Vorstellung der Neupriester in Ostdeutschland 2020
„Unsere Botschaft ist unübertrefflich“
V.l.n.r.: Die Diakone Maximilian Hofmann, Dr. Jürgen Wolff, Dominik Zyła, David Hilus und Timo Niegsch im Garten des Erfurter Bischofs neben dem Regional-Priesterseminar. Im Hintergrund der Erfurter Dom. Fotos (6): Eckhard Pohl |
„Ich habe in den letzten Wochen der Corona-Pandemie und des Lockdown viel telefoniert“, sagt Diakon Dr. Jürgen Wolff. Schnell habe sich dabei so etwas wie eine Seelsorgekette ergeben im Sinne von „Rufen Sie doch die oder den auch mal an“, erzählt der Diakon von seinem Einsatz in der Pfarrei Heilige Familie in Bitterfeld. „Ich war aber auch überrascht, wer alles die Impulse gelesen hat, die wir – sozusagen als Predigtersatz und Meditationshilfen – auf die Pfarrei-Homepage gestellt haben. So ist Kirche, ecclesia, was herausgerufen bedeutet - herausgerufen aus der Isolationssituation über Telefon und Internet. Das ist Seelsorge, das ist Gemeinschaft oder mindestens die Vorstufe dazu“, ist Wolff begeistert. „Ich hoffe, dass wir diese Erfahrung weiterführen können. Die Telefonate ersetzen nicht den gemeinsamen Gottesdienst. Aber der Auftrag Jesu heißt: Geht zu den Menschen! Und das ist passiert!“
Wolff hat in Bitterfeld sein Pastoralpraktikum und sein Diakonat absolviert. Am 11. Juli wird ihn Bischof Gerhard Feige zum Priester weihen. Der 48-Jährige stammt aus Düren im Rheinland und wuchs in einer katholischen Familie auf. Nach dem Abitur habe er sich „nicht getraut, Priester zu werden“, sagt Wolff. „Vielleicht wäre dieser Schritt damals auch nicht gut gewesen, vielleicht wäre Priestersein nur mein Beruf geworden, aber nicht meine Berufung.“ Der Rheinländer absolvierte stattdessen eine Lehre als Bankkaufmann und studierte in London Betriebswirtschaftslehre. Mitte der 1990er Jahre – Wolff arbeitete bei einer Bank – kam er berufsbedingt nach Halle (Saale). Es folgten berufliche Aufgaben in Luxemburg, Belgien, den USA und 2007 bis 2010 in China. Er spreche an die zehn Sprachen, sagt Wolff. Eine seiner Aufgaben dort war es, Handlungsstrategien zu entwickeln, wie man bei der Übernahme einer Firma durch die eigene Firma verschiedene Unternehmenskulturen in Einklang bringen kann. Und daraus entwickelte sich das Thema für seine Promotion an der Universität in Chetenham, das lautete: „Die Jesuiten-Mission in China (1583-1842) als ein Veränderungsansatz im modernen chinesischen Unternehmenskontext“. „Durch meine Beschäftigung mit den Jesuiten fühlte ich mich an meine frühen Absichten erinnert: Eigentlich wolltest du doch Priester werden.“ So begann Wolff noch in England nebenher Theologie zu studieren, was er dann 2018 in Erfurt mit dem Magister-Abschluss zu Ende führte.
