Studientag des Katholikenrates und der Katholischen Akademie Magdeburg

Verständnis für den Zeitgeist

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Erste Erkenntnisse und Zwischenergebnisse des Reformdialogs „Der Synodale Weg“ standen im Mittelpunkt eines Online-Studientages des Katholikenrates und der Katholischen Akademie des Bistums.

Akademie-Direktor Reinhard Grütz im Online-Gespräch mit Ordinariatsrätin Friederike Maier.

Trotz großer Differenzen in wichtigen Fragen sieht Bischof Gerhard Feige den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland auf einem guten Weg. Entsprechend ermutigte der Bischof bei einem Online-Studientag im Bistum erneut dazu, „sich wohlwollend und konstruktiv“ auf den Reformdialog einzulassen. „Ich habe in allen Veranstaltungen, an denen ich bisher teilgenommen habe, die grundsätzliche Bereitschaft erlebt, miteinander ins Gespräch zu kommen“ und glaube „nach wie vor, dass etwas in Bewegung gekommen ist“, so der Bischof in einem Impulsreferat.
Zu dem öffentlichen Studientag am 17. April hatten der Katholikenrat im Rahmen seiner Frühjahrs-Vollversammlung und die Katholische Akademie eingeladen. „Mit dem Synodalen Weg verbindet sich für viele die Hoffnung, den Missbrauchsopfern gerecht zu werden, notwendige Änderungen in der Kirche anzustoßen, neue Wege zu beschreiten und Vertrauen zurückzugewinnen“, hatte Katholikenrats-Vorsitzender Dagobert Glanz in einer Einladung geschrieben. Dazu bedürfe es einer breiten Rezeption der Themen und Ergebnisse des Synodalen Weges, wozu der Studientag beitragen wolle.
„Große Differenzen“ unter Teilnehmern des Synodalen Weges sieht Bischof Gerhard Feige hinsichtlich des Umgangs mit homosexuellen, trans-, intersexuellen und queeren (nicht-heterosexuellen – d. Red.) Menschen in der Kirche, mit Paarbeziehungen außerhalb der Ehe sowie der Empfängnisverhütung. Und: In der Frage, ob und wie Frauen am Diakon- und Priesteramt teilhaben könnten, „scheinen die Differenzen bisher fast unüberbrückbar zu sein“, so der Bischof.

„Es gibt keine abstrakte Glaubenswahrheit“
Gerade bei strittigen Themen nehme er „Vorbehalte“ wahr, „neue wissenschaftliche Erkenntnisse und theologische Argumente bei den Diskussionen zuzulassen“, führte Feige aus. Dabei werde sich „auf lehramtliche Entscheidungen berufen, die wieder neu ins Bewusstsein gehoben werden“. Das aber sei – mit den Worten des Theologen Theodor Schneider ausgedrückt – „argumentative ‚Inzucht‘: Immer wieder werden eigene Instruktionen zitiert und bekräftigt, und so entsteht innerhalb relativ kurzer Zeit ein scheinbar eindrückliches lehramtliches Zeugnis der Kontinuität, allerdings auf Kosten eines sterilen Schmorens im eigenen Saft und völlig seitwärts oder außerhalb der theologischen Debatte“.
Der Bischof erhofft sich vom Synodalen Weg, „dass wir gemeinsam erkennen, dass die kirchliche Lehre immer im Zusammenhang mit dem Evangelium, der Tradition und der heutigen Wirklichkeit steht. Es gibt keine abstrakte Glaubenswahrheit außerhalb der Zeit. Gott hat sich schon immer in der Geschichte geoffenbart. Darum muss Wahrheit auch in jeder Zeit neu erkannt und entsprechend übersetzt werden.“
In ähnliche Richtung argumentierte im Blick auf die Situation in Mitteldeutschland auch Ordinariatsrätin Friederike Maier im Interview mit Akademie-Direktor Reinhard Grütz. Der hatte einleitend in das Gespräch von der „Sorge um die Kirche“ gesprochen: „Wir Christen sollen aus den Quellen des Evangeliums leben und können dabei auch ,anders‘ sein“, so Friederike Maier. „Aber: Wir brauchen dringend ein Verständnis für die Menschen im Kontext des Zeitgeistes. Wir können nicht in abgeschlossenen Zirkeln bleiben, wenn wir den Menschen die Frohe Botschaft bringen wollen.“ Sachsen-Anhalt brauche Christen, „die beitragen zur Stärkung der Demokratie, zur gesellschaftlichen Verständigung, zur Achtung der Menschenwürde etwa von Migranten“.

 

Menschen, die in kirchlichen Einrichtungen Beratungsaufgaben übernehmen und Gläubige, die ihren Glauben vertreten wollten, bräuchten „die Stärkung seitens der Kirche“, so Maier weiter. Der Missbrauch in der Kirche oder die fehlende Teilhabe von Frauen an den Weiheämtern erschwere es vielen heute, zur Kirche stehen zu können. „Es gilt, einen weiten Horizont zu gewinnen und sicherer zu werden im Gespräch mit anderen Christen und mit Nichtchristen mit dem Ziel, dass wir Menschen die Frohe Botschaft weitergeben können.“ Hier erhoffe sie sich starke Impulse vom Synodalen Weg, so Maier.

„Differenzen kommen stärker ans Licht“
Feststellungen etwa des Eichstätter Bischofs Gregor Maria Hanke, dem Synodalen Weg fehle es an spiritueller Tiefe und einem entsprechenden Aufbruch, widersprach Maier: „Ich erlebe sehr viel Geistliches im Forum ,Frauen in Diensten und Ämtern‘, in dem ich mitarbeite. Ich erlebe eine große kirchliche und geistliche Haltung bei den Mitwirkenden. Und ich lasse auch den Vorwurf nicht gelten, der Synodale Weg befördere die Spaltung der Kirche. Starke Differenzen sind schon lange da. Nun kommen sie deutlicher ans Licht.“
Zu Beginn des Studientages hatte Mara Klein unter der Überschrift „(Ver-)Lernen“ einen spirituellen Impuls gegeben. Katholikenrats- und ZdK-MitgliedTorsten Kasimirek erinnerte in einem Referat daran, dass ein gemeinsam von Bischöfen und Laien beschrittener Weg in der katholischen Kirche „alles andere als selbstverständlich“ ist. Angesichts der Krise, in der sich die Kirche befindet, sei es unabdingbar, den Synodalen Weg mit Entschlossenheit partnerschaftlich zu gestalten und zu entsprechenden Handlungsoptionen zu kommen.

Hintergrund: Bistumsvertreter beim Synodalen Weg
Fünf Delegierte vertreten das Bistum in der Synodalversammlung: Bischof Gerhard Feige, Regina Masur (entsandt vom Katholikenrat), Pfarrer Christian Kobert (entsandt aus dem Priesterrat), Franziska Kleiner (entsandt vom BDKJ-Bundesverband). Mara Klein (entsandt vom BDKJ-Bundesverband). Mit der Leiterin des Fachbereichs Pastoral, Friederike Maier, wurde eine weitere Person in ein Synodalforum berufen.
Die Vertreter arbeiten wie folgt in den Synodalforen mit: Macht und Gewaltenteilung in der Kirche: Regina Masur; Priesterliche Existenz heute: Christian Kobert, Franziska Kleiner; Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche: Friederike Maier; Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft: Mara Klein.
Ansprechpartnerin für den Synodalen Weg im Bistum ist Annette Schleinzer.

www.synodalerwerden.de
www.synodalerweg.de

Von Eckhard Pohl