Diskussion mit Schwester Philippa Rath

Veränderungen jetzt wagen

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Viele katholische Frauen fühlen sich zur Priesterin oder Diakonin berufen, doch eine Weihe ist für sie nicht möglich. Und auch die Frauen, die Gemeinden leiten, stoßen an Grenzen, wie eine Diskussionsrunde in Osnabrück zeigte.


Diskutierfreudige Runde: Daniela Engelhard (v.r.), Christine Hölscher, Regina Wildgruber, Schwester Philippa Rath, Martina Kreidler-Kos und Ulrich Waschki. Foto: Thomas Osterfeld

Dass sie mit einer E-Mail solch einen Ball ins Rollen bringen würde, hat Schwester Philippa Rath im vergangenen Jahr nicht geahnt. Die Benediktinerin aus der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim/Eibingen ist am Prozess des Synodalen Wegs beteiligt,  sie arbeitet im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“  mit. Eine Plauderei in einer Sitzungspause, in der zwei Kleriker meinten, es gebe doch gar keine Frauen, die gerne Priesterin werden wollten, brachte Schwester Philippa dazu, ihre E-Mail zu verfassen.

Die Theologin schrieb einige Frauen an und bat darum, ihr von ihrer Biografie und ihren Lebenswünschen zu berichten, denn sie wollte in der nächsten Sitzung Fakten präsentieren können, „Futter für meine Argumente“, wie sie sagt. Denn dass Frauen sich berufen fühlen, seelsorglich zu arbeiten und dabei oft an von außen gesetzte Grenzen stoßen, war Schwester Philippa aus ihrer Tätigkeit als geistliche Begleiterin bekannt. 

Auf ihre E-Mail an ein Dutzend Frauen erhielt sie 150 Antworten, so entstand das Buch „Weil Gott es so will“, dessen Herausgeberin Philippa Rath ist. Und dessen Texte sie teilweise sehr erschüttert hätten, wie die Ordensfrau in einer Diskussionsveranstaltung in der Osnabrücker Ursulaschule sagte. Denn viele Frauen berichteten, wie sehr sie unter der Tatsache leiden, dass ihnen der Wunsch, Priesterin zu werden, versagt blieb, und dass sie mit diesem Ansinnen nicht ernstgenommen wurden und werden.

Viele dieser Frauen haben einen verwandten Beruf ergriffen, sind Gemeinde-, Pastoralreferentin oder Religionslehrerin geworden. Sie vermitteln Glaubenswissen, dürfen aber nicht predigen; als Klinikseelsorgerinnen sind sie Trost und Stütze, dürfen aber das Sakrament der Krankensalbung nicht spenden; wird im Bekanntenkreis ein Kind geboren, dürfen sie es nicht taufen.

Die katholische Kirche lässt viele Berufungen liegen

Um solche Beschränkungen, die Frauen in der Gemeindearbeit und in der Seelsorge Grenzen aufzeigen, ging es in der Debatte über die Frage nach Frauen in Ämtern der Kirche, aber auch um Chancen, die ergriffen werden können. Daniela Engelhard, Leiterin des Forums am Dom, und Ulrich Waschki, Chefredakteur des Kirchenboten, begrüßten als Gäste, die einen Beitrag für das Buch von Rath geschrieben haben, die promovierte Theologin Regina Wildgruber, Leiterin des Referats Weltkirche im Osnabrücker Seelsorgeamt, und  Christine Hölscher, die als Pfarrbeauftragte die Kirchengemeinden Bad Iburg und Glane leitet. 


Schwester Philippa Rath sprach in der Osnabrücker
Ursulaschule. Foto: Thomas Osterfeld

Aber was ist nun mit den Berufungen? Sie selbst habe nie den Wunsch verspürt, Priesterin zu werden, sagte Hölscher, wisse aber von anderen Frauen, dass diese sich berufen fühlen. Sie habe als Pfarrbeauftragte gute und ermutigende Erfahrungen gemacht. Allerdings, und dass bedauere sie, gebe es für sie als Frau, die nicht geweiht ist, keinen Platz in der Liturgie, „da haben nur Priester und Diakon ihren festen Platz“. Dass sie als Frau eine Kirchengemeinde leite, werde dadurch ermöglicht, dass der Spielraum im Kirchenrecht genutzt wird. „Das ist kein Systemwechsel“, so Hölscher.

Regina Wildgruber berichtete, sie sei während des Theologiestudiums durchaus enttäuscht gewesen, „dass es keine Möglichkeit gab, seinen Platz zu finden.“ In Osnabrück kann sie lebendige Gottesdienste mit den jungen Menschen, die sich für einen Freiwilligendienst melden, feiern, und sie wirkt als Kantorin am Dom: „Das ist meine Gebetszeit“, sagt Wildgruber. Dass die Kirche sagt, es könnten nur Männer geweiht werden, weil die zwölf Apostel Männer waren, sei theologisch nicht haltbar und  historisch falsch, denn es habe die Apostelin Junia gegeben.

In der Debatte ging es darum, dass die katholische Kirche viele Berufungen liegen lässt, weil Frauen nicht zur Diakonin und nicht zur Priesterin geweiht werden können; Frauen dürfen auch nicht regelmäßig im Gottesdienst predigen. Martina Kreidler-Kos aus dem Leitungsteam des Seelsorgeamts sagte, es müsse der Verkündigungsdienst von Frauen gestärkt werden. Es gebe aber viele Bedenkenträger, die Angst vor Veränderung haben.

In Afrika und Lateinamerika haben viele Frauen schon einen Platz in der Gemeindeleitung und in Verkündigung erobert. Schwester Philippa Rath plädierte dafür, in Deutschland Veränderungen zu wagen und ist überzeugt, dass sie künftig noch die Weihe einer Frau erleben wird.

Andrea Kolhoff