Bei der Entscheidung für den weiteren Weg habe ihn sein Hallenser Pfarrer Magnus Koschig hilfreich begleitet, betont Wolff. „Gott kann warten.“ Das habe er gespürt. „Gott sagt: ,Ich bin hier, ich habe auf dich gewartet‘. Gott ist treu.“
„Auf die Menschen zugehen und mit ihnen gemeinsam auf dem Weg zu Christus zu sein“
Über die Zeit der Ausbildung zum Priester habe er sich dann „ganz bewusst für das Bistum Magdeburg entschieden“, sagt der aus dem Bistum Aachen stammende Rheinländer. Auch in noch volkskirchlich geprägten Gebieten gebe es authentische Christen. Für das Bistum Magdeburg aber gelte: „Wer sich hier zur Kirche zählt, der glaubt auch.“ Zugleich lebten hier viele Menschen, die Christus nicht kennen. Deshalb sei es angesagt, „auf sie zu und mit ihnen gemeinsam zu Christus zu gehen“. „Hier geht es um echte Mission: Menschen zu suchen, zu finden und an Christus zu binden – sie auf dem Weg zu Christus zu begleiten.“ Wolff: „Unsere Botschaft jedenfalls“, und das könne er als Marketing-Experte wirklich beurteilen, „ist unübertroffen gut“.
Für die Kirche wie für den eigenen Dienst sei es vor allem nötig, „selbst authentisch den Glauben zu leben“ und „bei den Menschen zu sein, mit ihnen zu leben, zu leiden, zu feiern“. Und ihnen in Verbindung damit die Sakramente zu bringen und spürbar zu machen: „Gott ist treu“ (2 Kor 1,18). Dieses Wort hat sich der angehende Priester auch als Primizspruch für sein weiteres Leben gewählt.
„Meine große Leidenschaft war und ist die zivile Luftfahrt“, sagt Diakon Maximilian Hofmann. Der 30-Jährige wuchs in Eching im Landkreis Freising auf und damit in unmittelbarer Nähe des Münchener Flughafens. Dass er wegen seines Stotterns nicht Pilot werden könnte, hatte er in Jugendjahren schmerzlich akzeptieren müssen. Und nach Antworten gesucht, warum ihn diese Behinderung betroffen und Gott dieses Leid zugelassen habe. „In meiner Gemeinde, in der Ministranten- und Jugendgruppe habe ich keine Antwort gefunden“, sagt Hofmann, der aus einer Familie mit sieben Kindern stammt. Nach langem Suchen habe er schließlich beim Neokatechumenalen Weg Heimat gefunden. „Das ist meine geistliche Gemeinschaft geworden.“
Als Schüler mit sehr guten Leistungen hatte er über ein Austauschprogramm 2007/08 ein Jahr im Bundesstaat Michigan in den USA verbringen können. „Ich war dort auf einer katholischen Schule, hatte jeden Tag Religionsunterricht und habe über vieles nachgedacht. Ich habe dort gespürt, dass Gott mich auf einen besonderen Weg der Nachfolge führen möchte, nicht einen Weg des Leidens, sondern des Glücks“, sagt der angehende Priester.
Während der Gymnasialzeit konnte er auf dem Münchener Flughafen ein Praktikum absolvieren, was ihm viele Einblicke und Kontakte verschaffte. Und er bekam im Herbst 2009 vor dem Abitur das Angebot, in einer dualen Ausbildung Luftverkehrswirtschaft zu studieren, um vielleicht einmal in der Consulting-Abteilung des Flughafens arbeiten zu können. „Aber da war auch die Glaubensfrage: ,Was möchte Gott von mir?‘“, so Hofmann. Im Januar 2010 habe dann der Jesuit Klaus Mertes die Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg offengelegt. „Das hat für mich die Frage nochmal drängender gemacht.“ Währenddessen lag das Ausbildungsangebot auf seinem Scheibtisch. „In der Osternacht 2010 habe ich mich dann entschieden, ins Priesterseminar zu gehen, als ich die Lesung vom Durchzug durch das Rote Meer hörte“, sagt Hofmann. „Die Glaubenserfahrung des Volkes Israel hat mich ermutigt, loszugehen - auch trotz meiner Sprachbehinderung“. Für ihn war klar, in ein Seminar des Neokatechumenalen Weges gehen zu wollen. „Die Ausbildung dauert bei uns länger. Und so sagte ich mir: ,Gott wird mir sicher zeigen, welchen Weg ich gehen soll‘.“ So kam er in das Seminar Redemptoris Mater in Berlin.
