Dreikönigssingen im Haus St. Vincenz des Eichsfeld-Klinikums

Nie ohne Kamel

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Seit Mitte der 1950er Jahre ist das Dreikönigssingen im Haus St. Vincenz des Eichsfeld-Klinikums Tradition. Damit ist es sogar älter als die bundesweite Sternsingeraktion des Kindermissionswerkes.

Rudi Peter beim Dreikönigssingen 2019 als Kamelführer.    Foto: Christine Bose

Wenn Rudi Peter, Leiter des Bildungsinstituts am Eichsfeld-Klinikum, erwähnt, er sei gelegentlich  ehrenamtlich als Kamelführer tätig, sind ihm erstaunte Blicke gewiss. Erklärungsbedarf besteht allerdings nur bei allen, die die dortige Tradition des Dreikönigssingens um den 6. Januar herum nicht kennen. Da ziehen die Heiligen Drei Könige samt ihrem Gefolge – Auszubildende, Pädagogen und der Klinikseelsorger – singend und musizierend von Station zu Station, um den Patienten Freude zu bringen. Als Sternträger ist immer ein „Mitarbeiter-Kind“ dabei. Und auch ein Kamel gehört dazu. Plakate informieren, für welchen sozialen Zweck das Geld bestimmt ist, das sie als Spende erbitten – von Patienten, Besuchern und Mitarbeitern. Seit 2014 unterstützen sie den Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Eichsfeld/Unstrut-Hainich Kreis – 2018 beispielsweise mit 660 Euro.
Rudi Peters berufliche Laufbahn begann 1977 im katholischen St. Vincenz-Krankenhaus, wo er die Pflege berufsbegleitend erlernte. 1990 wechselte er in die Krankenpflegeschule und absolvierte berufsbegleitend ein Studium zum Diplommedizinpädagogen an der Martin-Luther-Universität Halle/Saale. Seit 2002 leitet Rudi Peter die Krankenpflegeschule (heute: Bildungsinstitut) am Eichsfeld-Klinikum. Nicht ohne Stolz kann er von sich sagen, seit 1977 in der Gruppe dabei gewesen zu sein, wenn die drei Weisen aus dem Morgenland unterwegs waren. In seinen Anfangsjahren, als junger Mann, war er selbst einmal „unter dem Kamel“. Seit seiner Tätigkeit in der Schule begleitet er die Karawane.
Rudi Peter: „Die Tradition in unserem Haus ist sogar älter als die bundesweite Sternsingeraktion des Kindermissionswerkes.“ Mitte der 1950er Jahre hatte Schwester M. Odila die Leitung der 1932 von Paderborner Vinzentinerinnen gegründeten Schule übernommen. Sie war noch im Amt, als Rudi Peters Ausbildung begann. Ihren Schülern wollte sie nicht nur medizinisches Fachwissen, sondern auch christliche Werte vermitteln; sie führte an der Schule und damit für das Krankenhaus mit Schülern gestaltete Höhepunkte aus dem Kirchenjahr ein. Das Martinssingen am 11. November und das Nikolaussingen am 6. Dezember gehören heute immer noch dazu so wie das Dreikönigssingen. Und die Ordensfrau sorgte auch für den Einsatz einer Kamel-Figur. Zwei junge Männer befinden sich unter der Verkleidung. Nach der Hälfte der „Klinikrunde“ werden sie abgelöst, denn sie kommen ordentlich ins Schwitzen. Die größte Schwierigkeit: Sie sehen nicht, wohin sie laufen, und sind auf die präzisen Anweisungen ihres Führers angewiesen. Diese Rolle übernimmt Rudi Peter heute immer noch sehr gern.
Jahrzehntelang tat der „Original-Kamelkopf“ gute Dienste. Weil er schließlich doch zu abgenutzt und außerdem sehr schwer war, wurde der hölzerne Kopf 1990 durch einen Kopf aus Pappmaché ersetzt. Klinik-Handwerker haben 2018 in ihrer Werkstatt dem Kamel eine Renovierung angedeihen lassen. Die Kostüme entstanden zu DDR-Zeiten in der Nähstube des Krankenhauses. Inzwischen können sich ganze Schülergenerationen an die wohlgemeinten Ermahnungen erinnern: „Geht pfleglich mit Kamel und Kleidung um.“
Rudi Peter freut sich darüber, dass sogar Eltern mit ihren Kindern und Großeltern mit ihren Enkeln ins Haus St. Vincenz kommen und als Teil der Karawane über die Flure mitlaufen und spenden, weil sie das Dreikönigssingen als eine besonders schöne Tradition empfinden.

Von Christine Bose