Karin Rockstein (64) vom „Gemeindeteam Ostufer“ meint: „Ich kann unsere Leute hier verstehen, dass es ihnen schwerfällt.“ Aber weiterhin in Heikendorf katholische Gottesdienste in einer Kirche feiern zu können, das sei „ein Glücksfall“. Zwar fürchte sie, dass einige der Gemeinde wohl den Rücken kehren werden. Barbara Engmann aus der gastgebenden Gemeinde freut sich auf die christlichen Geschwister: „In den 40 Jahren, in denen ich dabei bin, machen wir schon immer ökumenische Arbeit, feiern schon immer Gottesdienste zusammen. Insofern ist das so folgerichtig wie nur irgendwas.“
Text: nkz