Priester des Neokatechumenats seien gerufen, „frei zu sein für die Mission“, und dies international. So war Hofmann 2014 zwei Monate in Chile und 2015 in Brasilien. Nach Ende des Studiums absolvierte er 2016 bis 2018 ein Missionspraktikum in Berlin. Während des Pastoralkurses war er als Praktikant und Diakon in der Pfarrei Brieselang/Nauen unterwegs. Das wichtigste sei, „Beziehungen zu den Menschen zu knüpfen“, sagt Hofmann. Dabei gelte es auch Gelegenheiten wie den Einkauf im Supermarkt, den Frisörbesuch oder Empfänge zu nutzen.
„Ich hätte sehr gern eine Familie gehabt. Zugleich sehe ich aber, dass Gott mich zum zölibatären Leben ruft, um Christus anwesend zu machen“, sagt Hofmann. Und: „Meine Neokatechumenats-Gemeinschaft verhindert die Einsamkeit“. Für seinen priesterlichen Dienst hat er sich ein Pauluswort ausgesucht: „Was hast du, das du nicht empfangen hättest?“ (1 Kor 4,7)
Luftfahrt-Fan geblieben und den Weg in den priesterlichen Dienst gegangen
Zehn Jahre nach seiner Entscheidung, Priester zu werden, sei seine „Leidenschaft für die Luftfahrt geblieben“, sagt Hofmann. „Ich habe den letzten Air-Berlin-Flug im Livestream miterlebt, die Maschine ist – völlig unerwartet – direkt über mich hinweggeflogen“, schwärmt er. Und stellt angesichts der Corona-Krise zugleich fest: „Warum liegt diese Branche gerade jetzt so völlig brach? Das entbehrt doch nicht einer gewissen Ironie.“ Und versteht dies auch als Zeichen, die richtigen Schritte gegangen zu sein.
„Die Kirche hat einen Schatz zu bieten, wie ich ihn sonst nirgends finden kann.“ Zu dieser Erkenntnis kam David Hilus (29) schon als Jugendlicher. Er fand, dass sein Leben durch die Begegnung mit Jesus farbiger und kontrastreicher geworden war. Seine Eltern stammen aus Polen, er wurde in Augsburg geboren. Eine große Hilfe sei für die Eltern als Neuankömmlinge in Deutschland der Neokatechumenale Weg gewesen, den sie hier kennenlernten. „Der hat auch mich und meine vier Geschwister sehr geprägt. Mir hat er geholfen zu verstehen, was Gott mit meinem eigenen Leben zu tun hat.“ Dass Jesus sich auch für ihn ganz persönlich hingegeben hat, war David Hilus sehr präsent. Er fühlte sich gedrängt zu einer Nachfolge, die über die normale Berufung des Getauften hinausgeht.
Priester wollte er aber eigentlich nicht werden. Zu seinen Zukunftsvorstellungen gehörte eine eigene Familie. Nach dem Abitur geriet er in eine Lebenskrise. Sein Weg in die Zukunft lag für ihn plötzlich im Dunkeln. Er begann, in Augsburg Germanistik und Geschichte zu studieren. Auf dem Heimweg von der Uni lichtete sich das Dunkel eines Tages, und es eröffnete sich ihm ein klarer Blick auf alles Gute, das er bisher von Gott und der Kirche erfahren hatte. Der Wunsch stieg auf, etwas davon zurückzugeben. Damit verband sich auch der Gedanke, Priester zu werden. Es dauerte dann noch einige Zeit, bis er die Kraft fand, sich tatsächlich auf den Weg zu machen. Seine Studien in Berlin waren unterbrochen durch ein dreijähriges missionarisches Praktikum in den Niederlanden. Seine Sommerferien verbrachte er mit Praktika in verschiedenen Ländern, unter anderem im Amazonasgebiet. Sehr eindrücklich war auch ein soziales Praktikum in einem chilenischen Gefängnis. Nebenbei und beinahe, ohne ein Lehrbuch in die Hand zu nehmen, hat er so fünf Fremdsprachen gelernt. Im Erzbistum Berlin sammelte er Berufserfahrung in den Pfarreien Petershagen und Hoppegarten. Er hatte sich vorgenommen, sich jeden Tag überraschen zu lassen von den Begegnungen, die sich ergeben.
