Klage gegen Umbau der St. Hedwigs-Kathedrale

„Warum dieses Verfahren?“

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Vor dem Verwaltungsgericht Berlin ist die Klage gegen die denkmalrechtliche Genehmigung zum Umbau der St. Hedwigs-Kathedrale abgewiesen worden. Die Kläger fühlen sich übergangen und nicht gehört.

Der Richter und seine Aktenordner: Markus Rau vor der mündlichen Verhandlung. | Foto: Cornelia Klaebe

 

Eigentlich wäre es eine Kurznotiz: Das Verwaltungsgericht hat die Klage der am Wiederaufbau der St. Hedwigs-Kathedrale beteiligten Künstler beziehungsweise ihrer Erben gegen die denkmalrechtliche Genehmigung des Umbaus mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen. Für die Künstler, so Richter Markus Rau, könne es Rechtsschutz vor dem Landgericht geben – Klagegegner wäre dann nicht der Staat, sondern das Erzbistum Berlin.
 
„Großer Bahnhof“ mit vielen Zuschauern
So die Kurzfassung der mündlichen Verhandlung, die die 19. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts am 9. Januar aufruft. Die Langfassung dauert fast eineinhalb Stunden und ist, wie Richter Rau zu Beginn anmerkt, „ein großer Bahnhof“, wenn auch „juristisch nicht so dramatisch“. Der große Bahnhof bezieht sich auf die zahlreich erschienen Zuschauer. Sie unterstreichen die emotionale Bedeutung dieses Verfahrens, das juristisch gesehen verzichtbar wäre. Unter den Zuschauern finden sich Vertreter der „Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale“ genauso wie eine Gruppe von Jurastudenten und eine beachtliche Zahl Journalisten.
Geklagt hatten die Erben des Kunstschmieds Fritz Kühn, der Teppichweberin Margaretha Reichardt und des Goldschmieds Fritz Schwerdt, sowie der noch lebende Goldschmied Hubertus Förster – alle vertreten durch Rechtsanwalt Christian Braun – außerdem der Alleinerbe des Architekten Hans Schwippert, vertreten durch Rechtsanwalt Lothar Poll. Nach Aktenlage, auch das sagt Richter Rau schon am Anfang, seien die Kläger nicht klagebefugt. Das habe das Gericht ihnen auch in einem fünfseitigen richterlichen Hinweis mitgeteilt. Diese mündliche Verhandlung soll ein letztes Mal die Möglichkeit bieten, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich doch noch eine Klagebefugnis ergebe.
Immer wieder stellt der Richter die Frage in den Raum: „Warum dieses Verfahren?“ Die Antworten der Anwälte zeigen erneut, dass es bei der Frage nach der Kathedrale um wesentlich mehr geht als abstrakt-generelles juristisches Denken. So fühlen sich die Kläger weder gehört noch informiert. Die Klage sei der einzige Weg, wie Akteneinsicht erlangt werden konnte.
 
Eigentlich geht es nur um die Klagebefugnis
Darüber hinaus, so Braun, wollten die Kläger erreichen, „dass man sich im Detail mit dem Denkmal auseinandersetzt“, die Künstler suchten den Schutz des Rechtsstaats. In einem weiteren Anlauf schimpft Poll, „nur das unselige Konkordat aus dem Jahr 1933“ führe dazu, dass der Staat die denkmalrechtliche Genehmigung nicht habe verweigern können – eine Einlassung, die der Richter gerade rückt, indem er darauf hinweist, dass auch das Grundgesetz einen Schutz des kirchlichen Selbsbestimmungsrechts vorsehe. Weiter führt Poll aus, es gehe dem Erzbistum darum, das „Ost-Loch“ zuzumachen – dagegen würden sich die Kläger wehren. Nicht einmal die St. Hedwigs-Gemeinde sei befragt worden. Da das Erzbistum nicht am Verfahren beteiligt ist, kann es den Aussagen nicht widersprechen. An dieser Stelle fragt sich Richter Rau zum wiederholten Mal, ob die Kläger „die Rolle des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht überschätzen“. Schließlich geht es hier nicht um den eigentlichen Streitgegenstand, sondern nur um die fehlende Klagebefugnis.
Das Problem mit der Klagebefugnis lässt sich darauf zurückführen, dass vor deutschen Gerichten nicht jeder klagen kann, sondern nur der, der möglicherweise in eigenen Rechten verletzt ist. Das Denkmalschutzgesetz Berlin diene dem allgemeinen kulturstaatlichen Interesse, nicht aber den Interessen der am Bau beteiligten Künstler, teilt das Gericht mit. Schließlich weist Richter Rau, wie zu erwarten, die Klage ab und lässt keine Berufung zu. Poll kündigt an, dennoch beim Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung zu beantragen. 
Die Künstler werden noch durch das Urheberrecht geschützt, das aber nicht das Verwaltungs-, sondern das Zivilgericht verhandelt. Die entsprechende Klage ist beim Landgericht eingegangen, dieses hat das Erzbistum zur Stellungnahme aufgefordert. „Die Stellungnahme haben wir abgegeben und seitdem nichts mehr gehört“, fasst der Sprecher des Erzbistums, Stefan Förner, die aktuelle Lage auf Anfrage zusammen. Wenn es zur Verhandlung kommt, wird es um die Frage gehen, was der Eigentümer eines Kunstwerks mit diesem tun darf und was nicht, ob das Urheberrecht überwiegt oder das kirchliche Eigentumsrecht. Und letzten Endes wird sich dort entscheiden, ob die Kathedrale umgebaut werden darf.
 
Von Cornelia Klaebe