Sießener Franziskanerinnen verlassen Cottbus

Sieben Geschenke zum Abschied

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Seit 2013 haben die Sießener Franziskanerinnen in Cottbus gewirkt. Jetzt haben sie die Stadt verlassen. Bei einem festlichen Gottesdienst wurde ihnen Dankeschön gesagt.

Festgottesdienst zum Abschied der Sießener Franziskanerinnen mit Bischof Wolfgang Ipolt. Pfarrgemeinderats-Vorsitzender Hartmut Schirmer dankt den Schwestern.    Fotos: Raphael Schmidt

 

Sieben Jahre haben Sießener Franziskanerinnen in Cottbus gewirkt. Jetzt haben sie – vor allem aufgrund von Nachwuchsmangel – diese Niederlassung aufgegeben. Zur Verabschiedung gab es einen festlichen Gottesdienst mit Bischof Wolfgang Ipolt, bei dem das Bistum und die Pfarrei den Ordensfrauen ausgiebig Danke sagten.
Bischof Ipolt feierte den Gottesdienst mit „gemischten Gefühlen“, wie er selbst sagte: Die Schwestern gehen weg von Cottbus. Das heiße Abschied nehmen. Zugleich sei er erfüllt von großer Dankbarkeit für die vielfältigen Dienste, die die Schwestern hier geleistet haben. Der Bischof hatte die Ordensfrauen 2013 nach Cottbus geholt. Der Gemeinschaft lagen zu jener Zeit etwa ein halbes Dutzend Anfragen nach Gründung einer Niederlassung vor. Obwohl keine der Schwestern so recht wusste, wo Cottbus liegt und was die Lausitz ist, habe man sich bewusst für diese Stadt entschieden, deren Umfeld mehrheitlich nichtchristlich geprägt ist.

Sieben Schwestern sieben Jahre lang
Im Abschiedsgottesdienst spielte die Zahl „sieben“ eine besondere Rolle, nicht nur weil das Tagesevangelium die Aufforderung Jesu an Petrus enthielt, nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal zu vergeben. Vielmehr waren insgesamt sieben Schwestern sieben Jahre lang in Cottbus tätig. Seinen Dank an die Ordensfrauen brachte deshalb der Pfarrgemeinderatsvorsitzende Hartmut Schirmer anhand von sieben Werken der Barmherzigkeit zum Ausdruck. Damit erinnerte er an die vielfältigen Aufgaben, die die Franziskanerinnen in der Pfarrei, der Stadt und der Region übernommen hatten.

MEINUNG
Berufen, nicht bestellt!
„... und mit allen, die zum Dienst in der Kirche bestellt sind“, heißt es in der Messfeier. Wer dabei an den OTTO-Katalog denkt, irrt gewaltig. Zu deuten sei es, wie der Acker, der bestellt wird, sagte mir ein Karmeliter-Pater vor vielen Jahren, als ich ihn mit dieser für mich irreführenden Aussage konfrontierte. Klarer war, wie es zuvor hieß: „die zum Dienst in der Kirche berufen sind“. Gott setzt auf die Freiheit der Menschen, auch, auf seinen Ruf zu hören und ihm zu folgen – oder nicht. Die Oberin der Sießener Franziskanerinnen hat recht, wenn sie sagt: Viele klopfen bei uns an, wollen, dass wir eine Niederlassung da oder dort gründen.
Raphael Schmidt

Doch kaum jemand ist bereit, sich für das Priester- und Ordensleben zu entscheiden. Darüber nachdenken, ob er vielleicht dazu berufen ist, sollte jeder junge Christ – wie auch immer die Entscheidung dann ausfällt: mit Gottes Hilfe.

