Strasburger Kirche wird 110 Jahre alt
Menschen für Kirche neu interessieren
Innen ist die Kirche von Strasburg schlicht gehalten. Fotos: Anja Goritzka |
„Ich mag den Begriff ‚Sympathisanten‘“, meint Maria Bexten. Die Katholikin arbeitet als Religionslehrerin an der Grundschule in Strasburg. Auch wenn vor der Pandemie nur 15 bis 30 Menschen sonntags zur heiligen Messe in die Strasburger Kirche „Heilige Familie“ kamen, so könne man doch immer wieder mit Veranstaltungen für Interessierte, eben Sympathisanten, punkten. So wie letztes Jahr zum Nikolaustag. „Da war die Kirche voll“, versichert sie, denn gerade die Familien mit ihren Kindern aus dem konfessionell-kooperativen Religionsunterricht kämen gerne. 55 Kinder besuchen an der Grundschule den Religionsunterricht. „Die meisten wissen nur etwas über Religion von ihren Großeltern. Sie sind offen, haben Fragen, wollen was lernen und kommen eben auch gerne zu solchen Veranstaltungen“, ist Maria Bexten überzeugt. So eine volle Kirche wünsche sie sich wieder, wenn es mit dem Virus ruhiger würde. Schließlich werde das Gebäude an Pfingsten schon 110 Jahre alt.
Die Kirche Zur Heiligen Familie ist eine neoromanische Saalkirche. |
Erst 15 Jahre nach Weihe kam ein Geistlicher
Als Filialkirche zu Pasewalk gehörend, wurde die Kirche am 17. Mai 1910 feierlich geweiht. Direkt danach fand die erste Firmung seit der Reformation statt. Damals lebten rund 300 Katholiken in Strasburg. Hinzu kamen gut 2000 Saisonarbeiter auf den Gütern rund um die Stadt. Dennoch erhielt die kleine Kirche erst 1925 einen eigenen Geistlichen.
Nach den Weltkriegen wurde es um die Katholiken am südlichsten Zipfel von Vorpommern wieder ruhiger. Dennoch erhält die Kirche 1955 neue Glocken. Zum 50-jährigen Bestehen erfolgte im Innenraum eine Umgestaltung. 1961 empfangen 51 Gläubige das Sakrament der Firmung durch Weihbischof Alfred Bengsch. Ab 1982 wurde die Gemeinde von Pasewalk mitverwaltet. Aktiv waren die Gemeindemitglieder dennoch: Sie engagieren sich im ökumenischen Kirchenchor und in Jugendgruppen.
Vor zehn Jahren wurden bei einer Begehung der Kirche erhebliche Mängel sichtbar. Eine Sanierung war dringend notwendig. „Also stellten wir die Anträge und sanierten unsere Kirche mit viel Eigeninitiative“, erzählt Maria Bexten heute. Zudem entstand ein außergewöhnlicher Raum: In einem Seitenschiff gibt es einen Gemeinderaum mit Küchenzeile, vom Kirchenraum abgetrennt durch eine Glaswand. Der kleine Raum kann sogar als Winterkirche genutzt werden, was für ein katholisches Gebäude doch ungewöhnlich ist. Die Sanierungen im Jahr 2000 sorgten auch für Aufmerksamkeit bei den Bürgern der Stadt. „Viele kamen vorbei und fragten, ob sie sich unsere Kirche doch mal von innen ansehen dürften“, berichtet das Gemeindemitglied.
Geschlossene Türen in der Krise
Heute ist das fast unmöglich, denn die Kirche hatte in der schwierigsten Corona-Phase nicht mal zum Gebet geöffnet. „Das war wirklich schade. Andere Kirchgemeinden haben das gemacht“, so Maria Bexten. In der zukünftigen Pfarrei Johannes Paul II ganz im Osten des Erzbistums Berlin, die von Ueckermünde, Hoppenwalde und Viereck bis nach Pasewalk, Strasburg und Löcknitz reicht, fanden sich für die Türenöffnung nicht genügend Sympathisanten.
Auch an Pfingsten wird der 110-jährige Geburtstag der kleinen Kirche am Strasburger Stadtrand nicht festlich begangen. Maria Bexten hofft dann auf den 111. Geburtstag im nächsten Jahr und darauf, dass Interessierte mit ihr zusammen den Gedanken der Sympathisanten aufgreifen. „Es geht einfach darum, die Leute zu begeistern und für die Kirche neu zu interessieren“, ist sie überzeugt.
Von Anja Goritzka