Rund 8000 gibt’s im Bistum Hildesheim
Mehr als Weihrauch und Kerzenhalter
Sie schwenken das Weihrauchfass, klingeln bei der Wandlung, assistieren dem Priester, tragen Kerzen oder das Vortragekreuz – aus dem Gottesdienst sind die Ministranten nicht wegzudenken.
Im Jahr 2015 wurden in allen deutschen Diözesen die Ministranten gezählt, die im Gegensatz zu anderen Jugendgruppen nicht verbandlich organisiert sind. Nach der Auswertung der im Bistum Hildesheim verschickten Fragebögen kam man zu dem Ergebnis, dass knapp 8000 Ministrantinnen und Ministranten ihren Dienst in den Gemeinden des Bistums versehen. Insgesamt sind es mehr Mädchen (54 Prozent), als Jungen (46 Prozent).
Interessant ist auch die Altersstruktur. Über 50 Prozent der Ministranten sind zwischen 9 und 13 Jahre alt, fast 40 Prozent zwischen 14 und 18 Jahre und 9 Prozent sind älter als 19 Jahre.
Ministranten gibt es in allen Gemeinden. Doch längst sind nicht alle auf Gemeindeebene organisiert, sondern oft an ihren Kirchort gebunden. Viele sind aber zumindest informativ auf Pfarreiebene vernetzt.
Aktiv sind fast alle Gruppen. Das Spektrum reicht von regelmäßigen, zum Teil wöchentlichen Gruppenstunden (fast 60 Prozent). Darüber hinaus gibt es Tagesausflüge, Ferienfreizeiten oder Aktionen wie Ministrantentage in den Pfarrgemeinden. Und aus vielen Gemeinden nehmen etliche Ministrantinnen und Ministranten gern an Großveranstaltungen wie Dekanatsministrantentage, Ministrantenwallfahrten oder Romfahrten teil. Jahr für Jahr kommen allein zur Chrisammesse im Hildesheimer Dom zwischen 250 und 300 Ministranten und viele von ihnen übernehmen in diesem Gottesdienst kleine oder auch größere Aufgaben.
Informationen rund um die Ministrantenarbeit gibt es bei der Ministrantenpastoral des Bistums: www.jugend-bistum-hildesheim.de/ministrantenpastoral. Hier werden auch zahlreiche Kurse und Veranstaltungen rund um die Ministrantenarbeit angeboten bis hin zur Jugendleiterausbildung.
Edmund Deppe
Knigge für Ministranten
- Pünktlichkeit ist wichtig. 15 Minuten vor Beginn eines Gottesdienstes – so die Faustregel und wenn keine anderen Zeitvorgaben gemacht werden – sollten Ministranten in der Sakristei sein. Dann ist genügend Zeit, um sich für den Gottesdienst vorzubereiten und noch mit den anderen zu quatschen.
- Wer sich in den Messdienerplan einträgt oder für einen Dienst eingeteilt ist, sollte dies ernst nehmen und nicht einfach blau machen. Es kann aber immer mal vorkommen, dass jemand verhindert ist. Dann heißt es nach einem verlässlichen Ersatz suchen. Wenn dies erfolglos ist, sollte man sich schnellstmöglich beim Ministrantenleiter, der Küsterin oder dem Pfarrer abmelden.
- Im Sommer sollte man sich nicht zu warm anziehen, aber im Winter frieren, das muss auch nicht sein. Aber immer daran denken, dass das Messdienergewand noch über die eigene Kleidung passt. Kapuzenpullis wirken unter dem Gewand wie ein Buckel – lieber darauf verzichten. Generell gilt, dass man beim Ministrieren ein Gewand mit der richtigen Größe anzieht. Zu kurz sieht meist komisch aus und zu lang birgt eine erhöhte Stolpergefahr. Bei sommerlichen Temperaturen sind Sandalen erlaubt, Flip-Flops dagegen sind ein „No-Go“.
- Stehen, knien, sitzen – während der Messfeier sollte man immer konzentriert und ruhig sein, nicht nervös hin und her trippeln, oder auf dem Stuhl hängen wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Man muss aber nicht krampfhaft gerade sitzen, sondern eine Körperhaltung einnehmen, die ordentlich aussieht und in der man sich wohlfühlt.
- Handys müssen bei Jugendlichen anscheinend immer dabei sein. Peinlich, wenn während des Gottesdienstes das Handy klingelt oder ein aktueller Popsong durch den Altarraum fetzt. Also das Handy lautlos stellen oder am besten gleich in der Sakristei lassen.
- Wem es nicht gut geht – weil ihm vielleicht vom Weihrauch schlecht geworden ist oder er zu lange beim Leuchterdienst in die Flamme geschaut hat – sollte ruhig in die Sakristei gehen oder die Kirche direkt verlassen. Ein paar tiefe Atemzüge an der frischen Luft und gleich geht es einem wieder viel besser.
- Witze haben während der Predigt nichts zu suchen, außer der Pfarrer erzählt sie. Für Witze und anderen Tratsch ist vor und nach dem Gottesdienst genügend Zeit. Kurzes „dienstliches“ Zuflüstern ist dageben erlaubt.
- Sollte einmal etwas schieflaufen, halb so schlimm. Ruhe bewahren, so tun, als ob nichts gewesen ist, und improvisieren. Die Einzigen, die es bemerken und sich vielleicht wundern, sind die anderen Ministranten, der Küster und der Pfarrer. (ed)
„Mitten drin, statt nur dabei“
Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere am Ministrantendienst?
