Stele im Elisabeth-Gymnasium Halle erinnert an Carl Lampert
Mensch bleiben und werden
Lampert-Stele im Foyer des Elisabeth-Gymnasiums in Halle. Foto: Elisabeth-Gymnasium Halle |
„Die Stele sollte im Frühjahr eingeweiht werden, damit die Klasse, die die Idee hatte, das noch in ihrer Schulzeit miterleben kann“, sagt Michael Mingenbach. Doch wegen der Pandemie wurde daraus nichts. Nun sollte die Einweihung am 13. November im Rahmen der Elisabeth-Woche stattfinden, so der Schulleiter des Elisabeth-Gymnasiums in Halle. Aber auch jetzt machte Corona einen Strich durch die Rechnung.
Jährliche Projektwoche zu Carl Lampert
Aufgestellt wurde die Gedenkstele für den im Zuchthaus Roter Ochse in Halle 1944 hingerichteten Geistlichen Carl Lampert bereits im Frühjahr. Die Anregung dafür war vor gut drei Jahren aus der damaligen Klasse 9a/10a gekommen. Die Schüler nahmen an einer Lampert-Projektwoche teil, wie sie seit 2012 jedes Jahr im Elisabeth-Gymnasium angeboten wird. „Sie schlugen vor, im Schulhaus ein Denk-Mal aufzustellen, das auf Lampert, seine Geschichte und sein Denken als Christ und katholischer Priester aufmerksam macht“, sagt Schulleiter Mingenbach. „Gemeinsam mit den Projektpartnern im ,Roten Ochsen‘ und der Pfarrei Carl Lampert haben die verantwortlichen beiden Klassenlehrer und ich nach einer Möglichkeit zur Umsetzung dieser Schüler-Idee gesucht und sie gefunden.“
„Als Carl Lampert am 13. November 2011 in Dornbirn, wo er seine erste Stelle als Kaplan hatte, selig gesprochen wurde, übergab Kardinal Angelo Amato die Seligsprechungsurkunde Jugendlichen des Bistums Feldkirch“, erzählt Pfarrer Magnus Koschig von der Pfarrei Carl Lampert in Halle. „Auf der Rückfahrt aus Österreich beschäftigte den Leiter der Gedenkstätte Roter Ochse, Michael Viebig, und mich besonders eine Frage: Wie kann es gelingen, das Orientierungs- und Kraftpotenzial eines solchen Gedenkens vor allem Jugendlichen nahe zu bringen?“ Daraus sei die Idee erwachsen, neben dem jährlichen Gedenken an der Hinrichtungsstätte eine Projektarbeit ins Leben zu rufen, so Koschig.
2012 kam es dann zur Partnerschaft zwischen der Gedenkstätte, dem Elisabeth-Gymnasium und der Pfarrei. Seitdem findet die Projektwoche mit Schülern statt. „Anliegen ist es, den Jugendlichen die historische, pädagogische und religiöse Dimension des Martyriums Carl Lamperts zu erschließen“, sagt Pfarrer Koschig. Ein Satz aus den Briefen Carl Lamperts diene dabei als Hintergrundfolie: „Dass Menschen wieder Menschen werden.“ Er ist auch auf der Stele zu finden. „Denn zu allen Zeiten steht die Gefahr im Raum, dass das Menschsein, die Mitmenschlichkeit auf der Strecke bleiben“, sagt Pfarrer Koschig.
Während des Projekts sind die Jugendlichen drei Tage lang in der Gedenkstätte im Zuchthaus „Roter Ochse“ und setzen sich mit Carl Lampert und dem gesamten Umfeld auseinander. Die Schwerpunkte legen die Schüler am ersten Tag fest. Die Klasse vor drei Jahren beschäftige die Fragen: Warum gedenken wir des Verstorbenen? Welches Gedenken ist sinnvoll? In diesem Jahr ging es um Briefe, die Lampert und andere hinterlassen haben. Was sagen die Briefe über diese Menschen? Was ist von ihnen für heute zu lernen?
Provikar Carl Lampert, Fotomontage mit Drahtkreuz, 1964. Foto: Archiv der Diözese Feldkirch |
Pfarrer Koschig und Gedenkstättenleiter Viebig begleiten die Schüler während der Projekttage, stellen ihnen Material bereit, beantworten Fragen, helfen, betroffen Machendes zu deuten. Im Vorfeld werden mit den Klassenlehrern Ideen zusammengetragen, die den Auftakt bestimmen.Nach den Projekttagen gibt es dann noch eine Zusammenkunft, um mit der jeweiligen Klasse die Gedenkfeier im Roten Ochsen am 13. November zur Hinrichtungszeit um 16 Uhr vorzubereiten.
Eine Verbindung für die, die an Lampert erinnern
Die Lampert-Stele für das Gymnasium hat der Leipziger Bildhauer Sebastian Pless geschaffen. Er entwickelte den Gedanken der Schüler zu einem Entwurf weiter und diskutierte ihn mit der Gruppe. Im Herbst 2019 ging Pless an die Arbeit. Zuvor war aus Vorarlberg, der Heimat Lamperts, vom dortigen Freundeskreis „Carl Lampert“ der Rohstoff für die Holzpartien des Werkes zugeliefert worden. Dahinter stand die Idee der Schüler, über das Material eine Verbindung zwischen Geburts- und Todesort und den Menschen, die an Lampert erinnern, zu schaffen. Dies ist im oberen Teil der Stele künstlerisch geschehen. In der Mitte hat der Künstler eine Art Raum angedeutet: Zelle? Altarraum? Für Lampert war die heilige Kommunion sehr wichtig. In dem „Raum“ findet sich auch die Nachbildung eines Kreuzes, wie er es sich in der Zelle aus Bindfaden und Draht gebastelt hatte. Unten ist Lampert mit der Zeile „... dass Menschen wieder Menschen werden“ zitiert. Die Stele steht auf rohen Doppel-T-Stahlträgern.
Mehr Infos: www.gedenkstaette-halle.sachsen-anhalt.de; www.elg-halle.de; www.pfarrei-carl-lampert.de
Von Eckhard Pohl