Anstoss 14/19

Schöpferische Minderheit mit einer Prise Salz

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Das Wort Diaspora klingt nach Kleinheit und geht von einem Mangel aus. Wenige „Rechtgläubige“ leben unter vielen Andersgläubigen, gar Heiden.


Diese Situation wirkt bedrohlich, aber ist sie es tatsächlich? Ist es überhaupt der Normalfall von Kirche, dass die Mehrheit katholisch ist? Und wieso soll eine Region mit wenig Christen schlechter als eine vermeintlich volkskirchliche sein?
Hilft die Abgrenzung von anderen Konfessionen heute überhaupt? Diaspora heißt es schließlich auch dort, wo 20 Prozent Katholiken unter 60 Prozent evangelischen Christen leben, da klingt der Diasporabegriff sogar ziemlich unökumenisch.
Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige hält hier im Osten der Bundesrepublik den Begriff der „schöpferischen Minderheit“ für viel besser. Schließlich soll Kirche die Welt, in der sie lebt, annehmen. Ausgehend vom biblischen Bild „Salz der Erde“ zu sein, kann sie mit  Selbstbewusstsein und der Hilfe Gottes die Gesellschaft wesentlich mitgestalten.
Wer so zu handeln versteht, der versalzt auch so manches politische Süppchen. Schöpferisch  beziehen Christen im Osten Deutschlands Position gegen antidemokratische und nationalistische Positionen, grenzen sich ab von Extremismen von rechts und links. „Dagegen sein“ ist allerdings nur eine Seite der Medaille. Wichtiger noch wie die Positionierung „gegen“ ist die Arbeit „für“ etwas. Für eine gelingende Demokratie, für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Als „schöpferische Minderheit“ engagieren sich viele Menschen für Obdachlose, für Analphabeten, für Inhaftierte, für Kranke, für Flüchtlinge, für ungeborene Kinder, für eine Gesellschaft, die Sicherheit und Heimat für alle bietet.
Diese „Politik vor Ort“ stellt das Tun der Einzelnen in einen größeren Zusammenhang. Und es ist klar: Wer zu Hause solidarisch handelt, kann nationale Egoismen in unserer einen Welt weit weniger akzeptieren.

Als schöpferische Minderheit zu leben, ist eine Herausforderung. Aber sie passt zum Auftrag Jesu, in unserer Welt Salz der Erde sein zu wollen.
 
Guido Erbrich, Roncalli-Haus Magdeburg