Erst einmal, dass ich als Kind nicht still in der Bank sitzen muss, sondern näher am Geschehen dran bin: Mitten drin, statt nur dabei. Dann kommt das Gefühl dazu, dass ich gebraucht werde und zu einer Gemeinschaft dazu gehöre.
Gab es Ministranten eigentlich schon immer oder ab wann hat sich dieser Dienst entwickelt?
Ministranten gibt es ungefähr seit dem 8. Jahrhundert. Damals allerdings nur Jungs, die selber mal Priester werden wollten. Erst im 20. Jahrhundert kam es zu dem Dienst, den wir heute als Messdiener kennen. Das II. Vaticanum hat dann die Ministranten als einen Laiendienst aufgewertet. Und schließlich, ganz offiziell, wurden 1994 Mädchen als Messdienerinnen zugelassen.
Früher sah die klassische „Mini-Karriere“ fast immer so aus: Erstkommunion, Aufnahme in die Messdienerschar, Nebendiener, Hauptdiener, Weihrauch und dann vielleicht selbst Gruppenleiter. Gibt es diesen Werdegang immer noch oder wie sieht der Dienst heute aus?
Es ist noch sehr ähnlich. Die meisten Kinder starten ihre „Mini-Karriere“ nach der Erstkommunion, vereinzelt sogar schon davor. Allerdings erlebe ich nicht mehr so stark die Unterteilung in die verschiedenen Dienste in Verbindung mit dem Dienstalter. Klar, einige Dienste, wie Weihrauch oder Kreuz tragen, setzen ein Stück weit eine Körperlänge und Kraft voraus.
Wenn man in die Gemeinden unseres Bistums schaut, kommen und gehen Kinder- und Jugendgruppen, doch die Ministranten bleiben. Ist das noch immer so oder kriselt es auch bei den Minis?
Dem Trend des Rückgangs können sich auch die Ministranten nicht entziehen. Auf den ersten Blick scheint es noch überall Minis zu geben. Was in den städtischen und katholisch geprägten Kirchorten auch noch der Fall ist, sieht in den weitläufigen Gebieten und kleineren Kirchorten schon anders aus. Das beste Beispiel habe ich in meiner eigenen Pfarrgemeinde: In Stade haben wir noch eine ganze Reihe an Minis, in den kleineren Orten Bremervörde und Hemmoor sind es nur noch Einzelne.
Was dagegen immer noch hoch im Kurs steht, ist die Ausbildung zum Jugendgruppenleiter. Unsere Kurse, die wir von der Ministrantenpastoral anbieten sind noch jedes Jahr voll.
Was macht den Minis heute am meisten zu schaffen?
Ich glaube da muss man unterscheiden: Die wöchentliche Gruppenstunde, die gibt es zunehmend weniger. Das liegt an der hohen schulischen Belastung und der wenigen Freizeit. Zum anderen sind wir ein „Anbieter“ neben vielen anderen und die Kinder und Jugendlichen legen sich weniger fest, als ich es noch aus meiner aktiven Ministrantenzeit kenne. Hinzu kommt dann vielleicht noch der Beginn des Gottesdienstes am Sonntag – 9 Uhr ist ja noch mitten in der Nacht.
Woran liegt es, dass inzwischen die Mädchen die größere Anzahl der Ministranten im Bistum stellen?
Die Kirche hat in den letzten Jahrzehnten ein deutlich sichtbares weibliches Gesicht bekommen, nicht nur bei den Minis und das ist gut! Mal davon abgesehen, dass die Mädchen erst Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre überhaupt in den Altarraum gelassen wurden, waren Frauen in der Kirche oft nur im Hintergrund aktiv. Das hat sich, Gott sei Dank, gewandelt. Ich bin mir sicher, dass Mädchen und Frauen eine andere Sicht und Eigenschaften mitbringen, die wir Männer nicht beziehungsweise nicht so ausgeprägt haben. Es ist daher wünschenswert, dass sich diese Entwicklung, die an der Basis, auch bei den Ministrantinnen, begonnen hat, in manchen Ordinariaten schon in Führungspositionen sichtbar wird, sich auch noch weiter durchsetzt.
Wie wichtig sind für die Mädchen und Jungen, die Woche für Woche ihren Dienst am Altar versehen, Gemeinschaftserlebnisse von gemeinsamen Gruppenstunden – wenn es die denn noch gibt –, über die Chrisammesse bis hin zur norddeutschen Ministrantenwallfahrt oder jetzt zur internationalen Romwallfahrt der Ministranten?
Diese Gemeinschaftserlebnisse sind das Salz in der Suppe. Ich höre immer wieder von älteren Minis, dass sie noch so lange weitermachen, bis sie mit nach Rom können, weil sie vielleicht beim letzten Mal grade noch an der Altersgrenze vorbeigeschrammt sind. Ob Chrisammesse, Nordwestdeutsche Miniwallfahrt oder jetzt die Romwallfahrt – das hat alles Event-Charakter und liegt damit weiterhin im Trend. Die Kinder und Jugendlichen, die sich heute noch in Kirche engagieren, müssen sich im Alltag dafür rechtfertigen gegenüber Gleichaltrigen oder erzählen es erst gar nicht.
Da tut es gut, wenn man sieht, hey ich bin nicht allein als Mini und in Kirche unterwegs. Da gibt es noch viele viele andere, die auch diesen Dienst tun. Und dabei dann noch in eine Stadt wie Rom zu kommen, macht nicht nur Spaß sondern lässt mich auch im Glauben wachsen.
Interview: Edmund Deppe