Kindergarten-Erzieherinnen auf zweitägiger Fortbildung

Mit der eigenen Person dabei

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Christliche und ungetaufte Erzieherinnen aus Aschersleben und Staßfurt dachten bei einer zweitägigen Fortbildung über eine qualitativ gute Glaubensvermittlung in ihren katholischen Kindertagesstätten nach.

Die Erzieherinnen Silke Hoff, Pia Latzke, Annett König, Referentin Marita Magnucki und Professor Matthias Hugoth. | Foto: Eckhard Pohl

„Entscheidend ist, wie wir die Kinder mit ihrer Welt einbeziehen, wie wir auf sie in unserer religionspädagogischen Arbeit eingehen“, sagt Matthias Hugoth. Gerade hat der Erziehungswissenschaftler den in Staßfurt versammelten 20 Kita-Erzieherinnen – auch ein Erzieher ist dabei – den Kurzfilm „Rúbaí“ gezeigt. Das Mädchen Rúbaí weigert sich, zur Erstkommunion zu gehen. Sie hat sehr viel für ihren kranken Vater gebetet, aber der Vater ist trotzdem gestorben. In ihrem kindlichen Trotz orientiert sie sich nun am Darwinismus, wie er ihr in einem Buch begegnet ist, sammelt zum Beispiel Regenwürmer für das Grab, damit der Vater schneller zu Erde wird und wieder neues Leben daraus hervorgehen kann. Als sie sich auf die Erstkommunion vorbereiten soll, behauptet sie, Atheistin zu sein. Lehrer und Pfarrer sind keine guten Pädagogen und Seelsorger und überfordert. Und auch ihre Mutter geht nicht wirklich auf sie ein, bis sie ihr Kind im Erstkommunionkleid am Grab des Vaters findet und zu verstehen beginnt.
„Lehrer und Priester sind weit weg davon, sich in Rúbaí hineinzuversetzen“, sind sich die Erzieherinnen und der Professor aus Freiburg schnell einig. „Die Arbeit beider ist qualitativ schlecht“, spielt Hugoth auf das Thema „Qualität“ bei der Glaubensvermittlung an.
Der Theologe, Erziehungs- und Sozialwissenschaftler Hugoth und Marita Magnucki, Referentin für Kindertageseinrichtungen beim Diözesan-Cariatasverband, stellen den Erzieherinnen bei dieser zweitägigen Fortbildung das im Bistum entwickelte „QM-Handbuch Religion“ vor und reflektieren mit den Erzieherinnen deren persönliche Situation im Zusammenhang mit der religiösen Erziehung der ihnen anvertrauten Kinder. Das „QM-Handbuch Religion“ soll den Kita-Teams in Sachen Qualitätsmanagement (QM) bei der Glaubensvermittlung Hilfe sein, nicht zuletzt dort, wo es Fragen gibt und wo ein Teil der Erzieherinnen keiner Kirche angehören. Marita Magnucki betont, Erzieherinnen im Bistum hätten von sich aus das Anliegen gehabt, ihre eigene Sprachfähigkeit bei religiösen Themen und hinsichtlich des eigenen Glaubens  zu stärken, was zur Erarbeitung des QM-Handbuchs und zu entsprechenden Fortbildungsangeboten geführt habe. Auch die in Staßfurt versammelten Kita-Teams von Aschersleben und Staßfurt haben von sich aus um die Fortbildung gebeten.
 
