Überlegungen zum Bischöflichen Ordinariat in Dresden
„So transparent wie möglich“
Kay Gräbert auf einem undichten Dach des Ordinariatsgebäudes am Käthe-Kollwitz-Ufer. Fotos: Dorothee Wanzek |
Ende der 1970er Jahre wurde der Dresdner Ordinariatsbau mit Westdevisen in Elbufernähe errichtet. Eine gründliche Sanierung gab es seither nicht. Wenn es ans Verteilen von Geldern ging, hatten jahrelang Gotteshäuser, Gemeindezentren, Schulen und Bildungshäuser Vorrang – Bauten, die unmittelbarer und sichtbarer mit dem kirchlichen Auftrag zu tun haben als ein Verwaltungsbau.
„Früher oder später müssen wir nun aber handeln“, ist Baureferent Kay Gräber überzeugt. Bei einer Führung durch das idyllisch gelegene Haus weist er auf die Unzulänglichkeiten hin: auf die fehlende Dämmung zum Beispiel. Die Heizkosten sind zwei- bis dreimal höher als in einem isolierten Gebäude, und im Sommer klettert die Temperatur in manchen Büros schon einmal auf 38 Grad. Ein undichtes Dach führt immer wieder zu Wassereinbrüchen. Die Registratur platzt aus allen Nähten. Da es weder Fahrstuhl noch Rampen gibt, können Rollstuhlfahrer das Ordinariat aus eigenen Kräften nicht erreichen. Sämtliche Lasten müssen über die Treppen hinweg getragen werden. Leitungen sind verschlissen und vielfach notdürftig geflickt, an einigen Stellen sind die Spuren des Elbehochwassers von 2002 noch immer zu sehen. Einzelne Referate und Büros sind auf mehrere andere Standorte in Dresden verteilt. Dies erschwere die Kommunikation und sei zudem – insbesondere bei der informationstechnischen Anbindung – sehr teuer.
Erstmals im Jahr 2013, zu Beginn der Amtszeit von Bischof Heiner Koch, gab es eine Untersuchung, in der die möglichen Alternativen „Umbauen“ oder „Neu bauen“ abgewogen wurden. Dabei seien eine Reihe von Nachteilen des bestehenden Standortes deutlich geworden, erläutert Kay Gräbert. Beispielsweise sei es statisch nicht möglich, Wände zu verrücken, um den Zuschnitt der Büros zu verbessern. Eine Erweiterung der bebauten Fläche sei nicht möglich, da laut Stadtplanung auf diesem Grundstück eigentlich nur eine Bebauung von zehn Prozent der Gesamtfläche zulässig sei. Das bestehende Gebäude umfasse aber bereits 90 Prozent. Zur Straße hin ende das bistumseigene Grundstück an der Gebäudegrenze, der davorliegende Grünstreifen sei nicht verkäuflich, so dass dort auch kein barrierefreier Zugang errichtet werden könne. Wollte man die bestehenden 23 Parkflächen erweitern, sei dies nur durch eine Tiefgarage möglich – wegen der Flussnähe ein äußerst aufwendiges und teures Unterfangen.
Standortwechsel erspart Übergangslösung
Der jüngste Bischofswechsel und die zwischenzeitliche Vakanz führten dazu, dass die Frage nach der Zukunft des Ordinariats erneut aufgeschoben wurde – bis vor einigen Monaten. Für eine grundlegende Sanierung wäre mit Kosten in Millionenhöhe zu rechnen, ergab eine neuerliche Untersuchung – Summen, die auch einen Neubau bedenkenswert erscheinen lassen.
Gegen einen Bau an gleicher Stelle sprechen nicht nur die baurechtlichen Hürden. Für die Bauphase müsste mit hohem Aufwand eine Übergangslösung gefunden werden. Das Bistum ließ deshalb die Bedingungen an zwei kircheneigenen Grundstücken in der Stadt vergleichen. Favorisiert wird gegenwärtig der innenstadtnahe Standort des heutigen Propst-Beier-Hauses an der Ecke Schweriner Straße/Ermischer Straße. Auch an diesem Gebäude, das in der gleichen Zeit entstand wie das Ordinariat und zuletzt unter anderem von der Caritas Dresden und der Liga-Bank genutzt wurde, gibt es dringenden und umfassenden Sanierungsbedarf. Nicht zuletzt fehlt ein zweiter Fluchtweg.
