Weihe der Erzdiözese Berlin an die Herzen Jesu und Mariens
Vollständige Hingabe
Zum 90. Gründungstag des Erzbistums Berlin hat Erzbischof Heiner Koch die Weihe der Erzdiözese an die heiligsten Herzen Jesu und Mariens angekündigt. Die Zeremonie am Hochfest der Himmelfahrt der Gottesmutter richtet den Blick auf Nöte der Zeit und knüpft an Vorbilder aus der Frühzeit des Bistums an.
Die Weihe des Bistums an das Herz Jesu am 4. Juli 1948 in der Berliner Waldbühne mit Kardinal von Preysing erlebten 25 000 Gläubige. Foto: Diözesanarchiv Berlin |
„Wo ist ein Herz, das sich erbarmt?“ So fragten die Gläubigen in der vollbesetzten Berliner Waldbühne im Juli 1948 in der Litanei, die in die Weihe des Bistums an das Herz Jesu mündete. 25 000 Katholiken waren der Einladung des dritten Bischofs von Berlin, Kardinal Konrad von Preysing, gefolgt. Die Nöte waren damals allgegenwärtig, in denen man um das Erbarmen des liebenden Herzens Jesu bat: die Trauer um die Toten, Vermißten und Verschleppten aus der Zeit des Krieges und des nationalsozialistischen Terrors, der Hunger der Nachkriegszeit, der Verlust von Heimat, Hab und Gut. Geistige Nöte kamen hinzu, wie die Sorge um die Verwahrlosung der nächsten Generation. Die Auseinandersetzung mit den neuen Machthabern, die mit dem staatlichen Schulmonopol den Einfluss von Eltern und Kirche in der Erziehung zurückdrängen wollten, war im Vorfeld und in der programmatischen Ansprache des Pankower Erzpriesters Oscar Feige angeklungen.
Weihe an Christus statt Vertrauen in Worte
„Worte machen müde“, hieß es in der Litanei angesichts vielfältiger Bekundungen guten Willens, die Nöte zu beheben. Zuflucht suchte das Bistum in der Bitte an Christus, er möge alle an sein liebendes Herz ziehen. Die vertrauensvolle Weihe, das sich Anvertrauen, verband das Weihegebet mit dem Versprechen, alle Mühen und Lasten wie auch die Freuden des Lebens in Dienst nehmen zu lassen. Das Gelöbnis der Treue zu Gott und der Kirche beschloss das Weihegebet des Kardinals.
„Natürlich wandeln sich die Zeiten. Die Formen, Texte, Bilder und Lieder einer solchen Weihe sehen heute anders aus“, schreibt Erzbischof Koch in der Handreichung, die den Gemeinden spätestens Anfang August zu Vorbereitung auf die Weihe zur Verfügung steht. So sind auch die Nöte unserer Zeit andere als 1948, andere als 1944, als der Zweite Weltkrieg tobte, andere als 1934 bei der ersten Weihe des Bistums an das Herz Jesu. Über die vom Erzbischof angesprochene Corona-Pandemie mit ihren unabsehbaren gesundheitlichen, wirtschaftlichen, politischen und geistlichen Folgen hinaus steht die Kirche in Deutschland in einer tiefen Krise. Der Generalvikar des Erzbistums, Pater Manfred Kollig, betont, dies zeige „nicht nur die hohe Zahl der Menschen, die aus ihr ausgetreten sind, sondern auch die geringe Zahl derer, die sich in ihr engagieren.“ Unzureichenden Einsatz für Gerechtigkeit im Bereich Ökonomie und Ökologie zählt er ebenso zu den Ursachen wie den Umgang mit Macht und Besitz oder den sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener.
„Wir wissen in den großen und kleinen Krisen unserer Zeit nicht, wie es weitergeht. Die Weihe an das Herz Jesu und das Herz Mariens kann ausdrücken, dass wir uns wie Maria Jesus anvertrauen und in den Stunden, wo wir nicht wissen, was kommt, unsere Hoffnung auf Gott setzen“, sagt der Generalvikar. Diese Haltung drückt sich auch im Andachtsbild zur Weihe des Erzbistums aus. Es ist die Pietá aus der Unterkirche von St. Hedwig: nicht die bekannte Kopie der Darstellung Michelangelos aus dem Petersdom, sondern ein kleineres Andachtsbild aus dem 14. Jahrhundert. Bis zur Schließung der Hedwigskathedrale war es in der Grabkapelle der ersten Berliner Bischöfe zu sehen, die die ersten Weihen des Bistums vorgenommen hatten.
Weihe verbindet zwei Symbole der Liebe
Wie bei jeder Pietá liegt der am Kreuz Gestorbene, dessen Herz von der Lanze durchstoßen wurde, in den Armen seiner Mutter. Sie hält ihn dabei nahe an dem Herzen, in dem Maria die Dinge, die sie selbst nicht verstehen konnte, bewahrte. Mit diesem Herzen liebte sie ihren Sohn auch durch die ihr vorhergesagten Schmerzen hindurch. Wenn die historisch vollzogenen Weihen des Bistums an das Herz Jesu einer Anregung Papst Leo XIII. aus dem Jahr 1899 folgten, so antwortet die Weihe an das Herz Mariens auf die Erscheinungen in Fatima im Jahr 1917 und die Weihe der ganzen Welt an das Herz Mariens 1942, am Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs, durch Papst Pius XII. So verbindet die Weihe an die beiden Herzen die Verehrung des Herzens Jesu als Symbol der Liebe Gottes mit dem der Gottesmutter als Symbol der liebenden Annahme des Willens Gottes und der vollständigen Hingabe in den Dienst für Christus. „Für mich ist es kein Zufall“, schreibt Erzbischof Koch, „dass viele Menschen sich gerade in Notzeiten von diesem Bild angesprochen fühlen und dort beten.“
Die Teilnahme von 50 000 Gläubigen an einem Gottesdienst – so viele waren es im Juni 1934 bei der ersten Weihe, die auf dem Märkischen Katholikentag in Hoppegarten stattfand – ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Der Erzbischof lädt aber alle Gemeinden, Familien und Gruppen ein, die Weihe mitzuvollziehen. Wichtiger wird aber sein, welche Früchte die Weihe trägt, im Vertrauen auf Gott und in der Bereitschaft zum eigenen Einsatz.
Von Thomas Marin