Engagement für Demokratie und gegen Gewalt

Über Israel nach Magdeburg

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Seit Anfang Dezember leitet Christine Böckmann die Katholische Erwachsenenbildung in Sachsen-Anhalt (KEB). Schon seit 20 Jahren engagiert sie sich in Projekten insbesondere gegen Rechtsextremismus.


Christine Böckmann, KEB-Leiterin in Sachsen-Anhalt.    Foto: Oliver Gierens

Bereits Anfang Dezember vergangenen Jahres ging an der Spitze der Katholischen Erwachsenenbildung in Sachsen-Anhalt (KEB) eine Ära zu Ende: 26 Jahre lang hatte Ludger Nagel die Einrichtung geleitet. Nun steht Christine Böckmann an der Spitze – und die neue Leiterin ist dort keine Unbekannte. Seit vielen Jahren ist sie Mitglied der KEB, 20 Jahre lang hat sie bei dem Verein „Miteinander e.V.“ gearbeitet, einem Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit, das sich mit verschiedenen Bildungs- und Beratungsprojekten insbesondere gegen Rechtsextremismus engagiert.

Trainerin für gewaltfreie Konfliktaustragung

Und Christine Böckmann setzt sich auch im zwischenmenschlichen Zusammenleben dafür ein, dass Menschen ihren Streit friedlich beilegen. Dafür hat sie eine Zusatzausbildung als Trainerin für gewaltfreie Konfliktaustragung absolviert, erzählt sie im Gespräch mit dem Tag des Herrn. Da geht es nicht nur darum zu verhindern, dass „die Fäuste fliegen“. „Was können wir tun, um präventiv bewaffnete Auseinandersetzungen zu verhindern?“, beschreibt sie den Ansatz ihrer Arbeit.

Und der ist auch in ihrer Biografie begründet: Nach ihrem Theologiestudium in Würzburg ging Christine Böckmann für 15 Monate zum Aufbaustudium nach Jerusalem. Als sie ankam, hatte Israel gerade einen Friedensvertrag mit Jordanien geschlossen. Kaum war sie wieder zu Hause, wurde der damalige israelische Ministerpräsident Jitzhak Rabin von einem jüdischen Extremisten ermordet. „Ich habe die politische Lage dort gesehen“, erzählt sie von ihren Eindrücken. Schon zuvor hatte sie Kontakt zu Friedensgruppen und fand es spannend, deren Arbeit mitzuerleben. „Die Zeit hat mich geprägt“, sagt Christine Böckmann. „Wie kann ich Brücken bauen, wie ist menschliches Zusammenleben möglich – darum geht es mir.“

Mit diesem Hintergrund führt Böckmann die Arbeit fort, die ihr Vorgänger Ludger Nagel über 20 Jahre lang aufgebaut hat. Denn mit vielen ihrer Angebote geht die KEB bewusst über Kirchengrenzen hinaus, richtet ihre Projekte auf die gesamte Gesellschaft aus. Eines dieser Angebote ist seit einiger Zeit das „Projekt Kurve“ im Bereich Demokratiebildung. In verschiedenen Seminaren geht es stark auf die Bedürfnisse der Teilnehmer ein.

Auch bietet die KEB beispielsweise Workshops für Mitarbeiter der Magdeburger Stadtverwaltung an, um sie in interkulturellen oder interreligiösen Fragen weiterzubilden. Hinzu kommen Seminare für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kitas – egal, ob in kirchlicher, kommunaler oder anderweitiger Trägerschaft. Da geht es unter anderem um Digitalisierung, aber auch um eine naturnahe Pädagogik, zum Beispiel auf der Streuobstwiese, die die KEB an der Magdeburger Lutherstraße im Stadtteil Suden- burg unterhält.

Eine Straßenbahn mit KEB-Logo

Dass sich die KEB für eine lebendige Demokratie engagiert, ist in der Landeshauptstadt auch auf einer besonderen Straßenbahn sichtbar. Sie ist ganz in blau gehalten, wirbt unter anderem mit der heiligen Mechthild von Magdeburg, der Elbe als völkerverbindendem Fluss oder dem Magdeburger Stadtwappen mit seinem geöffneten Tor für mehr Weltoffenheit. Auch das KEB-Logo prangt auf dieser Tram, erzählt Christine Böckmann.

Jedes Jahr gibt es vom 16. Januar, dem Jahrestag der Bombardierung Magdeburgs, bis zum 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, die Aktion „Eine Stadt für alle“, an der sich die KEB beteiligt. In der blauen Tram gibt es dann Sonderfahrten mit verschiedenen Veranstaltungen.

Dennoch: Für die KEB bleiben die Katholiken in Gemeinden und Verbänden wie bisher eine wichtige Zielgruppe, versichert die neue Leiterin. Dort sei die KEB immer mehr auf die Hilfe von Ehrenamtlichen angewiesen, die sie bei der Bildungsarbeit mit ent- sprechenden Angeboten unterstützt. Christine Böckmann verweist insbesondere auf das Projekt „Kirche für Demokratie“, das sich gegen Rassismus, Verschwörungstheorien und demokratiefeindliche Bestrebungen wendet. Ein Ziel dieses Projektes ist auch, dass Gemeinden offener werden für Menschen unterschiedlicher Herkunft. „Ohne die Ehrenamtlichen würde die Bildungsarbeit in den Gemeinden nicht funktionieren“, macht Christine Böckmann deutlich. „Wir sind da sehr offen, wenn jemand etwas anbieten möchte.“

Kritische Stimme innerhalb der Kirche

Und die KEB erhebt ihre Stimme auch innerhalb der Kirche. Galt Böckmanns Vorgänger Ludger Nagel zuweilen als unbequem, will auch die neue Leiterin bewusst Akzente setzen. „Die KEB ist ein Träger, wo ein klares Wort geschätzt wird“, macht sie im Gespräch deutlich. Doch im Vergleich mit ihrem Amtsvorgänger schränkt sie auch ein: „Ich glaube, ich bin ein anderer Typ.“ Dennoch wolle sie sich weiterhin „klar positionieren und Dinge offen aussprechen“, wie sie betont.

Und das gelte auch für die Forderung nach Demokratie in der katholischen Kirche. „Da ist noch Luft nach oben“, sagt Christine Böckmann. Das betreffe allerdings auch die Bildungsarbeit: Hier gehe es darum, statt eines „Frontalvortrags“ mit Menschen stärker ins Gespräch zu kommen. „Das müssen wir in der Kirche noch lernen – es ist eben herausfordernder, sich auf Augenhöhe zu unterhalten“, meint die neue KEB-Leiterin.

Oliver Gierens