900 Jahre Prämonstratenser: Sonderausstellung in Magdeburg

Mit Bibel und Spaten

Image
Im 900. Gründungsjahr der Prämonstratenser wird es 2021 eine große Sonderausstellung in Magdeburg geben. 1129 siedelte Norbert von Xanten dort eine Niederlassung der in Prémontré gegründeten Gemeinschaft an.

Die ursprüngliche Grablege des heiligen Norbert von Xanten im Chorraum der Kirche Unser lieben Frauen in Magdeburg wurde in den letzten Jahren würdig zu einem Gedenkort gestaltet. Die Kirche selbst ist seit Jahrzehnten Konzerthalle.    Foto: Eckhard Pohl

 

1991, kurz nach der Friedlichen Revolution, kam mit Dr. Clemens Dölken ein Prämonstratenser nach Magdeburg und knüpfte damit an sehr alte Geschichte an: 1129, acht Jahre nach Entstehen der Chorherrengemeinschaft im französischen Prémontré, hatte deren Gründer Norbert von Xanten das Kollegiatstift Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg in ein Prämonstratenserstift umgewandelt. Er selbst war von 1126 bis 1134 Erzbischof von Magdeburg. Rund 500 Jahre später, 1632, verließen die Ordensleute in den Wirren nach der Reformation jedoch endgültig die Stadt – bis zum Jahr 1991.
Seit 1996 ist die Magdeburger Niederlassung der Chorherren, wie sie offiziell heißen, abhängiges Priorat der Abtei Hamborn. Derzeit leben vier Prämonstratenser in der Elbestadt. Neben vielen seelsorglichen und weiteren Aufgaben möchten sie am Ort wieder ein Kloster etablieren.
Um so mehr freut sich Pater Clemens, seit Jahren Prior der Magdeburger Gemeinschaft, darauf, dass anlässlich des 900. Gründungsjahres des Prämonstratenser-Ordens in der Bischofsstadt eine Sonderausstellung stattfinden wird. Die vom 10. September 2021 bis 9. Januar 2022 geplante Schau soll unter der Überschrift „Mit Bibel und Spaten. 900 Jahre Prämonstratenser-Orden“ stehen und im Kulturhistorischen Museum gezeigt werden, wie auch das Museum bereits ankündigt.
Erste Ideen dafür gab es bereits 2012, berichtet Pater Clemens. Damals hielten sich Vertreter des Landes Sachsen-Anhalt in Prag auf, wo der heilige Norbert seit 1626 im Prämonstratenser-Kloster Strahov bestattet ist. Und es entstand die Idee, gemeinsam mit Prag eine entsprechende Ausstellung auf den Weg zu bringen und dabei auch die Europäische Union und ihre Anliegen mit in den Blick zu nehmen. Daraus sei schließlich das Projekt der Sonderschau geworden, die nun nacheinander im Museum Abtei Park in Löwen/Brüssel (Mai bis Juli 2021), in Magdeburg und im Kloster Strahov in Prag (März bis Mai 2022) zu sehen sein wird.

Peter Paul Rubens: Der heilige Norbert besiegt den Ketzer Tanchelm (1622/23, Öl auf Leinwand). Mit dem Bild wird für die Ausstellung geworben.    Foto: wikimedia

Prämonstratenser wirkten erfolgreich
Wie die Zisterzienser gehören die Prämonstratenser zu den Reformorden des hohen Mittelalters, welche durch ihr Wirken die Geschichte und die Landschaft vieler Regionen und Orte nachhaltig prägten. Der aus einer adligen Familie stammende Norbert von Xanten (*um 1082, †6. Juni 1134, heilig 1582) hatte seine beachtliche geistliche Karriere abgebrochen, um ein bescheidenes Leben als Prediger zu führen, so Pater Clemens. „1120 gründete er mit einigen Gleichgesinnten ein Kloster in Prémontré, aus dem zu Weihnachten 1121 unser heute weltweit tätiger Prämonstratenser-Orden hervorging.“ Auch andere Adlige stiegen aus ihrem privilegierten Leben aus und suchten nach erfüllenden Aufgaben als Seelsorger und Prediger. „So gründeten bereits 1122 die Grafenbrüder von Cappenberg das gleichnamige Kloster als erste Prämonstratenser-Niederlassung auf dem Boden des heutigen Deutschland.“
1126 wurde Norbert Erzbischofs von Magdeburg. „Dieser Wechsel vom Wanderprediger zum geistlichen Fürsten war bei seinen Anhängern durchaus umstritten“, so Dölken. Trotzdem entwickelte sich Magdeburg zu einem Zentralort des Ordens und zum Mittelpunkt des sächsischen Verwaltungsgebiets der Prämonstratenser. Der Orden hatte immensen Erfolg, gründete Hunderte Niederlassungen und ist heute auf allen Kontinenten präsent.
„Der Ordensgründer Norbert von Xanten ist eine faszinierende Gestalt von großer Aktualität, weil er – wie so viele Menschen heute – ganz grundsätzlich und radikal über Lebenskonzepte in der Gemeinschaft nachgedacht und diese auch umgesetzt hat“, sagt die Direktorin der Magdeburger Museen und Leiterin des Kulturhistorischen Museums, Gabriele Köster. „Als Erzbischof von Magdeburg brachte er seine Ideen und seinen Orden in die Stadt und in die Region. Die Ausstellung wird die große Bedeutung der Prämonstratenser für die Landesgeschichte in Kontext der allgemeinen Entwicklung des Ordens bis zu dessen Wiederansiedlung in Magdeburg 1991 und Planungen für ein neues Konventsgebäude in der Stadt heute darstellen.“
Historische Zeugnisse, herausragende Kunstwerke vom Mittelalter bis in die Neuzeit und mediale Präsentationen sollen in der Ausstellung das kulturelle, geistige und wirtschaftliche Wirken des Ordens illustrieren.

Vielfältige Aktivitäten im Jubiläumsjahr geplant
Die Ausstellung soll zudem weitere Angebote im Jubiläumsjahr miteinander verbinden. So gibt es seit 2018 im einstigen Prämonstratenser-Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg an der ursprünglichen Grablege des heiligen Norbert einen würdigen Gedenkort. In der Altstadt entsteht zudem ein neues kirchliches Zentrum mit dem Neubau eines Prämonstratenser-Konventsgebäudes in den so genannten Ökumenischen Höfen.
Mit dem kulturtouristischen Korrespondenzort-Projekt „Das Erbe der Prämonstratenser“ sollen vielfältige Aktivitäten und Angebote ausgesuchter ehemaliger Prämonstratenser-Niederlassungen in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein miteinander verbunden werden.
Vom 30. September bis 2. Oktober diesen Jahres soll es in Kooperation mit dem Kulturhistorischen Museum Magdeburg eine wissenschaftlicher Tagung zur Ausstellung geben.

Mehr: www.khm-magdeburg.de

Von Eckhard Pohl