„Vergessen wir nicht, welchen unermesslichen Schatz wir bekommen haben!“
Die Arbeit mit Menschen aller Altersgruppen hat ihm Freude bereitet. Besonders in der geistlichen Begleitung sieht er seinen Schwerpunkt. Er sei selbst immer auf der Suche nach „Mehr“ im Leben, nach dem, was das Leben wirklich ausmacht. Als Christ unter so vielen Menschen zu leben, die vom Christentum nichts wissen oder allenfalls das, was ihnen Dan Browns Roman „Sakrileg“ vor Augen führt, empfindet er als reizvoll.
Als Priester möchte er dazu beitragen, verschüttete Sehnsüchte wieder freizulegen und den lange nicht mehr hörbaren Ruf Gottes zu verstärken. Dies in einer Zeit kirchlicher Krise tun zu müssen, schreckt ihn nicht. „War die Kirche nicht von Anfang an in Krise?“, fragt er. „Hatte sie nicht immer Mühe, den Kern ihres Glaubens, die gute Nachricht von der Auferstehung, zu vermitteln?“ Die größte Aufgabe sieht er gegenwärtig darin, diesen Kern der nächsten Generation nahezubringen. Die herkömlichen Strukturen helfen dabei oft nicht mehr weiter. Es gelte, geeignete Formen zu finden. Er möchte sich dazu mit seinen Talenten, aber auch mit seinen Schwächen einbringen. Sein Primizspruch aus dem zweiten Korintherbrief unterstreicht das: ‚Denn wir tragen diesen Schatz in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt.‘
Den christlichen Glauben lernte Timo Niegsch (46) nicht in seinem Riesaer Elternhaus kennen. Bei seiner Großmutter hingegen, die er gern und häufig besuchte, erlebte er evangelisch-lutherische Alltags-Frömmigkeit. Sie betete mit ihm vor dem Schlafengehen das Vaterunser, sie besaß eine Bilderbibel und bei mancher Gelegenheit hatte sie einen frommen Ausspruch auf den Lippen: „Ehre Vater und Mutter, auf dass es dir gutgeht“... „Unser Herr Jesus!“ … „Der Herr Jesus!“ – All das gehörte wie selbstverständlich zu Oma Frieda, und die liebevoll-ehrfürchtige Art, mit der sie es sagte, hat sich dem ungetauften Enkelsohn eingeprägt. „Sie hat in mir einen Keim gelegt“, ist er überzeugt.
Timo Niegsch lernte Instandhaltungsmechaniker, eine DDR-Berufsausbildung mit Abitur, machte Zivildienst im Riesaer Jugendhaus Narrenschiff, lernte dort seine Freundin Steffi kennen, studierte in Dresden Kunstgeschichte, Philosophie und mittelalterliche Geschichte. Anschließend arbeitete er freiberuflich als Kunsthistoriker, unter anderem bei den Staatlichen Kunstsammlungen, längere Zeit auch auf der Schwäbischen Alb. Dreizehn Jahre lang lebte er mit seiner Freundin zusammen. „Es war eine gute Zeit, für die ich dankbar bin“, sagt er rückblickend. Doch dann gerieten sein Leben und seine Beziehung in eine Krise, die auch mit Krankheit verbunden war.
