Aktionskreis Pater Beda stellt sich neu auf

"Weil ihr an uns geglaubt habt"

Image
Zwei Jungen gießen Salat
Nachweis

Foto: privat

Caption

Gemeinsam bewirtschaften Familien mit Kindern in Recife diese Terrassengärten - unterstützt vom Aktionskreis Pater Beda. Foto: privat

Seit über 40 Jahren unterstützt der Aktionskreis Pater Beda verschiedene Bildungs- und Sozialprojekte in Brasilien. Nach dem plötzlichen Tod des Geschäftsführers muss sich der Verein nun neu aufstellen.  „Wir machen weiter, aber anders“, sagt der Vorstand.

Dass Udo Lohoff schmerzlich vermisst wird, machen Hermann Poorthuis und Eckart Deitermann sehr deutlich – in vielerlei Hinsicht. Die zwei Mitglieder des vor allem in der Grafschaft Bentheim ansässigen Aktionskreises erzählen, wie der verstorbene Geschäftsführer über Jahre hinweg die Arbeit des Vereins entscheidend geprägt hat: als Brückenbauer zwischen Deutschland und Brasilien, als Netzwerker, als Kämpfer für Menschenrechte. „Wir können Udo nicht ersetzen“, sagt Deitermann, Vorstandsmitglied. Aber Lohoffs Vermächtnis lebt weiter. Das hat der Aktionskreis bei seinem kürzlichen Besuch in Brasilien bei verschiedenen Bildungs- und Sozialprojekten für Straßenkinder, Frauen und Familien in prekären Lebenssituationen, Kleinbauern und indigene Gemeinden selbst erlebt. „Zu sehen, was über die Jahre dort gewachsen ist, war einfach toll“, sagt Hermann Poorthuis. Kinder und Jugendliche haben eine Perspektive bekommen, junge Leute und Frauen Arbeitsplätze gefunden. 

Ein kurzer Blick zurück in die Geschichte. Schon in den sechziger Jahren hatte Pater Beda, Franziskaner im Kloster Bardel bei Bad Bentheim, Altkleider- und Altpapiersammelaktionen gestartet. Mit dem Erlös wurden von Anfang an unter anderem Sozialprojekte in Brasilien unterstützt – der Orden unterhält seit langem enge Kontakte in das südamerikanische Land. Die Initiative von Pater Beda mündete 1984 in eine Vereinsgründung. Vor allem in den achtziger und neunziger Jahren war der Arbeitskreis durch seine Altpapiersammlungen in vielen Orten in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bekannt. „Da reden die Leute heute noch von“, sagt Poorthuuis, der schon als junger Erwachsener dabei mitgeholfen hat. Mit sinkenden Papierpreisen verlor dieser Zweig an Bedeutung, aber Altkleider und Schuhe werden noch immer gesammelt: allein im März 2024 fast 45 000 Kilogramm. Und der Vorstand würde sich freuen, wenn er noch weitere Container aufstellen könnte, zum Beispiel bei Kindergärten, Schulen oder Kirchen. 

Teilnehmer auf Augenhöhe

Denn mit dem Erlös, Spenden und Projektmitteln verschiedener Partner wie dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kann der Arbeitskreis zahlreiche Vorhaben in Brasilien fördern: allein in den vergangenen Jahren sind in verschiedenste Projekte so über zwei Millionen Euro geflossen. Poorthuis und Deitermann denken zum Beispiel an das „Haus der kleinen Propheten“ in Recife. Dort gibt es für Kinder und Jugendliche eine feste Anlaufstelle, offene Angebote, Mittagessen, einen Computerraum – und eine Dachterrasse mit einem gemeinsam bewirtschafteten Garten. Bis zu 350 junge Leute werden hier betreut und viele Familien mit Obst und Gemüse versorgt.

Andere Partnerorganisationen bieten Kurse zu gesunder Ernährung, Ausbildungszentren oder auch Markthallen an, in denen Menschen selbst angebautes Gemüse oder Kunsthandwerk verkaufen können. Damit sie ihr Einkommen und ihre Lebenssituation verbessern können, damit sie zugleich sie spüren: Wir können etwas, wir sind etwas wert. Dabei ist die Zusammenarbeit mit den regionalen Partnern stets von gegenseitigem Respekt und Austausch geprägt. Das ist dem Arbeitskreis ganz wichtig. „Sie sind nicht mehr nur Empfänger von Spenden“, sagt Deitermann ganz klar, sondern Teilnehmer auf Augenhöhe, die von sich aus wichtige Impulse in die Arbeit hineingeben.“

Und das soll auch künftig so bleiben, wenn der Arbeitskreis an manchen Stellen nun neue Wege gehen muss. Statt eines hauptamtlichen Geschäftsführers soll dessen Arbeit verteilt werden: sechs Ehrenamtliche kümmern sich künftig um Buchhaltung, Verwaltung, Personal, die Container und die Projektabwicklung. „Das ist ein Einschnitt, aber zukunftsträchtig“, ist sich Poorthuis sicher. Was noch fehlt, ist ein Koordinator oder eine Koordinatorin, die alle Bereiche im Blick und vor allem die Verbindung nach Brasilien hält. Mehr Wert will der Aktionskreis künftig auch auf die Informationswege gerade hier in Deutschland legen. Über soziale Medien und ein verändertes Magazin soll die Arbeit mehr in die Öffentlichkeit getragen werden.

Aktionskreis wünscht sich jüngere Leute

Was sich der Aktionskreis aber vor allem wünscht, ist Nachwuchs – sind jüngere Leute, die das Engagement für eine gerechtere Welt begeistert und begeisternd nach draußen tragen. „In Brasilien haben wir die, aber hier noch nicht genug“, sagt Deitermann. „Da muss es noch weiter gehen, da müssen wir noch mehr Multiplikatoren finden.“ Gerade zum Beispiel für Besuche in Schulen würde er sich über neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter freuen.

Denn aufhören können sie mit der Arbeit für Brasilien nicht – das ist Poorthuis und Deitermann auch nach dem Besuch vor Ort erneut klar geworden. Die Gegensätze zwischen Arm und Reich sind unvermindert riesig, „das hat sich nicht wirklich verändert“. Und noch immer leben dort viele Menschen in Lebensumständen, die wir uns hier kaum vorstellen können. Eckart Deitermann denkt an einen Satz eines Projektpartners, den er dort gehört hat: „Wir können hier weitermachen, weil ihr an uns geglaubt habt.“ 

 

Zur Sache

Der Arbeitskreis Pater Beda sammelt nicht nur Spenden für Projekte in Südamerika, sondern will durch Öffentlichkeitsarbeit in Gemeinden, Schulen oder Eine-Welt-Gruppe auch mehr Bewusstsein für entwicklungspolitische Arbeit und Völkerverständigung schaffen. Junge Leute können in diesem Sinn auch soziale Praktika in Brasilien machen. Wer mehr darüber und den Arbeitskreis wissen möchte, bekommt hier Infos: www.pater-beda.de

Petra Diek-Münchow