Wie Flüchtlingshilfe heute aussehen kann.

„Nein, nein, bitte auf Deutsch!“

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Nach dem großen Flüchtlingsstrom, der 2015 viele Helfer mobilisierte, hat sich die Lage überall deutlich entspannt. Die Flüchtlingskrise ist kein Thema mehr. Doch die Flüchtlinge sind immer noch da. Und die Unterstützung auch.  Ein Beispiel für erfolgreiche Integrationsprojekte in Hamburg. 

Flüchtlingspaar mit ehrenamtlichen Helfern
Malak Alhaffar (l.) und ihr Mann Tarek Alhajjar (r.) haben über Soraya und André von Ehren eine Wohnung gefunden.  Foto: Karin Istel

Bei strahlendem Sonnenschein spielen die Kinder auf dem Kirchhof von St. Bernard in Poppenbüttel, einige Jugendliche jonglieren mit bunten Bällen. Am Rande stehen Männer und Frauen locker in Grüppchen zusammen, unterhalten sich und genießen die Sonne. Im Gemeindesaal herrscht Betriebsamkeit: Dort bauen Frauen ein internationales Büfett auf, Helfer stellen die letzten Tassen und Teller auf die eingedeckten Tische. Es ist kurz nach 15.30 Uhr, das Café St.
Bernard ist bereits im vollen Gange.

„Mixi, kannst Du mal kommen? Ich habe eine Frage.“ Im Gemeindesaal blickt sich eine Frau suchend nach Margarete Mix um, die hier kurz „Mixi“ genannt wird. „Komme!“, ruft diese zurück und macht sich flotten Schrittes auf den Weg zur Küche. Margarete Mix zögerte vor zweieinhalb Jahren nicht lange und rief gemeinsam mit Anette Bethge das Flüchtlingscafé ins Leben. „Es war die Zeit, als viele Flüchtlinge kamen. Wir haben uns gesagt: Jetzt fangen wir einfach mal an. Noch heute sind viele Geflüchtete aus den Anfangstagen des Cafés dabei“, erzählt die engagierte Frau. Seitdem besuchen regelmäßig Familien mit Fluchthintergrund das Café. Sie kommen aus den drei Unterkünften Poppenbüttler Weg, Lademannbogen und Fiersbarg. 

„Wir haben uns mit Händen und Füßen unterhalten“

Heute schallt ein fröhliches Stimmengewirr aus Deutsch durch den Raum und über den Hof. Anfangs jedoch war die Verständigung nicht gerade leicht. „Wir haben uns mit Händen und Füßen unterhalten“, erinnert sich Anette Bethge. „Wollten wir uns auf Englisch verständigen, wurden wir von den Geflüchteten immer gebeten: nein, nein, bitte auf Deutsch“, ergänzt Margarete Mix.

Der Treff wird gut angenommen. Das Café, das einmal im Monat stattfindet, besuchen über 100 Menschen aus Poppenbüttel, „darunter bis zu 70 Geflüchtete“, so Mix. Doch im Café sitzt man nicht nur zusammen und klönt. „Wir sind ein Info- und Hilfszentrum“, erklärt Mix. „Die meisten Geflüchteten stammen aus Syrien, wenige auch aus dem Irak. Eine Familie kommt aus Nigeria. Helfer kümmern sich um die Leute und versuchen Unterstützung zu geben, wo es nur geht.“ 

Wie bei Kommunikationsingenieur Osama. „Ich bin seit zweieinhalb Jahren in Deutschland. Über das Café bekam ich ein Praktikum. Das ist leider schon vorbei. Jetzt besuche ich einen Deutschkurs“, sagt der Syrer, der gerne in seinem erlernten Beruf in Deutschland arbeiten möchte. „Wir kümmern uns um Praktikumsplätze, damit deutlich wird, dass die Geflüchteten sich bemühen, integriert zu werden“, so Mix. „Und drei Arbeitsplätze haben wir schon in Aussicht.“

Eine Wohnung hat Osama für seine Frau und das sieben Monate alte Baby auch über das Café gefunden. Wie Tarek Alhajjar und seine Frau Malak Alhaffar. Sie sind seit zwei Jahren in Deutschland, sprechen aber noch nicht so gut Deutsch. „Es sind gebildete Menschen, doch die Sprache ist eine Barriere. Leute, die nicht so gut Deutsch sprechen, finden nur schwer eine Wohnung“, weiß Soraya von Ehren und vermietete gemeinsam mit ihrem Mann André eine Wohnung an das Ehepaar. „Wir helfen, wo immer wir können“, bekräftigt Café-Organisatorin Bethge. „Dazu liegen Listen aus. Wer etwas braucht, trägt sich ein.“ 

Im Café werden nicht nur Probleme gelöst, es geht auch fröhlich zu. Wenn Mohammed die Tambura spielt, wird gesungen und getanzt. Helferin Christine Birgfeld bastelt mit der vierjährigen Lilan Perlenarmbänder oder hilft ihr beim Einpflanzen von Blumen. „Ich bin von Anfang an mit dabei“, sagt die ehemalige stellvertretende Schulleiterin. „Ich möchte den Geflüchteten das Gefühl geben, dass sie angekommen sind“, so die 79-Jährige. Dass dies gelingt, erfährt Anette Bethge. „Eigentlich sind wir eine große Familie“, freut sie sich über den Erfolg des Cafés.

Das nächste reguläre Café St. Bernard findet am 18. August von 15 bis 17.30 Uhr in St. Bernard, Langenstücken 40, statt.
Kontakt: cafe.st.bernard@web.de

Text: Karin Istel