Erfahrungen des Pfarreileitungsteams in Bad Liebenwerda

Pioniere am Rand des Bistums

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In der Pfarrei St. Franziskus Bad Liebenwerda ging vor fast acht Jahren das erste Leitungsteam im Bistum an den Start. Wir haben Mitglieder gefragt, wie Pfarreileitung im Team klappt und was sie künftigen Teams raten.

Bischof Gerhard Feige beauftragte am 11. Januar 2015 Pfarrsekretär Andreas Könitz, Gemeindereferentin Silvia Marx, PGR-Vorsitzenden Thomas Hilbrich, Kirchenvorstand Reinhard Neupert und Pater Alois Andelfinger CMF als Priester mit der Leitung der Pfarrei St. Franziskus Bad Liebenwerda.    Foto: Eckhard Pohl

 

„Ohne Leitungsteam würde unsere am nordöstlichen Rand des Bistums gelegene Pfarrei heute durch den Pfarrer einer Nachbarpfarrei mit ,versorgt‘. Das wäre aber allenfalls eine Notversorgung“, sagt Pfarrer Stephan Werner. In Bad Liebenwerda und einer Reihe anderer Pfarreien des Bistums laute die Frage längst nicht mehr: Welcher Pfarrer kann die Leitungsaufgaben übernehmen? Es gebe schlichtweg zu wenige Priester, die Führungskompetenz für eine Pfarrei so großen Zuschnitts mitbrächten.
Stephan Werner trägt zwar den persönlichen Titel Pfarrer, hat im Leitungsteam der Pfarrei St. Franziskus in Liebenwerda aber die Rolle eines moderierenden Priesters. Vor anderthalb Jahren hat er in dieser Funktion den Claretinerpater Alois Andelfinger abgelöst. Der hatte seine Aufgabe von Anfang an nicht darin gesehen, eine Pfarrei zu leiten. Vielmehr wollte er das seit der Jahrtausendwende entstehende geistliche Zentrum in den Mauern des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters Mühlberg am Südwestrrand des Pfarreigebiets stärken. „Er wurde nicht müde zu wiederholen: Ich bin hier nicht der Pfarrer“, erinnert sich Andreas Könitz, der als Pfarrsekretär seit Beginn zum Leitungsteam gehört.

Andreas Könitz, Pfarrer Stephan Werner und Silvia Bätz (von oben) gehören zum Fünferteam, das die Pfarrei St. Franziskus Bad Liebenwerda leitet.

„Nach wie vor gibt es bei uns in der großen Pfarrei viele, die sich Pfarreileitung ohne Pfarrer nicht vorstellen können“, sagt Silvia Bätz, die seit vergangenem Sommer als Nachrückerin das Fünferteam komplettiert. Widerstand schlägt der allein erziehenden Mutter dennoch nicht entgegen. Sie fühlt sich nicht nur vom Team, sondern auch von den Gemeinden akzeptiert. Mit ihr ist Stephan Werner dazugestoßen. Er wohnt im Pfarrhaus von Bad Liebenwerda. Thomas Hilbrich und Reinhard Neupert, Vorsitzende des Pfarreirats und des Kirchenvorstands, waren schon dabei, als Bischof Gerhard Feige das Gründungsteam am 11. Januar 2015 feierlich beauftragt hat.
Den Anstoß für die Gründung des Leitungsteams hatte Pfarrer Heinz Werner gegeben, der hier trotz Krankheit bis 2015 als Pfarrer wirkte. „Für die Hälfte meiner Aufgaben bräuchte es eigentlich keinen Priester“, hatte er der Bistumsleitung in Magdeburg deutlich gemacht.

