Der frühere Sommersitz des Dresdner Domkapitels ist verkauft. Unklar bleibt vorerst, an wen.

Verkauft, aber noch unsaniert

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Jahrelang wollte das Dresdner Domkapitel St. Petri den früheren Sommersitz in Schirgiswalde mangels Verwendungsmöglichkeiten veräußern. Nun ist es, kurz vor einem wichtigen Jubiläum, gelungen – unklar bleibt vorerst, an wen.

Parkansicht auf die Schirgiswalder Sommerresidenz und eine 1893 errichtete Marienstatue. – Foto: Michael Kunze

Von Michael Kunze
Wie erst jetzt öffentlich wurde, hat das Domkapitel St. Petri seine frühere, auch als sächsisches Castel Gandolfo bekannte Sommerresidenz in Schirgiswalde verkauft. Das um 1700 errichtete und später umgebaute St.-Pius-Haus mit großzügigem Park, in dem nach dem Zweiten Weltkrieg eine Kirchenmusikschule untergebracht war und später ein katholischer Kindergarten, der 2006 auszog, stand danach leer. Das Domkapitel als Eigentümer suchte mangels eigener Verwendungsmöglichkeiten und aufgrund hoher Unterhaltskosten einen Käufer.
Nachdem jahrelang alle Versuche – auch wegen hoher Preisvorstellungen von zuletzt 150.000 Euro und des sanierungsbedürftigen Zustands – gescheitert waren, gelang nun im vergangenen Jahr der Verkauf. Wie Michael Baudisch, Sprecher des Bistums Dresden-Meißen, auf Anfrage mitteilte, hat das denkmalgeschützte Anwesen bereits seit März 2019 einen neuen Eigentümer. Das Objekt sei an eine vom Käufer mit der Verwaltung betraute Dresdner Immobilienfirma übergeben worden.


Wertvolle Tapeten könnten weiter verfallen
Wer das stadtbildprägende Ensemble unweit der katholischen Kirche Mariae Himmelfahrt gekauft hat, ist indes unklar. Unter Angehörigen der Schirgiswalder Pfarrei kursieren Gerüchte, der neue Besitzer stamme aus dem Ausland. Da sich seit dem bald ein Jahr zurückliegenden Verkauf äußerlich nichts getan hat, wird weiterer Verfall befürchtet. Bistumssprecher Baudisch machte aber keine weiteren Angaben: „Ich bitte um Verständnis, dass wir uns weder zum Käufer noch zum Kaufpreis weiter äußern möchten.“ Nach Auskunft der Dresdner Immobilienfirma sieht sich der neue Eigentümer derzeit „aus gesundheitlichen Gründen“ nicht in der Lage, Fragen zur Zukunft des Barockpalais zu beantworten.
Die Bedeutung der Immobilie ist für die Kunst- und Kirchengeschichte Sachsens nicht zu unterschätzen. Dies liegt etwa daran, dass mehrere Räume mit teils allerdings dringend restaurierungsbedürftigen, wertvollen Bildtapeten aus dem frühen 19. Jahrhundert ausgestattet sind. Sie stammen aus der seit 1797 im elsässischen Rixheim ansässigen Manufaktur Jean Zuber & Cie, einem Unternehmen von Weltruf. Dessen Bildtapeten hängen etwa im von John F. Kennedys Ehefrau Jacqueline mit aus dem Jahr 1834 stammenden Exemplaren umgestalteten Diplomatic Reception Room im Washingtoner Weißen Haus. Auch Popstar Madonna zählt zu den Kunden. Zuber & Cie verfügt über ein Depot mit zehntausenden Druckstöcken aus Birnenholz, dank derer auch heute noch historische Motive in unzähligen Arbeitsschritten in Handarbeit verarbeitet werden können.
Der Verkauf von Gebäude und Park fällt zeitlich beinahe zusammen mit einem für Schirgiswalde bedeutenden Jubiläum: Vor erst 175 Jahren kam es von der Böhmischen Krone zur Sächsischen. Auch dabei stand die einstige Sommerresidenz des Domkapitels im Mittelpunkt. Denn die Übergabe „erfolgte am 4. Juli 1845 im hiesigen Domstiftlichen Schlosse durch den Kreishauptmann von Leitmeritz ... in Gegenwart des damaligen Decans und späteren Bischofs Josef Dittrich“, schrieb 50 Jahre später Kantor Franz Adolf Stoy in seiner „Geschichte der Stadt Schirgiswalde“.