Ein Jahr nach dem Weggang der Elisabeth-Schwestern aus Halle
„Unser Dienst ist erfüllt“
Maria Anna Feydt und Schwester Dominika im Foyer des St.-Elisabeth-Krankenhauses in Halle. Fotos: Silvia Funke |
Bis zu 130 Schwestern lebten zeitweise im Kloster an der Mauerstraße in Halle. Im vergangenen Jahr haben die letzten von ihnen die Saalestadt verlassen: „Zu dritt waren sie 1891 angetreten, damit kein Kranker mehr allein in seiner Wohnung liegen muss. Unser Dienst ist erfüllt. Es ist, wie es ist!“, sagt Schwester M. Dominika Kinder, die von 2003 bis 2021 Provinzoberin der Kongregation der Schwestern von der heiligen Elisabeth war und die Auflösung des Klosters verwaltet hat.
„In unseren Häusern darf auch gestorben werden“
Der Aufschwung Ende des 19. Jahrhunderts brachte auch soziales Elend, besonders unter Kindern. 1893 veranlassten die Schwestern deswegen den Bau eines Kinder- und Säuglingsheims. Daraus wurde vor 125 Jahren ein Krankenhaus mit heute rund 1200 Beschäftigten und mehr als 600 Betten. Damit ist es das größte Haus im Elisabeth Vinzenz Verbund, wo Schwester Dominika als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende tätig ist. „Die Schwestern waren im Krankenhaus in der Pflege tätig und haben sich, bis das aus personellen Gründen nicht mehr möglich war, in der ambulanten Betreuung von Bedürftigen engagiert“, so Schwester Dominika.
Das täglich Erlebte haben die Schwestern mit in die Gebetszeiten in der Kapelle genommen. „Wir dürfen in unserem Alltag darauf vertrauen, dass Gott uns begleitet, auch da, wo wir an Grenzen geraten. Deswegen darf in unseren Häusern auch gestorben werden“, sagt Schwester Dominika. So eröffnete das Krankenhaus eine der ersten Palliativstationen Deutschlands. „Wir haben als Christen Antworten auf die existenziellen Fragen des Lebens und wollen das in unserem Dienst den Patienten und ihren Angehörigen weitergeben“, ergänzt sie.
Im Dienst nicht an einen Ort gebunden
Im Laufe der Jahre erwies sich das Kloster als zu groß und nicht geeignet, die älteren Schwestern zu pflegen. „Es ist, wie es ist! Wir sind nicht im Schmerz gegangen, denn wer in unsere Gemeinschaft eintritt, der weiß, dass der Dienst nicht an einen Ort gebunden ist“, so Schwester Dominika. Dabei fühlen sich die hochbetagten Schwestern an ihren neuen Lebensorten wohl, berichtet sie, denn die Strukturen sind überall gleich und man kenne sich. Eine Stele erinnert seit dem 21. November im Garten des Krankenhauses an die Schwestern: Sie wurde vom Bildhauer Bernd Göbel entworfen und symbolisiert im Gedenken an den Dienst der Schwestern, dass das Herz auch Hände braucht.
Krankenhaus folgt den Spuren der Schwestern
Viele der von den Schwestern gelegten Spuren werden in Halle weiter verfolgt. So soll das Kloster im Besitz des Krankenhauses verbleiben. Der „Elisabeth-Tisch“ wird als Speisung für Wohnungslose von Ehrenamtlichen fortgeführt. Die „Himmelswünsche“, Luftballons mit Segenswünschen für Neugeborene, lassen heute Azubis steigen.
Und das christliche Menschenbild prägt weiter die Arbeit im Haus: „Unsere Patienten aus diesem Geist heraus zu behandeln, das ist unser Anspruch“, so Maria-Anna Feydt, die nach dem überraschenden Tod von Reinhard Feuersträter die Seelsorgeleitung im Elisabeth-Krankenhaus übernommen hat. „Damit berühren wir die tiefen Bedürfnisse der Menschen. Das merken auch unsere nicht-christlichen Mitarbeiter und tragen diese Werte deswegen gerne mit“, ergänzt Schwester Dominika.
Eine Infotafel erinnert an die Elisabethschwestern. |
Orte kirchlichen Lebens als Gemeinde auf Zeit
Das Seelsorge-Team um Maria-Anna Feydt gestaltet im Krankenhaus das Kirchenjahr und begleitet Patienten und Angehörige in vielfältiger Form. „Menschen erfahren Kirche heute vor allem dort, wo sie in ihrem täglichen Leben sind: im Krankenhaus, in Kitas, Schulen oder Sozialstationen. Dort müssen wir Kirche etablieren“, sagt sie. Dabei sei das Krankenhaus als Ort kirchlichen Lebens eine Gemeinde auf Zeit.
Auch Schwester Dominika sieht nach dem Weggang der Schwestern neue Formen kirchlichen Lebens im Krankenhaus erwachsen: „Ich habe im Garten unseres Provinzhauses in Berlin einmal eine gefällte Kiefer gesehen, aus der ein anderes, neues Bäumchen wuchs. Da wächst nicht das Alte aus dem Weggebrochenen, aber es wird auch irgendwann seine Größe und Funktion haben. Die Schwesternzeit ist vorbei, viele Dinge sind nicht mehr und jetzt wächst etwas Neues. Es ist, wie es ist!“
Von Silvia Funke