Schon einige Jahre zuvor hatte er sich einem christlichen Hauskreis angeschlossen. Öfter hatte es ihn in die Dresdner Hofkirche gezogen. Dort setzte er sich vor den Marienaltar und sah Menschen, die dort innig beteten, eine Kniebeuge machten. „Es schien mir nicht aufgesetzt. Ich dachte: Das hättest du auch gerne!“ Immer wieder kam ihm der Gedanke: „Ich lass mich mal taufen“ – doch er schob ihn vor sich her. Eines Tages, mitten in der Krise, wurde die Erinnerung an den „Herrn Jesus“ lebendig. Es zog ihn auf die Knie – eine Haltung, die ihm eigentlich fremd war – und er vertraute Jesus sein Leben an. „Ich lasse mich taufen, aber du musst mir schon helfen“, sagte er ihm. „Das war der Tag, an dem alles anders wurde in meinem Leben“, erzählt Timo Niegsch. Er lernte katholische Freunde kennen. Im Schaukasten der Hofkirche suchte er nach Ansprechpartnern, stieß auf Dompfarrer Klemens Ullmann, klingelte bei ihm und sagte „Ich muss getauft werden.“ Er schloss sich einem Glaubenskurs an, wurde getauft und vom Kreis der erwachsenen Ministranten in der Hofkirche aufgenommen und nach und nach in die Liturgie eingeführt. Die Dresdner Missionsbenediktinerinnen wurden zu seinen geistlichen Begleiterinnen.
„Als Prieser Mitmensch bleiben und die im Blick behalten, die Schwellenangst haben“
Über sie lernte er auch Joachim Petasch, einen Pfarrer im Ruhestand kennen, der ihm zum Freund wurde. Fast beiläufig sagte der ihm irgendwann: „Ich kann mir vorstellen, dass du mal Priester wirst.“ Nicht lange darauf starb Pfarrer Petasch. Seine Beerdigung war für Timo Niegsch ein lichtvoller Tag. Ihn erfüllte Dankbarkeit dafür, dass er in der Kirche Heimat gefunden hatte und ihm kamen die Worte seines Freundes wieder in den Sinn. Vielleicht könnte er als Priester etwas von all dem, was sein Leben so reich gemacht hat, weitergeben… Nach dem Vorkurs in Bamberg durchlief er die Priester-Ausbildung am Spätberufenenseminar in Lantershofen bei Bonn, es folgten der Pastoralkurs in Erfurt, die Diakonenweihe und das Diakonatspraktikum in der Leipziger St.-Bonifatius-Gemeinde. „Man erfährt in der Ausbildung viel über sich selber, man findet auch heraus, was man nicht ist“, sagt er über die vergangenen Jahre. Wie Joachim Petasch, dessen Kelch sein Primizkelch sein wird, möchte Timo Niegsch als Priester Mitmensch bleiben, Interesse zeigen am Leben und der Not anderer. Besonders wichtig ist es ihm, dabei die Menschen im Blick behalten, die sich nicht über die Schwellen der Kirchen trauen – einfach und offen, wie er es auch mit seinem Primizspruch „Kommt und seht“ ausdrückt. Die aktuelle Missbrauchskrise der Kirche findet er bedrückend, sie ändert aber nichts an seiner Lebensentscheidung. „Ich selbst habe nichts Schlechtes in der Kirche erlebt. Meinen Weg habe ich als heilsam erfahren. Es braucht wahrscheinlich auch Stimmen, die solches aussprechen und die ihrem Glauben Ausdruck verleihen: Und der Herr ist doch da!“
„Schon nach der Erstkommunion, mit neun Jahren, habe ich gespürt, dass Gott mich ruft“, erinnert sich Dominik Żyła (44). Doch zugleich schreckte er davor zurück, einen Weg einzuschlagen, der ihm anspruchsvoll schien und den viele seiner Freunde befremdlich finden würden. Für ihn war klar: „Wenn ich meinen Lebensweg zu hundert Prozent mit Gott gehen will, muss ich Priester werden.“
Stattdessen zog er es vor, sich auf ein Leben mit „Familie, Arbeit, Haus und Hund“ zuzubewegen – „Später kann ich immer noch zu Gott zurückkehren“, nahm er sich vor. Auch wenn er seinen Glauben und die Gewissheit, dass Gott gut ist, nie verlor, rückte Gott doch in seinem Leben zunehmend in den Hintergrund. Als Jugendlicher fand er die Anerkennung seiner Freunde wichtiger als den Kirchgang. Glück und Erfüllung suchte er auf Partys mit viel Alkohol. Er studierte öffentliche Verwaltung, trat eine Stelle als Schiffsagent im Hafen von Swinemünde an. Noch in seiner Studienzeit wurde ihm aber zunehmend bewusst, dass er tieferen Sinn auf dem eingeschlagenen Lebensweg nicht finden würde.
