Anstoss 23/2018

Spurten bis zum Umfallen

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Endspurt! Es sind nur noch vier Tage bis die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland angepfiffen wird. Dann heißt es wieder, alles geben, um möglichst weit zu kommen.


Eine gewisse Endspurtstimmung stellt sich nach dem feiertagsreichen Mai auch auf Arbeit und in der Schule ein. Nur noch ein paar Wochen, dann beginnt je nach Bundesland die heiß ersehnte Ferienzeit. Noch zwei, drei Klausuren, dann fällt der Hammer. Noch zwei, drei Wochen Arbeit, dann sitzen wir im Flieger.
Ehrlich gesagt, gefällt mir diese Stimmung nicht. Ich will nicht immer spurten müssen, nur um nach einer kurzen Pause ins nächste Rennen einzusteigen. Eigentlich möchte ich mein Leben überhaupt nicht mit einem endlosen Rennen vergleichen, in das kleine Pausen eingebaut werden, die es zu erreichen gilt.
Und doch erlebe ich es genauso. Ab Mittwoch weisen mich die Moderatoren im Radio in immer kürzeren Abständen darauf hin, dass ich es bald geschafft habe. Was habe ich eigentlich bald geschafft? Die furchtbare Arbeit, die ich nur mache, um Geld zu verdienen?
Augen auf bei der Berufswahl kann ich da nur sagen. Wenn ich nur noch lebe, um die nächste Auszeit mit hechelnder Zunge zu erreichen, läuft etwas falsch. Arbeit und Alltag gehören zu meinem Leben und ich will beides genauso genießen können wie Aus- und  Urlaubszeiten.
Dafür käme es darauf an, den ständigen Endspurt in die nächste Auszeit zu beenden, der mein Leben von heute auf morgen verschiebt. Fast wie in der kleinen Zen-Geschichte, in der der Meister den Schüler aufklärt: „Wenn du sitzt, dann stehst du schon. Wenn du stehst, dann gehst du schon. Wenn du gehst, dann bist du schon am Ziel.“

Von Jesus hören wir an verschiedenen Stellen im Evangelium, dass er sich nicht stressen lässt. Er tut, was dran ist und wird damit zum Segen für die Menschen. Vielleicht würde mir das auch helfen, nicht halbtot im Urlaub anzukommen.
 
Pfarrer Marko Dutzschke, Cottbus