Mit gebündelter Kompetenz überzeugen
Ein Einzelner könne für eine flächenmäßig so große Pfarrei wie Bad Liebenwerda gar nicht die erforderliche Orts- und Sachkompetenz haben, meint Stephan Werner. Für ein Team spricht in seinen Augen vor allem, dass hier eine Vielzahl von Kompetenzen zusammen kommen, etwa die wirtschaftlichen Fähigkeiten von Thomas Hilbrich als selbstständiger Unternehmer oder die Familienkompetenz von Silvia Bätz. Das ehrenamtliche Engagement stoße dabei durchaus an Grenzen, meint er. „Wie in anderen Bereichen der Gesellschaft lastet auch in der Kirche vieles auf den Schultern der wenigen, die sich engagieren“, nimmt er wahr.
Er selbst findet es nicht ganz einfach, seine neue Rolle als Priester so wahrzunehmen wie er es gerne möchte. „Ich wohne im Pfarrhaus und arbeite in Vollzeit für die Pfarrei. Gerade in Bad Liebenwerda werde ich deshalb oft als derjenige gesehen, den man um Erlaubnis fragen muss“, berichtet er. Er freut sich, in die Aktivitäten der Gemeinde einbezogen zu werden, macht aber immer wieder deutlich, dass er nicht das Sagen hat.
Die Zusammenarbeit im Leitungsteam funktioniere gut, schätzt er ein. Einmal im Monat kommen die Teammitglieder zusammen, Dringendes klären sie bei Bedarf auch zwischendurch. Ausdrücklich habe man sich nach der Beauftragung Zeit genommen, zusammenzufinden und gemeinsam Weichen zu stellen, weiß Andreas Könitz zu berichten. Im Bewusstsein sei damals auch die Gefahr gewesen, dass „viele kleine Pfarrer nachwachsen, wenn der Pfarrer nicht mehr da ist.“ Durch gute Kommunikation sei es gelungen, die Katholiken, die gerne als Bestimmer auftreten, „mit ins Boot zu holen“, sagt der Pfarrsekretär. Dass Wertschätzung für Laien in der Pfarrei Tradition habe, sieht er als förderlich. Deutlich werde das zum Beispiel daran, dass es sechs Gottesdienstbeauftragte gebe, die auch regelmäßig zum Einsatz kommen.

„Alle Beteiligten sollten freiwillig dabei sein“
Eine Gefahr der Leitung im Team sieht Stephan Werner darin, dass die Mitglieder sich gegeneinander ausspielen lassen, sagt er. Da sei es wichtig, offen miteinander zu reden. Gerade in Konflikten sei es hilfreich, dass Zuständigkeiten möglichst klar zugeordnet seien. Das gelte auch für die Aufgabenverteilung zwischen Pfarreirat, Kirchenvorstand und Leitungsteam sowie der entstehenden größeren pastoralen Region.
Das Leitungsteam übe Synodalität im Kleinen ein. Es gebe keine Kampfabstimmungen. Man versuche, gemeinsame Lösungen zu finden und dabei unterschiedliche Ansprüche miteinander abzugleichen. In Stephan Werners Augen schöpft die Pfarrei das Potenzial, das in einem solchen Leitungsmodell steckt, aber längst noch nicht aus. „Im wesentlichen halten wir bisher das Bestehende aufrecht“, meint er. „Die Frage, was wir als Christen mit unseren Talenten machen, haben wir uns bisher wenig gestellt.“

Erfahrungsaustausch in Bad Kösen
Am kommenden Wochenende gibt es in Bad Kösen ein zweites Treffen aller Pfarreileitungsteams des Bistums. Welche Erfahrungen können die Pioniere von der Nord-Ostgrenze jüngeren Leitungsteams weitergeben? „Unsere Erfahrung lässt sich nicht einfach übertragen, denn die Teams  arbeiten unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen“, ist Andreas Könitz beim ersten Treffen im April aufgefallen. „Ich würde empfehlen, große Aufmerksamkeit auf die Teambildung zu richten, bevor man die Arbeit aufnimmt“, sagt Silvia Bätz. „Ein Leitungsteam funktioniert nur, wenn alle Beteiligten überzeugt sind und freiwillig mitarbeiten“, ist Stephan Werner wichtig.

Von Dorothee Wanzek