"Tag der Begegnung" in Dresden für Menschen mit Behinderung

Mittendrin dabei

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Menschen mit Behinderungen wollen Gemeinden mitgestalten, aber oft hapert es schon an einem barrierefreien Zugang zu Kirchengebäuden. Ein „Tag der Begegnung“ in Dresden machte Mut, Kirche offener zu gestalten.


Sandy Riedel tanzt mit Sascha zur Musik der Band Paradiso.    Foto: Lydia Döring

Aus dem Gemeinderaum in der Bernhardstraße in Dresden schallt fröhlich beschwingte Musik. Der Raum ist voll, das Publikum gut gelaunt, wippt, klatscht und tanzt und die Band Paradiso spielt ihren Song „Schiffe versenken“. Paradiso ist eine Band bestehend aus behinderten Menschen, die aus einem Projekt verschiedener Förderschulen in Pirna vor inzwischen mehr als zehn Jahren entstand. Heute sind die Bandmitglieder Freunde und zu den verschiedensten Gigs unterwegs. So wie heute in der Pfarrei.

Fragen, was Betroffene sich wünschen
Der „Arbeitskreis Menschen mit Behinderungen in unseren Gemeinden“ lädt an diesem 18. September zu einem Tag der Begegnung ein. „Wir wünschen uns, Kirche so zu verändern, dass sie den Menschen auf Augenhöhe begegnet“, drückt es Jadwiga Günther aus. Die Gemeindereferentin der Pfarrei Selige Märtyrer vom Münchner Platz in Dresden hat den Arbeitskreis innerhalb des Bistums Dresden-Meißen ins Leben gerufen. Sie selbst brachte zu Beginn ihrer Tätigkeit Erfahrung mit inklusiven Begegnungen im internationalen Kontext mit und hat auf dem Herzen, dieses Thema in den Gemeinden sichtbar zu machen: „Auch Familien mit behinderten Kindern sollen in die Kirche kommen und sich dort wohl fühlen.“ Bisher gebe es keinen flächendeckenden Kontakt mit Menschen mit Behinderungen. Ein nächster Schritt könne daher sein, in Austausch zu kommen und Betroffene und Angehörige zu fragen, was sie brauchen und was sie sich wünschen und damit an der Offenheit innerhalb der Gemeinden zu arbeiten.
Dazu haben die Initiatoren der Veranstaltung Stellwände vorbereitet, auf denen die Gäste ihre Gedanken zu Papier bringen. Dort ist zu lesen, dass barrierefreie Zugänge in Kirchenräume nötig seien. Und es wird deutlich, dass Menschen mit Behinderungen sehr wohl aktiv das kirchliche Leben mitgestalten möchten.

Inklusion ist eine innere Haltung
An der Seite des Pfarrsaals sind Tische aufgebaut, an denen sich verschiedene Vereine und Initiativen vorstellen, so zum Beispiel das Christliche Sozialwerk, das Deutsche katholische Blindenwerk, der Verein Anna+Sascha oder Verso, eine Agentur, die sich mit barrierefreier Kommunikation beschäftigt. Juliane Heidelberger von Verso wünscht sich, dass das Bistum sich für Menschen mit Beeinträchtigung öffnet und sie in ihre Mitte nimmt. Ein erster Schritt war dabei, den Pfarrbrief in einfacher, verständlicher Sprache zu verfassen.
„Inklusion ist eine innere Haltung“, bringt es Katja Seifert auf den Punkt. Sie hat vor 20 Jahren ihren Sohn Sascha mit Down-Syndrom aus Sankt Petersburg adoptiert und den Verein Anna+ Sascha gegründet. „Wir wollen mittendrin sein und nicht in Sondergruppen“, sagt sie und bezieht sich auf die Beschulung von Kindern mit Förderbedarf und die Schwierigkeit dieser, in den ersten Arbeitsmarkt zu finden. Daher stellt sie die Mindestanforderung an kirchliche Einrichtungen, Kinder gemeinsam aufwachsen zu lassen.

Das Wollfadengeflecht symoblisiert: „Wir sind verbunden.“     Foto: Lydia Döring

Den Nachmittag beschließt ein Gottesdienst, der von einem inklusiven Chor musikalisch ausgestaltet wird. Sascha dirigiert gefühlvoll und mit beinah zärtlichen Gesten das Eingangsstück. Dompfarrer Büchner bezieht alle Gottesdienstbesucher ein, indem er Wollknäuel verteilt und die Fäden vor dem Altar mit einem Knoten anschließend verbindet – als Zeichen für die Unterschiedlichkeit der Menschen, die dennoch alle miteinander verbunden sind. Jadwiga Günther freut sich, dass an diesem Tag viele verschiedene Interessierte gekommen sind: Menschen mit Beeinträchtigung und ohne, mit und ohne religiösen Hintergrund – eine wahrhaft inklusive Veranstaltung.

Infos zum Arbeitskreis via E-Mail: jadwiga.guenther@bddmei.de.

Von Lydia Döring