Der Platz für Akten ist im Keller des Ordinariats ausgereizt. So werden bereits Fensterbänke zur Ablage genutzt. |
Refinanzierung durch Mieteinnahmen geplant
Nach einem begrenzten Architekturwettbewerb wurde das Dresdner Büro O+M mit den weiteren Planungen für einen Abriss und Neubau beauftragt. Das Büro hat Erfahrung mit Bauten vergleichbarer Größe und hatte zudem in seinem Wettbewerbs-Beitrag die fachlichen Vorgaben am besten erfüllt: Das geplante Gebäude soll keinesfalls extravagant daherkommen, sondern funktional-bescheiden. Neben einer Kapelle und ausreichendem Platz für Büro- und Besprechungsräume soll es auch Flächen zur Vermietung bieten. Zudem sollte es sich in die Straßenflucht einfügen, langlebig, ökologisch nachhaltig und technisch auf der Höhe des 21. Jahrhunderts ausgestattet sein. Der eingeplante Raumbedarf trägt dem Rückgang der Kirchenmitglieder Rechnung und geht davon aus, dass die Zahl der aktuell 83 Beschäftigten in der Bistumsverwaltung (darunter auch Teilzeit-Kräfte) nicht steigen wird.
Mit den gestalterischen Ideen des jüngst vorgelegten Entwurfs waren die Auftraggeber zufrieden, die Kostenschätzung aber liegt weit über dem für die Bistumsleitung Akzeptablen. Nun gelte es, den vorliegenden Entwurf gemeinsam mit Fachplanern und Architekten auf mögliche Einsparpotenziale abzuklopfen, erklärt der Baureferent. Zum Beispiel wäre es günstiger, an Stelle des vorgesehenen Doppelparkers mit Platz für 70 Stellplätze nur eine einfache Tiefgarage mit 40 Plätzen zu bauen. Wie sich der Parkplatzbedarf in den kommenden Jahren entwickelt, etwa im Zuge des Fortschritts beim Autonomen Fahren, sei gegenwärtig schwer abzuschätzen. Dass sich ein Teil der Baukosten durch Mieteinnahmen für Büro- und Wohnräume refinanziert, sei ohnehin einkalkuliert, macht Kay Gräbert deutlich. Auch der Erlös aus Verkauf oder Vermietung der bisher vom Ordinariat genutzten Immobilien würde in den Neubau einfließen. Bis spätestens Januar soll dem diözesanen Vermögensverwaltungsrat eine verlässliche Kostenkalkulation vorgelegt werden. Auf deren Grundlage wird das Gremium entscheiden, ob es einem geplanten Ordinariatsneubau an der Schweriner Straße zustimmt.
So könnte nach Plänen des Architekturbüros O+M ein Ordinariatsneubeu an der Schweriner Straße aussehen. |
Baureferent verspricht, Budget einzuhalten
Dass die Kosten im Laufe der Bauphase immer weiter ausufern, sei nicht zu befürchten, verspricht Gräbert. Beim Erweiterungsbau des Peter-Breuer-Gymnasiums in Zwickau und beim derzeitigen Umbau im Dresdner Haus der Kathedrale habe er bewiesen, dass er Kostenbegrenzungen im Griff habe. Auch beim Winfriedhaus rechne er damit, im Budget zu bleiben – auch wenn es hier sicher eng werde, nachdem arsenbelasteter Boden ausgetauscht werden musste. Ihm sei bewusst, dass ein Verwaltungsbau „mit Argusaugen“ beobachtet wird. Die Katholiken im Bistum könnten sich darauf verlassen, dass die Entscheidungen mit größtmöglicher Transparenz erfolgen, sichert der Referatsleiter für Bau und Liegenschaften zu.
Von Dorothee Wanzek