Die Beichtgondel in Bad Ischl

Seelsorge in der Gondel

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Seit ein paar Wochen fährt eine Beichtgondel auf den Berg Katrin im österreichischen Bad Ischl. Während der Fahrt können Wanderer in der Seilbahn mit einem Seelsorger sprechen – und die Probleme des Alltags hinter sich lassen. 

Foto: Diözese Linz/Christoph Lenzenweger
Probefahrt in der Beichtgondel: Geschäftsführer Johannes Aldrian (von links), Bischof Manfred Scheuer und Pfarrer Christian Öhler. Foto: Diözese Linz/Christoph Lenzenweger


Sieben Wanderer stehen auf einem Berg, um dort die Messe zu feiern. Es regnet in Strömen, sie drängen sich unter einem Regenschirm, wollen den Gottesdienst unbedingt bis zum Ende durchziehen. Durchnässt machen sie sich danach auf den Rückweg zur Hütte – als ihr Blick auf die Seilbahn fällt, die ein paar Meter entfernt fährt. Da kommt ihnen eine Idee. „In dem Moment haben wir uns gedacht: Warum machen wir nicht mal eine Aktion in einer Seilbahngondel“, erzählt Johannes Aldrian. 

Er ist Geschäftsführer der Katrinseilbahn im österreichischen Kurort Bad Ischl. Vor ein paar Wochen hat der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer dort eine Beichtgondel eingeweiht. Sie ist eine von 40 Themengondeln, die auf den Berg Katrin führen. 

Viererkabinen bringen Wanderer hoch auf 1500 Meter. Eine Gondel, in der man beichten kann: Was es damit auf sich hat, verraten die Aufkleber außen auf der Kabine. 

Plötzlich sitzt ein Pfarrer mit in der Kabine

Die Beichtgondel ist Teil des Seelsorgeangebots „Zeit zum Zuhören“, das es in Bad Ischl seit ein paar Jahren gibt. Jeden Freitag­nachmittag bieten Seelsorger im Gemeindehaus Gespräche an – jeder kann vorbeikommen. „Unsere Idee war es, dieses Angebot mal in die Seilbahn auszulagern und dafür eine Kabine umzugestalten“, erzählt Aldrian. Von innen sieht die Beichtgondel ein bisschen wie die Ischler Stadtpfarrkirche aus: Die Polster sind in den Farben der Kirche gehalten, die Fenster haben Mitarbeiter mit Aufklebern zu Kirchenfenstern umgestaltet. 

Im Oktober wurde die Gondel eingeweiht. Jetzt in der Wintersaison wird sie erst mal nicht besetzt sein; im Frühjahr soll sie dann richtig in Betrieb gehen. Dann sollen freitags regelmäßig Seelsorger für ein paar Stunden in der Gondel mitfahren. 
Wer möchte, kann sich schon vor der Fahrt für ein Gespräch verabreden – und muss die Gondel dann im richtigen Moment abpassen. „Aber eigentlich geht es uns mehr um Zufallsbegegnungen“, sagt Aldrian. „Die Leute wissen gar nicht, was sie erwartet – und plötzlich fährt da ein Pfarrer mit. Das gibt bestimmt sehr interessante Gespräche.“

Einheimische, Wanderer und Kurgäste können in der Seilbahn dann zum Beispiel auf den Ischler Stadtpfarrer Christian Öhler treffen. „Die Idee hinter der Gondel ist, dass wir als  Kirche dort sein wollen, wo die Menschen sind“, sagt Öhler. Anders als bei der regulären Seelsorge treffe er in der Seilbahn auch Leute, die kirchenfern sind oder schon lange nicht mehr in der Kirche waren. „Wir reden dann über Gott und die Welt und die eigenen Kirchenerfahrungen.“ 

Und woher kommt der Name Beichtgondel? „Der hat sich mehr im Volksmund entwickelt“, erklärt Aldrian. Die Beichte stehe bei der Aktion eigentlich nicht im Vordergrund. Vielmehr gehe es darum, bei der Fahrt auf den Berg den Kopf freizukriegen und im Gespräch mit einem Seelsorger seine Alltagssorgen mal zu vergessen. „Der Berg ruft die Sehnsucht in einem hervor, sich wieder auf die wichtigen Fragen zu konzentrieren“, sagt Aldrian. Das erlebt auch Pfarrer Christian Öhler immer wieder: „Wenn man auf den Berg hinauffährt, lässt man die Probleme des Alltags unten. Ich glaube, dass die Gondel so stark im Gespräch ist, liegt auch daran, dass die Berge einfach ein ganz besonderer Ort der Gottesbeziehung sind.“  

Sehnsucht nach Versöhnung

Dass die Gondel ursprünglich als Beichtgondel bekannt wurde, sei dennoch ein guter Türöffner gewesen, um das Interesse der Menschen zu wecken, findet Pfarrer Öhler. „Die Beichte ist ein spannendes Thema. Die alte Form, zu beichten und seine Sünden erlassen zu bekommen, gibt es ja kaum mehr. Trotzdem haben die Leute eine Sehnsucht nach Versöhnung, danach, sich auszusprechen und Belastungen abzulegen.“  

Johannes Aldrian hat noch eine andere Erklärung dafür, dass sich so viele Leute für die Gondel interessieren: „Ich glaube, es liegt auch daran, dass die Beichte sehr polarisiert, weil wir damit erst mal etwas Negatives verbinden.“ Aber in Kombination mit der Seilbahn fänden die Leute das spannend. 

„Viele Gäste haben gefragt, ob die Fahrzeit überhaupt ausreicht, um zu beichten“, sagt Aldrian und lacht. Das sei aber kein Problem: Wer nach der 15-minütigen Fahrt auf den Berg noch reden möchte, kann einfach eine weitere Runde fahren. Das Angebot komme jedenfalls gut an: „Viele Leute sagen, beichten wollen sie nicht – aber auf ein Gespräch mit dem Pfarrer würden sie sich schon freuen.“

Sandra Röseler