Als erstes Werk der Barmherzigkeit nannte Schirmer Kranke besuchen – „eine zentrale Aufgabe in den vergangenen sieben Jahren ob in der Krankenhausseelsorge oder bei Hausbesuchen“. Eher etwas im Verborgenen seien die Schwestern ihrer zweiten Aufgabe nachgegangen: Gefangene besuchen im Rahmen ihrer Tätigkeit als Gefängnisseelsorger.
Unter dem Stichwort „Unwissende lehren“ erinnerte Schirmer an die vielfältige Bildungsarbeit, die die Ordensfrauen geleistet haben – vom Religionsunterricht bis zur Erwachsenenbildung. „Viele konnten so ihr Glaubenswissen mehren und neue Einblicke in die Bibel erlangen.“ Trauernde trösten – auch darum haben sich die Franziskanerinnen gesorgt. Hartmut Schirmer: „Nicht wenige werden diese Erfahrung gemacht haben, dass allein Dasein und Zuhören schon viel Trost spenden. Nicht jedem ist diese Gabe gegeben. Umso mehr vielen Dank für jeden gespendeten Trost!“
Ein besonders schwieriges Werk der Barmherzigkeit sei es, „den Beleidigern gerne zu verzeihen“. Das falle sicher auch einer Ordensschwester nicht immer leicht – ähnlich wie das sechste Werk der Barmherzigkeit: die Lästigen geduldig ertragen. „Ich glaube, diese Fähigkeit wurde bei Ihnen sehr häufig beansprucht und die Belastbarkeit in dieser Hinsicht auf starke Proben gestellt“, sagte der PGR-Vorsitzende.

Sieben symbolische Geschenke zum Dank
Das siebente Werk der Barmherzigkeit scheine für Ordensleute selbstverständlich. Man erwarte es oft sogar von ihnen, weil das ja auch ihr Beruf sei: für die Lebenden und die Verstorbenen zu beten.
Auch wenn Abschied weh tue, seien „die vielen Werke der Barmherzigkeit, die an uns getan wurden, dann doch eher Grund zur Freude; eine Freude über die Zeit, die Sie bei uns waren; eine Freude über die Gaben, die Sie mit uns geteilt haben; eine Freude, die dann auch so umschlagen kann, dass wir Sie nicht gehen lassen, ohne gute Wünsche und damit verbundene symbolische Geschenke.“ Natürlich waren es sieben an der Zahl: Schokolade, die glücklich machen soll, Briefpapier, um in Kontakt zu bleiben, ein Büchergutschein, um sich weiterzubilden, Honig aus der Lausitz, ein Magnet mit Werbung für die Lausitz, Leinöl für das wöchentliche Kartoffeln-mit-Quark-Essen und natürlich eine Spreewaldgurke.

Nach dem Gottesdienst nutzten viele Gemeindemitglieder die Möglichkeit, sich persönlich von den Schwestern zu verabschieden und Danke zu sagen.


Dann bat der PGR-Vorsitzende die Schwestern: „Beten Sie weiterhin für uns, für die Menschen hier in Cottbus und für unsere Verstorbenen. Dies ist von überall aus möglich.“ Die deutsche Provinzoberin Anna Franziska Kindermann versprach stellvertretend für die anderen Schwestern, im Gebet an die Cottbuser zu denken. In Erinnerung bleiben werde ihnen die herzliche Aufnahme, die sie erfahren hätten, und der große Zusammenhalt in der Pfarrei. „Besonders beeindruckt hat uns die Art, wie Sie Ihren Glauben leben als Bekenntnis in einer glaubensfernen Umgebung. Das findet man unter katholischen Christen in den alten Bundesländern nicht so ausgeprägt. In dieses ,Feuer des Glaubens‘ durften wir als Ordensgemeinschaft unsere Holzscheite dazu legen.“ Es gehöre zur franziskanischen DNA, immer wieder neu aufzubrechen, betonte Sr. Anna Franziska. So sei jetzt die Zeit des Aufbruchs aus Cottbus gekommen.

Etwa 300 Mitglieder weltweit
Die Sießener Franziskanerinnen wurden 1854 gegründet. Neben der deutschen Provinz, zu der Konvente in Schweden und Italien gehören, leben Schwestern in Brasilien und Südafrika. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sind die Gemeindeseelsorge und die Arbeit mit jungen Leuten, unter anderem in den vom Orden betriebenen Schulen. Weltweit hat die Kongregation zurzeit etwa 300 Mitglieder.

(tdh)