Ausstellung zur 900-jährigen Geschichte der Prämonstratenser

Prägend für die Region

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Eine Ausstellung zur 900-jährigen Geschichte der Prämonstratenser wird ab September in Magdeburg gezeigt. Gründer Norbert von Xanten war Erzbischof in der Stadt. Heute wirken wieder Ordensleute an der Elbe.

Direktorin Gabriele Köster und Kuratorin Ulrike Theisen vor einem Ausstellungsplakat mit dem in der Schau gezeigten Gemälde „Norbert besiegt den Ketzer Tachelm“ von Peter Paul Rubens.    Foto: Eckhard Pohl

 

Die letzte Phase der Vorbereitungen hat begonnen: Die Wände der Ausstellungsräume erhalten ihre vorgesehene Farbgebung. Info-Tafeln und Präsentationstische werden angefertigt, die Ausstellungsführer gedruckt. Am 8. September soll im Kulturhistorischen Museum in Magdeburg die Ausstellung „Mit Bibel und Spaten. 900 Jahre Prämonstratenser-Orden“ eröffnet werden – und damit in der Stadt, wo Norbert von Xanten 1126 Erzbischof wurde. Zuvor hatte er 1120/21, vor 900 Jahren, im nordfranzösischen Prémontré bei Laon, die Gemeinschaft gegründet. In Magdeburg bestand über Jahrhunderte ein bedeutendes Kloster der Chorherren. Und: Seit 1991 leben wieder Vertreter des Ordens an der Elbe.

Cappenberger Kopf-Reliquiar, Selm-Cappenberg, Gemeinde St. Johannes Evangelist    Foto: Stephan Kube, Greven

Landesgeschichtliche Bedeutung
„Die Prämonstratenser haben große landesgeschichtliche Bedeutung für unsere Region“, sagt die Direktorin der Magdeburger Museen, Gabriele Köster. „Von Magdeburg aus gründeten die Ordensleute zum Beispiel Kloster Jerichow und brachten Kultur und Kunst in die Gegend. Von Havelberg etwa organisierten sie den Landesausbau weiter nördlich und schufen Kirchenstrukturen in Bereichen des Reiches, wo diese bis dahin nicht vorhanden waren. Von Gottesgnaden (bei Calbe an der Saale) südlich von Magdeburg gründeten sie sogar eine Niederlassung im Heiligen Land.“ Klöster entstanden im nord- und mitteldeutschen Raum in Ratzeburg und Rhena, Brandenburg, Leitzkau und Pretzien, Quedlinburg und Klosterrode.
Sehr bald nach ihrer Gründung waren die Prämonstratenser in zahlreichen europäischen Ländern unterwegs. „Durch diese Vernetzung in mittelalterlicher Zeit fügt sich unsere Schau sehr gut in die in den vergangenen Jahren von uns gezeigten Mittelalterausstellungen wie etwa „Otto der Große – Magdeburg und Europa“ oder „Faszination Stadt“ zu Urbanisierung und Magdeburger Recht ein“, sagt Köster, die auch Leiterin des in Magdeburg ansässigen Zentrums für Mittelalterausstellungen ist. „Immer wieder wird dabei deutlich, in welcher europäischen Vernetzung Magdeburg auch als geistig-kulturelles Zentrum stand.“
An der Elbe wird nun eine Schau vorbereitet, die sich auf 800 Quadratmetern in sieben Themenräumen der Geschichte der Prämonstratenser bis in die Gegenwart widmet, erläutert Kuratorin Ulrike Theisen. Dabei werden gut 160 Exponate von 89 Leihgebern aus sieben europäischen Ländern zu sehen sein.

Brandenburger Evangelistar, Domstift Brandenburg    Foto: Quaternio-Verlag

Aufbruch in Zeiten großer Umbrüche
Zunächst geht es um den Gründer Norbert von Xanten, der sich – aus wohlhabendem Haus stammend – bewusst einem sehr einfachen Leben zuwendet und Weihnachten 1120 im französischen Prémontré eine kleine Gemeinschaft von Männern und Frauen um sich sammelt, um mit ihnen nach dem Evangelium zu leben. „Norbert lebt in einer Zeit großer machtpolitischer und wirtschaftlicher Umbrüche. Auch wir heute durchleben eine Zeit vielfältiger Umbrüche und Krisen“, sagt Theisen. „Entsprechend zeigen wir zum Einstieg Filmsequenzen, die das für die damalige Zeit und für heute verdeutlichen.“
In einem zweiten Raum, der an ein Skriptorium erinnern soll, wird es um das klösterliche Leben der Prämonstratenser und Prämonstratenserinnen gehen. „Den vielen Menschen in unserer Region, die in Fragen des Glaubens wenig Kenntnisse haben, versuchen wir mit entsprechenden Begrifflichkeiten Anknüpfungspunkte zu bieten. Zum Beispiel sprechen wir von Meditation statt von Gebet. Selbstverständlich vermitteln wir Wissen. Aber wir wollen nicht Erkenntnisse vorgeben, sondern die Fantasie anregen und zum Weiterdenken ermutigen.“ Dem soll etwa  auchdie Einladung dienen, mittels eines Ordens-Wahlomats zu testen, welcher Orden zu einem selbst am besten passen könnte.
Im dritten Teil soll der mit der Einsetzung Norberts als Erzbischof von Magdeburg begonnene Neuanfang in der Region thematisiert werden. Hier geht es auch um die von hier ausgegangenen Gründungen in Havelberg, Ratzeburg, Jerichow, die zudem als Korrespondenzstandorte Teil der Ausstellung sind.

 

Erzbischof Norbert wurde 1134 in der Klosterkirche Unser lieben Frauen in Magdeburg bestattet. 1626 wurden seine Gebeine ins Kloster Strahov/Prag überführt. An der Elbe erinnert heute ein Memorialort an sein ursprüngliches Grab.    Foto: Eckhard Pohl

 

Versagen, Unterdrückung und Neuaufbrüche
Weitere Themenräume tragen die Überschriften „Glaube im Umbruch“ (Reformationszeit), „Geistige Erneuerung und barocke Blüte“ und „Aus der Zeit gefallen?“. Im letzten Ausstellungsschwerpunkt „In der modernen Zeit“ rückt das Wiedererstehen des Ordens in den Blick. Dabei kommen „die schweren Zeiten für die Prämonstratenser in der kommunistischen Tschechoslowakei und der steinige Weg einer Wiederansiedlung“ zur Sprache. Auch kolonialistische Verstrickungen des Ordens im Kongo im Kontext missionarischer Aktivitäten werden thematisiert. Nicht zuletzt geht es um die Rückkehr von Prämonstratensern nach Magdeburg nach der Friedlichen Revolution bis hin zum derzeitigen Bau eines kleinen neuen Klosters in den Ökumenischen Höfen der Elbestadt.
„Wir sind sehr zufrieden mit den Exponaten, die wir für die Schau zusammentragen konnten, zumal es die Klöster in Tschechien wegen Corona-Erkrankungen extrem schwer hatten“, betont Direktorin Köster. „Wir werden sogar die Gitterkapelle über dem frühen Grab Norberts im Kloster Strahov in Prag zeigen können.“
Auch im Kloster Strahov und in der Parkabtei Löwen in Belgien werden zum Prämonstratenser-Jubliäum Ausstellungen gezeigt.

Mehr: www.khm-magdeburg.de; www.kloster-magdeburg.de

Von Eckhard Pohl