Er begann, regelmäßig in die Kirche zu gehen, die Sakramente zu empfangen und zu beten. „Zeig mir meine Berufung! Ich bin jetzt offen für deinen Willen“, sagte er Gott. In seiner Pfarrei lernte er eine Gemeinschaft des „Neokatechumenalen Wegs“ kennen. Die neuen Freunde halfen ihm, in der Frage seiner Berufung klarer zu sehen. Er entschied sich schließlich, mit der Ausbildung zum Priester des Neokatechumenalen Wegs zu beginnen. Das Los entschied, dass er dies im Berliner Priesterseminar Redemptoris Mater tun sollte – dem nächstgelegenen Seminar von seiner Heimatpfarrei. Mit den beiden Patronen Stanislaus und Bonifatius schlägt diese Pfarrei eine Brücke zwischen Polen und Deutschland, dem Land seiner Herkunft und dem seiner Ausbildung. Dass er nach Deutschland gelost wurde, war für ihn wie eine zusätzliche Bestätigung für seinen Entschluss.
„Das Wort Gottes bleibt jederzeit und überall gültig und aktuell“
Nach drei Jahren Philosophiestudium begleitete er für drei Jahre einen Priester, der in Regensburg die Familienmission der Neokatechumenalen betreut. Ein Theologiestudium schloss sich an, gefolgt von einem weiteren Praxisjahr zur Unterstützung von Familienmissionen in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und Italien. Die Sommerferien verbrachte er zwei Mal mit ähnlichen Einsätzen in Brasilien.Er fühlt sich bereichert von der großen Vielfalt der Kirche. Seine Ausbildung ging mit dem Pastoralkurs weiter. Nach der Weihe zum Diakon im Mai vergangenen Jahres machte Dominik Zyla ein Paktikum in der Pfarrei Zehlendorf. Im dortigen Pastoralen Raum stieß er auf sechs Gemeinden, in denen sehr unterschiedliche Facetten der Kirche zum Tragen kommen – von traditionell bis eher liberal. „Das Wort Gottes bleibt immer und überall gültig und aktuell. Meine Aufgabe ist es, Menschen dabei zu helfen, eine Beziehung zu ihm aufzubauen.“
Dies versucht er vor allem, indem er seine eigene Erfahrung mit Gott mitteilt und seine Glaubensfreude, die er auch in seinem Primizspruch, der Oster-Antiphon „Freu dich, du Himmelskönigin...“ zum Ausdruck bringt. In vielen Gemeinden sei in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren viel an Glaubensgewissheit verloren gegangen, ist sein Eindruck. „Ich glaube, ehrlich gesagt, nicht, dass Christus in der Hostie anwesend ist“, habe ihm beispielsweise eine Frau gesagt, die er zur Krankenkommunion besuchte.
