Thementag zum Caritassonntag in Finsterwalde
Was ist eigentlich ein Zuhause?
Ines Jesse hielt das Impulsreferat in Finsterwalde. | Fotos: Silvia Dedek |
„Jeder Mensch braucht ein Zuhause“ lautet das Jahresthema der Caritas 2018. Dass sie damit einen Nerv der Zeit getroffen hat, zeigt nicht nur der Wohnungsgipfel der Bundesregierung, sondern auch der Zuspruch, den die Kampagne allgemein findet. Am vergangenen Caritassonntag (23. September) kamen Caritasvertreter, Politiker der Kommunal-, Kreis- und Landesebene und Bürger in Finsterwalde dazu ins Gespräch.
Ines Jesse, Staatssekretärin des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung im Land Brandenburg, ging in einem Impulsreferat zunächst auf die Schwerpunkte der Wohnungspolitik im Land Brandenburg ein. Sie verdeutlichte dabei, dass sich bei einer relativ stabilen Entwicklung der Bevölkerungszahlen, die einzelnen Regionen des Landes sehr unterschiedlich entwickeln. Während es in den Großstädten und vor allem dem sogenannten Berliner Speckgürtel an bezahlbarem Wohnraum mangelt, sind die Probleme im ländlichen Raum aufgrund des demografischen Wandels etwas anders gelagert. Auch im ländlichen Raum fehlt es an mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen, vor allem aber an barrierefreiem und altersgerechtem Wohnraum. Außerdem haben gerade die Menschen im ländlichen Raum des Öfteren das Gefühl in gewisser Weise „abgehängt“ und „außen vor“ zu sein. Als Städte in zweiter Reihe, wie sie teilweise auch bezeichnet werden, ist ihre Anbindung an die Ballungszentren mitunter recht unzureichend. Die Staatssekretärin verdeutlichte, dass aus diesen Gründen neben der Frage nach bezahlbarem Wohnraum auch eine Mobilitätsstrategie für das Land von großer Bedeutung sei. „Wir können durch eine entsprechende Politik nur gute Rahmenbedingungen und Anreize schaffen. Es braucht aber für eine gelungene Umsetzung viele Experten und eine gut funktionierende Zusammenarbeit.“
Dass unter der Vorstellung von einem Zuhause allerdings mehr als nur die bezahlbare Wohnung zu verstehen ist, zeigte die anschließende Gesprächsrunde. Moderator Sascha Erler gelang es dabei, die landespolitischen Überlegungen mit den konkreten Problemen der Menschen vor Ort zu verknüpfen. Margit Scholz berichtete beispielsweise von ihren großen Problemen, eine bezahlbare, barrierefreie und altersgerechte Wohnung im Innenstadtbereich von Finsterwalde zu finden. Nachdem sie verwitwet ist und die Kinder längst erwachsen, ist das Einfamilienhaus zu groß und sie würde gern in eine kleinere Wohnung ziehen – allein sie findet keine geeignete. Ein Problem, dass auch Diözesancaritasdirektor Bernhard Mones aus seiner Erfahrung bestätigte: „Ältere Menschen wollen möglichst lange in ihrem eigenen Wohnraum bleiben, dafür muss dieser aber barrierefrei und altersgerecht gestaltet sein.“
Und nicht nur das. Mit Blick in die Zukunft plädiert Staatssekretärin Jesse für vielfältige Lösungen und verschiedene Modelle bezüglich eines Zuhauses. „Die Strukturen haben sich verändert. Es ist für Menschen im Alter nicht mehr selbstverständlich, dass sie ihre Familie in unmittelbarer Nähe haben. Einige von ihnen möchten gern allein leben, andere aber suchen Gesellschaft, würden gern in einer Wohngemeinschaft oder auch einem Gemeinschaftshaus leben. Wir brauchen vielfältige Lösungen.“
Zum Leben und „Zuhause fühlen“ gehört aber auch mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Die gesundheitliche Absicherung beispielsweise und die Möglichkeit zum sozialen Austausch. „Die Vernetzung ist hier von wesentlicher Bedeutung“, meinte die Landtagsabgeordnete Barbara Hackenschmidt. Landrat Christian Heinrich-Jaschinski ergänzte: „Es ist wichtig, dass wir mit unserer Politik den Schwächeren helfen. Dabei sollten wir aber auch die vielen Dinge, die schon gut laufen, nicht aus dem Blick verlieren.“
Für Markus Adam, den Leiter der Caritas Regionalstelle Cottbus, ist die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten die wichtigste Grundlage: „Ich bin froh, dass sich die politischen Akteure hier so interessiert auf den Dialog zu unserem Thema einlassen. Nur in der Verbindung zwischen Politik und Sozialverbänden ist es möglich, in der Gesellschaft Veränderungen zu bewirken.“