Mit eigener Position auf die Kinder eingehen
„Es reicht nicht aus, wenn die Kinder im Kita-Alltag Religiöses nur erleben, in dem sie Feste feiern, Gottesdienste besuchen und ähnliches“, sagt Hugoth: „Die Kinder haben Fragen über das persönliche Erleben hinaus, sie stellen Widersprüche fest. Darauf gilt es einzugehen.“ Bei der Vermittlung religiöser Aspekte in der Kita müsse die Erzieherin stets im Blick behalten: „Wie stehe ich zu dem Kind? Aber auch: Wie stehe ich zu den vermittelten Inhalten?“, erläutert Hugoth: „Wie Sie zur Kirche und zum Glauben stehen und wo Sie sich vielleicht weiterentwickeln können, müssen Sie selbst entscheiden. Sie sind aber immer als Person mit dabei.“
Für Hugoth und die Verantwortlichen im Bistum sind „auch die konfessionsunabhängigen pädagogischen Fachkräfte Mitakteure der religionspädagogischen Arbeit“. Inzwischen ein Drittel der rund 300 Erzieherinnen in Kitas im Bistum sind nach Angaben von Magnucki konfessionslos. Der Anteil der konfessionslosen Mädchen und Jungen in den Kitas liegt wesentlich höher. „Religionspädagogik muss heute – und dies nicht nur in Ostdeutschland – pluralitätsfähig sein“, betont Hugoth. „Die Verschiedenheit, Gewichtung von Religion darf bei Erziehern und Kindern zum Zuge kommen.“
„Wir sind als getaufte wie nicht getaufte Kolleginnen neugierig“, sagt Fortbildungsteilnehmerin Pia Latzke (24) aus der Kita in Aschersleben. Zum Beispiel sei es auch als Christin nicht so einfach, den Kindern die Schöpfungsgeschichte nahezubringen, so die junge Katholikin. „Wir tauschen uns im Team über solche Fragen aus. Das ist manchmal erfrischend. Und eine Chance für uns und für die Kinder.“
„Wir fühlen uns beide in unserer Einrichtung pudelwohl“, betont Erzieherin Annett König (37) auch im Namen ihrer Kollegin Silke Hoff (47). Beide Erzieherinnen sind im Kinderhaus St. Martin in Staßfurt tätig, beide sind nicht getauft. „Ich erlebe die Kirche in meiner Arbeit überhaupt nicht ,eingestaubt‘, wie ich mal gedacht habe, sondern total offen“, sagt König. „Wir können uns frei auf unsere Aufgaben einlassen.“ Silke Hoff fügt hinzu: „Entscheidend ist, wie einem etwas nahegebracht wird. Es macht eben den Unterschied, ob man von den Kollegen mitgenommen wird, auch in Fragen der Vermittlung des Glaubens. Wir sind dabei als Nichtchristen oft genauso gespannt wie unsere Kitakinder.“ König: „Wenn man etwas nicht weiß, kann man ja die Kolleginnen fragen.“ Hoff: „Ich schätze die Herzlichkeit in unserem Team. Das macht mich auch in Fragen der Glaubensvermittlung wissbegierig.“
König und Hoff nehmen derzeit auch an einem in Magdeburg angebotenen Kurs „Religionspädagogik für Einsteigerinnen“ teil. Er wird wie alle diese Fortbildungen zum Thema Glaube und Religion vom Bonifatiuswerk finanziell unterstützt. Hoff: „Der Kurs ist ausgebucht. Es gibt viele Kolleginnen, die zum Beispiel mehr über die Bibel wissen wollen.“
Für Magnucki ist der Geist, die Atmosphäre der katholischen Kitas wichige Voraussetzung dafür, offen miteinander umzugehen, eine entsprechende Spiritualität anzunehmen und zu leben und so die eigene Persönlichkeit auch unter religiösen Aspekten weiterzuentwickeln.
 
Als Christen Gesprächspartner sein
„Es geht um die Erweiterung der Reflexionsfähigkeit im Blick auf den eigenen Glauben und im Bereich der religiösen Bildungsarbeit, um die Vertiefung des Verständnisses religiöser Bildung“, sagt Professor Hugoth. Dem solle auch die zweitägige Fortbildung und das „QM-Handbuch“ dienen.
Für Hugoth hat „das Christentum dort Zukunftschancen, wo sich Christen und ihre Kirche für suchende, fragende Menschen als glaubwürdige und kompetente Ansprechpartner erweisen. Es hat dort Zukunftschancen, wo Lebens- und Wirkräume bestehen, in denen sich Christen und Nichtchristen motiviert sehen, zusammenzuarbeiten, und denen es ermöglicht wird, neue Erfahrungen zu machen – miteinander und mit dem Geist, der Spiritualität, die jeden bestimmt.“ Es gebe „keine andere Diözese, die die Thematik so ernsthaft aufgegriffen hat wie das Bistum Magdeburg“, so der Professor.
 
Von Eckhard Pohl