Er selbst hat die Gegenwart Gottes in der Eucharistie vertieft schätzen gelernt, als er während einer zweiwöchigen Corona-Quarantäne komplett darauf verzichten musste. „Gerade vor der Priesterweihe war das eine wertvolle Erfahrung. Sie hat meine Aufmerksamkeit dafür geschärft, nicht in Routine zu verfallen.“
Die Priesterweihe im Erzbistum Berlin findet am 13. Juni, 10 Uhr, in St. Matthias in Berlin-Schöneberg (Winterfeldtplatz) statt. Sie wird als Livestream übertragen. Mehr dazu: www.erzbistumberlin.de
Jürgen Wolff wird am 11. Juli, 10 Uhr, in der Magdeburger Kathedrale St. Sebastian geweiht. Der Gottesdienst wird ebenfalls im Livestream übertragen. Mehr: www.bistum-magdeburg.de
Die Priesterweihe von Timo Niegsch findet am 19. Juli, 15 Uhr, in St. Bonifatius in Leipzig-Süd statt. Mehr Infos: www.bistum-dresden-meissen.de
Von Dorothee Wanzek und Eckhard Pohl
Außerdem im Blick: Unterwegs in der wunderbaren Gemeinschaft mit Gott
Fotos (3): Walter Wetzler |
Die Diakone Thomas Kaiser und Lucas Podschun des Erzbistums Berlin erhielten ihre abschließende Ausbildung im Berliner Pastoral-Priesterseminar St. Petrus. Erzbischof Heiner Koch wird sie gemeinsam mit den Mitbrüdern David Hilus, Maximilian Hofmann und Dominik Zyla am 13. Juni in St. Matthias zu Priestern weihen. In einer Pressemitteilung des Erzbistums Berlin heißt es zu den beiden:
Diakon Thomas Kaiser (39) wurde in Ueckermünde geboren, ließ sich mit 20 Jahren evangelisch taufen, konvertierte 2006 in Greifswald in die katholische Kirche, wurde Kirchenmusiker und begann 2010 sein Theologiestudium in Bamberg, danach Erfurt und Würzburg. Seit 2016 absolviert Thomas Kaiser den Pastoralkurs und ist in der Pfarrei St. Franziskus in Berlin-Reinickendorf eingesetzt. Zu seiner priesterlichen Berufung sagt er selbst: „Vor vielen Jahren saß ich als junger Kirchenmusiker zum Fronleichnamsfest in St. Joseph in Greifswald an der Orgel. ‚Das Brot ist mein Fleisch‘ – diese Evangeliums-Worte trafen mich mitten ins Herz. Alle Zweifel und Fragen wichen einer tiefen Gewissheit der Gegenwart Gottes. Es ist eine wunderbare Lebensgemeinschaft mit Gott, Christus und dem Heiligen Geist. Sie ist das wunderbarste Geschenk an uns Msenschen. Für mich begann ein Abenteuer ohnegleichen, das sich am diesem Fronleichnamswochenende fortsetzt.“
Diakon Lucas Podschun (30) wuchs mit seinem Zwillingsbruder und einem jüngeren Bruder in Königs Wusterhausen auf. Nach dem Abitur begann er das Studium in Erfurt. Seit Herbst 2018 absolviert er den Pastoralkurs und ist eingesetzt im Pastoralen Raum Wuhle-Spree.
Zu seinem priesterlichen Weg sagt er: „‚Wir aber wollen, von der Liebe geleitet, die Wahrheit bezeugen und in allem auf ihn hin wachsen. Er, Christus, ist das Haupt.‘ Diese Aufforderung des Apostels Paulus aus dem Brief an die Epheser verdichtet, was es für mich bedeutet, die Gnade der Priesterweihe geschenkt zu bekommen: Geheiligt werden in Christus, der Wahrheit, durch das Siegel des Heiligen Geistes und derart durchdrungen sein von der Liebe Gottes, dass man ihm Hände und Stimme, Gedanken und Werke, Herz und Seele zur Verfügung stellt, für die Feier seines immerwährenden Opfers; für sein vergebendes und heilendes Wirken an den Menschen; für die Verkündigung des Evangeliums und die hingebungsvolle Sorge um die Herde Christi, damit wir gemeinsam unaufhörlich auf ihn hinwachsen, als Glieder des Leibes, dessen Haupt Christus allein ist.“